28. August 2023

ROUNDUP 2: Flughafen Zürich darf Piste Richtung Deutschland verlängern

(neu: Reaktion Wiener)

ZÜRICH (dpa-AFX) - Der Flughafen Zürich hat grünes Licht für den Ausbau von zwei Start- und Landebahnen in Richtung Westen und nach Norden Richtung deutsche Grenze bekommen. Das Kantonsparlament Zürich sprach sich am Montag mit knapper Mehrheit für das Projekt aus. Die jetzt 3300 Meter lange Piste 32 Richtung Norden soll um 280 Meter verlängert werden. Genau in dieser Richtung liegt rund 13 Kilometer weiter die deutsche Ortschaft Hohentengen am Hochrhein. Das Parlament rechnet damit, dass Gegner des Projekts eine Volksabstimmung durchsetzen werden.

Die Regierung Baden-Württembergs ist gegen das Vorhaben. "Wir befürchten, dass die Zahl der Starts und Landungen pro Stunde zunimmt", sagte der Sprecher des Ministeriums für Verkehr in Stuttgart, Edgar Neumann. Der Flughafenbetreiber schreibt dagegen: "Zwischen Pistenlänge und Kapazität besteht kein Zusammenhang."

Das bezweifelt die Bürgerinitiative Flugverkehrsbelastung Hochrhein: "Eine Groß-Investition ohne Einfluss auf das resultierende Geschäftsergebnis?", schrieb sie auf Anfrage skeptisch. Nach ihrer Lesart sei die Pistenverlängerung Teil eines größeren Ausbauprojekts am Flughafen. Auch der Bürgermeister von Hohentengen, Jürgen Wiener (CDU), erklärte: "Für mich ist es kaum vorstellbar, dass die geplanten Pistenverlängerungen zusammen mit den Schnellabrollwegen keine positiven Auswirkungen auf die verfügbaren Kapazitäten des Flughafens haben könnten. Daher befürchte ich, dass die Flugbewegungen von und in Richtung Deutschland zunehmen könnten."

Nach Angaben des Flughafens ändert sich für die Bewohner von Hohentengen tagsüber bei Anflügen aus Richtung Norden auf Piste 32 nichts. Der Aufsetzpunkt auf der Piste bleibe gleich, und damit auch die Flughöhe der landenden Maschinen über deutschem Gebiet.

Allerdings soll die Piste morgens und abends stärker für Starts von Langstreckenflugzeugen genutzt werden. Zurzeit starten diese in den Randzeiten noch von der längeren Piste 34, die Hohentengen weniger betrifft. Die Maschinen müssen aber auf dem Weg zur Piste 34 und beim Start die quer verlaufende Ost-West-Landepiste 28 kreuzen. Mit Blick auf mehr Starts auf Piste 32 Richtung Hohentengen schreiben die Flughafenbetreiber: "Der Flugbetrieb kann insbesondere am Abend pünktlicher abgewickelt werden, was mehr Nachtruhe für die Bevölkerung bedeutet." Andreas Hasler, Präsident der Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt im Kantonsparlament, räumte im Juni ein: "Im Nordwesten und Nordosten nimmt die lärmbelastete Fläche aufgrund der vermehrt genutzten Piste 32 zu."

Über die Lärmbelästigung durch den Flughafen Kloten streiten deutsche Anwohner, Gemeinden und die Regierungen beider Länder seit Jahrzehnten. Ein ausgehandelter Staatsvertrag wurde Anfang der 2000er Jahre vom Schweizer Parlament und dem Deutschen Bundesrat abgelehnt. Er enthielt unter anderem eine Begrenzung der Zahl von An- und Abflügen über deutsches Gebiet. Deutschland beschloss dann einseitig Überflugbeschränkungen in den Nachtstunden. Der Flughafen ändert deshalb An- und Abflüge zu den Zeiten. Während tagsüber überwiegend von Nord nach Süd gelandet und von Ost nach West gestartet wird, ist es in den deutschen Ruhezeiten umgekehrt: es wird von Ost nach West gelandet und von Süd nach Nord gestartet.

Der Flughafenbetreiber argumentiert, dass beim Betrieb in den deutschen Ruhezeiten mit den Pistenverlängerungen weniger Störungen auftreten. Zurzeit könnten einige Maschinen bei bestimmten Wetterlagen nicht auf der kurzen Piste 28 landen. Wenn sie um 400 Meter nach Westen verlängert werde, brauchten sie nicht mehr auf einen Südanflug auszuweichen. Das schränke immer den Abflugbetrieb ein, führe zu Verspätungen und Flugbetrieb nach 23.00 Uhr.

Das Ministerium für Verkehr in Stuttgart ist nicht überzeugt. Es "steht zu befürchten, dass in der täglichen Flugverkehrspraxis der Lärm der startenden Flugzeuge näher an den Landkreis Waldshut und insbesondere die Gemeinde Hohentengen sowie gegebenenfalls auch an die anderen südbadischen Landkreise heranrückt", hieß es./oe/DP/ngu