21. September 2023
Biontech & Co. Booster-Impfungen als Kurs-Booster?

Biontech & Co. Booster-Impfungen als Kurs-Booster?

/theme/healthcareDie Corona-Zahlen steigen wieder. Neue, angepasste Impfstoffe von Biontech und Moderna sind bereits zugelassen. Neuer Booster für die Biotech-Aktien?

Die Impfung mit dem neuen Booster-Imstoff von Bionech ist in Deutschland möglich. Das Präparat ist an die derzeit kursierende Omikron-Variante XBB.1.5 angepasst, soll aber auch gegen weitere aktuelle Varianten wie die Sublinie „Eris“ wirksam sein. Die neuen Booster kommen zur rechten Zeit: Die Zahl der Corona-Fälle steigt seit zwei Monaten. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt deutschlandweit aktuell bei neun Covid-19-Fällen pro Woche und pro 100.000 Einwohner. Doch es gibt keine Testpflicht mehr und keine Testzentren. Die tatsächlichen Zahlen könnten also höher sein, zumal die aktuellen Varianten zwar recht milde zu verlaufen scheinen, aber sehr ansteckend sind.  

Bundesregierung hat bei Biontech bestellt

Deutschland ist bereits gewappnet: Die Bundesregierung hat 14 Millionen Impfdosen bestellt. Alle vom neuen Biontech-Wirkstoff. Indessen ist in Europa ein weiterer Corona-Impfstoff zugelassen worden: Wie Biontech/Pfizer hat auch Moderna seinen Corona-Impfstoff an die derzeit dominante Omikron-Variante XBB.1.5 angepasst. Er wurde jüngst von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Ema) empfohlen und von der EU-Kommission genehmigt.

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Auch der angepasste Impfstoff des Herstellers Novavax soll in Deutschland in diesem Herbst und Winter verimpft werden können. Es ist ein so genannter proteinbasierter Impfstoff mit Virusantigen. Durch die Impfung gelangt das künstlich im Labor hergestellte Coronavirus in den Körper. Dort regt es das Immunsystem an, Antikörper zu bilden und so gegen Corona anzukämpfen.

Nachfrage schwer einzuschätzen

Schwer zu beurteilen ist insgesamt, wie sich die Nachfrage nach den neuen Impfstoffen entwickelt. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt in Deutschland Auffrischungsimpfungen lediglich Menschen über 60 und Vorerkrankten. Die Seuchenschutzbehörde CDC in den USA rät hingegen allen Menschen, sich erneut impfen zu lassen.

Das Ausmaß der neuen Welle lässt sich ebenfalls noch nicht vorhersagen. Die neuen Varianten gelten als sehr ansteckend. Das Robert-Koch-Institut rechnet allerdings nicht mit einer Situation wie vor drei bzw. zwei Jahren. Doch nicht nur Corona, auch der ohnehin um sich greifende Personalmangel dürfte das Gesundheitssytem im Herbst und Winter belasten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt indessen vor steigenden Todeszahlen und Klinikaufenthalten auf der nördlichen Erdhalbkugel.

Analyst Akash Tewari von Jefferies kommentiert, er sei sich nicht sicher, ob es eine neue große Covid-19-Welle gäbe. Gegen die Variante BA.2.86 könnten bisherige Impfstoffe zwar nicht so stark wirksam sein. Er sei aber auch skeptisch, dass die Variante dominieren werde. Außerdem sei die Sterblichkeit bei den neuen Varianten gering. Er bestätigte die Biontech-Aktie mit „hold“.

Überarbeitete Impfstoffe bringen keine Börseneuphorie

An der Börse riefen die Nachrichten um die überarbeiteten Impfstoffe und steigenden Fallzahlen keine Euphorie mehr für die Impfstoff-Hersteller hervor. Börsen-Experten wissen: Die Nachrichten sind, kaum am Markt, schon eingepreist. Dazu gibt es eine Theorie des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers Eugene Fama, die so genannte Effizienzmarkttheorie: In den aktuellen Kursen sind alle verfügbaren Informationen und Daten enthalten, und die gegenwärtigen Kurse sind von vorangegangenen Informationen gemacht. Es weiß aber niemand, welche Nachricht, welches Ereignis die Kurse als nächstes beeinflusst.

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Für professionelle Investoren spielt das ohnehin eine untergeordnete Rolle. Für sie sind Moderna und Biontech langfristig vor allem interessant, weil die Unternehmen die mRNA-Technik in der Krebsforschung nutzen. Biontech forscht u.a. an einer Antikörpertherapie gegen Lungenkrebs. Biontech selbst schätzt, dass Zulassungen von Impfstoffen in der Krebsbehandlung ab 2026 möglich sein könnten. Außerdem teilte das Unternehmen Anfang der Woche mit, es wolle einen Impfstoff auf mRNA-Basis gegen Mpox, Affenpocken, entwickeln. Die Virusinfektionen verlaufen allgemein mild, treten hauptsächlich in Teilen Afrikas auf. Im vergangenen Jahr war die Erkrankung aber auch verstärkt in Europa diagnostiziert worden.

Moderna: Unabhängig von Covid-Impfstoff werden

Moderna stellte gerade für die kommenden fünf Jahre 15 neue Produkte in Aussicht, will sich vom Covid-19-Impfstoff möglichst unabhängig machen. Ziel sei ein Jahresumsatz von 30 Milliarden US-Dollar ab Anfang der 2030er Jahre. Moderna erwartet, dass neue Impfstoffe gegen Atemwegserkrankungen bis 2027 einen Jahresumsatz von 10 bis 15 Mrd. USD und neue Produkte gegen Krebs, seltene Krankheiten und latente Krankheiten bis 2032 einen Jahresumsatz von 10 bis 15 Milliarden US-Dollar erzielen werden. Für dieses Jahr rechnen Analysten mit sieben Milliarden US-Dollar Umsatz. Das wäre ein Einbruch im Jahresvergleich von mehr als 50 Prozent. Bei Biontech laufen die Geschäfte ähnlich.

Zukunft Krebstherapien?

Krebstherapien gelten für beide Unternehmen als Zukunft. Wann immer die beginnt. Doch unter tausenden Wirkstoffen, die in der Entwicklung sind, schafft es meist lediglich einer. Aber warum konnten die Unternehmen dann die Covid-Impfstoffe so schnell entwickeln? Weil sie Plattformen verwendeten, die bereits für Krebsimpfstoffe untersucht worden waren. Die Arbeit an den Krebsimpfstoffen musste jedoch mit Beginn der Pandemie deutlich zurückstecken. Die Unternehmen hatten sich auf den Covid-Impfstoff konzentriert – ein Wettlauf gegen die Konkurrenz und gegen die Zeit.

Biontech-Gründer Sahin hatte erst kürzlich die lange Bearbeitungszeiten durch zunehmend ineffiziente Prozesse bei den Behörden kritisiert. Vor der Zulassung müssen Medikamente in der EU ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen, etwa mehrere klinische Studien. Dann gibt die Europäische Arzneimittelagentur EMA eine Einschätzung ab, die Europäische Kommission entscheidet über die Zulassung. Nach Plänen der EU-Kommissionen sollen die Fristen künftig kürzer ausfallen.

Biontech wie auch Konkurrenz Moderna litten in den vergangenen Quartalen seit dem Abflauen der Pandemie unter der sinkenden Nachfrage nach Covid-19-Impfstoffen. Im vergangenen Quartal wiesen beide Verluste aus. Auch die Aktienkurse sind deutlich zurückgekommen. Vom Hochpunkt zur Pandemie ist rund noch ein Drittel jeweils übrig.

Hinkt Novavax hinterher?

Impfstoffe von Astrazeneca sind hingegen erst gar nicht mehr in Deutschland und der EU erhältlich. Wohl aber die von Novavax. Im Rennen um den Corona-Impfstoffe hatte Novavax zunächst gut gelegen. Die Aktie war 2020 von drei auf 240 Euro gestiegen. Doch der Impfstoff kam erst eineinhalb Jahre nach den Konkurrenten Pfizer / Biontech und Moderna auf den Markt. Die großen Gewinne gingen an sie. Die Aktie verlor in der Folge erheblich an Wert. Novavax’ Impfstoff ist für alle die interessant, die keinen mRNA-basierten Impfstoff möchten. Aber während Biontech / Pfizer und Moderna auch in den USA von der Arzneimittelbehörde FDA das Go für ihre aktualisierten Impfstoffe erhalten haben, prüft die Behörde den Antrag von Novavax noch. Und so könnte Novavax im Rennen um Marktanteile wieder ins Hintertreffen geraten.

Aber auch die Konkurrenz ist keineswegs frei von Risiken – bei der Entwicklung neuer Medikamente nicht. Und an der Börse nicht. Um die wichtigsten Krankheiten auf der Welt zu heilen, etwa Krebs, sind Milliarden an Investitionen nötig. Jahrelange Forschung. Mit ungewissem Ausgang. Wer ein Medikament bis zur Zulassung bringt, verdient entsprechend über Jahre. Doch das kann dauern. An der Börse kosten Biontech-Aktien derzeit rund 100 Euro. Im Sommer 2021 waren es knapp 330 Euro. Allerdings trauen Analysten ihr einiges immer noch – oder eben schon wieder – zu: Das mittlere Kursziel von 17 Experten liegt bei 147 Euro. Zwei Drittel empfehlen die Aktie zu kaufen, ein Drittel zu halten.

Kursentwicklungen ähnlich

Ähnlich Moderna: Ebenfalls für rund 100 Euro derzeit zu haben. Beide Aktien haben sich ähnlich entwickelt. Moderna hatte in der Spitze mit gut 380 Euro sogar noch etwas mehr gekostet als Biontech. Allerdings sehen Analysten hier Potential bis 170 Euro. 38 Prozent sagen: kaufen. Die Hälfte rät, die Aktie zu halten, zehn Prozent der 21 Analysten sind skeptisch und meinen, besser verkaufen.

Um das Risiko besser zu streuen, kann man in Biotech mit ETFs investieren. Bei extraETF sind neun Produkte verzeichnet. Doch die Auswahl wird schnell kleiner: Um eine akzeptable Fonds-Größe (mindestens 100 Millionen Euro) und ein etabliertes Produkt (mindestens drei Jahre am Markt) zu finden, muss man schon genau schauen. Es bleiben dann bei extraETF zwei Produkte übrig:

Der iShares NASDAQ US Biotechnology UCITS ETF (Acc) (WKN: A2DWAW) mit einer Performance von 21,5 (5 Jahre) bzw. 6,5 Prozent (3 Jahre) und der ähnlich gelaufene Invesco NASDAQ Biotech UCITS ETF (WKN: A12CCJ). Beide ähneln sich auch im Investment-Ansatz: Sie sind je zu rund 89 Prozent in Nordamerika investiert. Entsprechend hoch sind die Gewichtungen von US-Titeln wie Moderna, Amgen oder Gilead.

Fazit

Die großen Kurssprünge sind bei Biontech und Co erst einmal Geschichte. Neue Medikamenten-Entwicklungen sind in der Pipeline – aber sie brauchen Zeit. Und auch dann ist nicht garantiert, dass ein Wirkstoff wirklich Erfolg hat. Wer in Biotech investieren möchte, sollte das Risiko entsprechend streuen.