22. November 2023
Erneuerbare Energien im Wachstum: Ist die Energiewende in Europa auf Kurs?

Erneuerbare Energien im Wachstum: Ist die Energiewende in Europa auf Kurs?

Die Perspektiven für die Energieversorgung Europas haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verbessert. Das macht erneuerbare Energien interessant.

Die Gasspeicher waren im August dieses Jahres zu 90 Prozent gefüllt – drei Monate früher als geplant. Das ist zurückzuführen auf den niedrigeren Gasverbrauch, der zwischen August 2022 und Januar 2023 um 19 Prozent gesunken ist und damit den Zielen des REPowerEU-Plans zur Reduzierung des Gasverbrauchs entspricht.

Dennoch bestehen nach wie vor Unsicherheiten und es ist zu erwarten, dass die Energiepreise hoch bleiben, was sich auf energieintensive Volkswirtschaften wie Deutschland auswirken wird. Mark Lacey, Head of Global Resource Equities, sagt: „Das zukunftsorientierteste Land in Sachen Energiesicherheit sind derzeit die Vereinigten Staaten. Sowohl bei Batterien und Solaranlagen als auch bei Gas als Übergangskraftstoff werden die Vereinigten Staaten eine Vorreiterrolle einnehmen. Daher werden sie auch große Mengen Gas nach Europa exportieren.

Seit der Bekanntgabe des Green Deal im Jahr 2019, der CO2-Neutralität bis 2050 anstrebt, ist Europa im weltweiten Rennen um nachhaltige Technologien, so genannte Clean Technologies, zurückgefallen. Doch ich bin überzeugt, dass sich das in den nächsten sechs bis zwölf Monaten ändern wird. Deshalb bevorzugen wir derzeit ein Investment in den europäischen Markt für erneuerbare Energien gegenüber einem in den US-amerikanischen Markt.“

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2022 konnte in Europa zum ersten Mal mehr Energie durch erneuerbare Energien erzeugt werden als durch fossile Brennstoffe. Wind und Solar generierten laut dem Energy-Think-Tank Ember im vergangenen Jahr 22,3 Prozent der europäischen Elektrizität und überholten damit Erdgas (20 Prozent). Karin Kaiser, Head of Private Markets Europe, Schroders Greencoat sagt: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa war zwar erfolgreich, aber es bleiben Herausforderungen. Aufgrund der hohen Marktdurchdringung und der durch Inflation und Druck auf die Lieferketten verursachten Probleme mit den Auktionsergebnissen wird eine Verlangsamung des Ausbaus erwartet. Die Energieübertragung und -speicherung sind dabei von entscheidender Bedeutung. Zwar sind Projekte wie der Bau des Versorgungsnetztes von Nord- nach Süddeutschland schon im Gange, aber für ein flexibles europäisches Netz sind mehr Investitionen und Planungen erforderlich. Bei Energiespeicher- und Wasserstoffprojekten kommt es zu Verzögerungen. Damit Investitionen in den Bereich beschleunigt werden, ist die Unterstützung von Seiten der Regulatorik von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Verfügbarkeit von günstiger Energie aus regenerativen Quellen.“

Wie sind die Aussichten für Investitionen in erneuerbare Energien in Europa?

Karin Kaiser sagt: „Es gab eine starke Neubewertung auf dem Markt für erneuerbare Energien. Die Renditen beim Betrieb erneuerbarer Energien liegen jetzt im annähernd zweistelligen Bereich, nach 5 bis 6 Prozent vor zwei Jahren. Gleichzeitig sehen wir momentan aber wenig Liquidität am Markt, weswegen sich in dem Sektor gute Investitionschancen bieten.

Es ist weniger Kapital für den Ausbau verfügbar. Dennoch gewinnen erneuerbare Energien an strategischer Bedeutung, da andere Sektoren mehr Ökostrom benötigen, um den Kohlenstoffausstoß zu reduzieren und die politischen Ziele in Richtung Net-Zero zu erfüllen. Darüber hinaus bleibt die globale Energieversorgung volatil, weil weltweit immer mehr geopolitische Unsicherheit herrscht – ein weiterer Faktor für erneuerbare Energien. Die europäische Energietransformation bleibt mit Blick auf Infrastruktur und Kapitaleinsatz das größte Vorhaben der vergangenen Jahrzehnte.”

Wie geht es nun weiter?

„Wir rechnen mit einem weiterhin anfälligen Energiemarkt in Europa. Europa steht im direkten Wettbewerb mit Asien um LNG-Exporte aus Katar und den USA. Im Vergleich zu den vielen schwimmenden LNG-Terminals in Europa verfügt Asien über unverhältnismäßig viele feste installierte LNG-Terminals für den Import. Es ist eine der Herausforderungen des Energiewandels, dass Europa in den nächsten drei bis vier Jahren auf diese Importe dringend angewiesen ist. Wir erwarten einen kontinuierlichen Anstieg der Preise in den langfristigen Lieferverträgen. Dies wird dazu beitragen, dass die Renditen im Bereich der erneuerbaren Energien steigen und sich somit die Nachfrage erhöht”, sagt Lacey.

Welche Sektoren sind für diesen Wandel gut positioniert?

Mark Lacey sagt: „Die Art und Weise, wie wir Energie einsetzen, verändert sich und es gibt nicht eine alleinige Technologie, die all diese Anforderungen bewältigt. Wir benötigen Wind, Solar und Batteriespeicher und brauchen auch die entsprechende Netzinfrastruktur, um die erhöhten Schwankungen im Stromnetz durch die erneuerbaren Energien auszugleichen. Etablierte Sektoren wie Wind, Solar und der Netzinfrastruktur sowie neuere Technologien wie etwa Batteriespeicher, CO2-Abscheidung, Wasserstoff und Kernkraft, werden ein beschleunigtes Wachstum erleben. Mit mehr als 100 Billionen US-Dollar, die über die verschiedenen Wertschöpfungsketten hinweg bis 2050 zur Verfügung stehen werden, sind die Investmentmöglichkeit enorm, und viele Sektoren profitieren von dem bevorstehenden Wandel. Als Investor sehen wir es als unsere Aufgabe an, diejenigen Sektoren – und zugehörigen Unternehmen – zu identifizieren, die diese Chancen am besten nutzen und in wachsende Investments umwandeln.“