27. Dezember 2021

Warum Negativzinsen der neue Mainstream sind

Spätestens mit der Verkündung der ING * im Juni, Strafzinsen künftig an Kunden weiterzugeben, ist das sogenannte Verwahrentgelt in aller Munde. Wer zu hohe Guthaben bei der Bank deponiert, zahlt drauf. Was Sparerinnen und Sparer jetzt wissen müssen – und wie man die Negativzinsen umgehen kann.

In der Vergangenheit war alles so einfach. Wer in Deutschland Geld anlegen wollte, musste nicht viel tun. Man ging zur Bank, erkundigte sich nach einem zinsgünstigen Angebot, zum Beispiel Tages- oder Festgeld, und deponierte dann sein Geld auf der Bank. Man musste sich um nichts weiter kümmern. Dafür zahlen zu müssen, seine Ersparnisse der Bank anzuvertrauen, das haben sich sicherlich selbst die größten Pessimisten nur schwerlich vorstellen können.

Seit einiger Zeit ist dies jedoch Realität. Wer zu viel Guthaben auf dem Konto hat, soll nun Zinsen an die Bank bezahlen. Verwahrentgelt wird dies auch gern genannt. Wenig überraschend, dass die Kunden mit dieser Regelung nicht glücklich sind: Strafe zahlen, weil man Geld anspart? Es fällt schwer, dahinter eine vernünftige Logik zu erkennen.

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512 Banken in Deutschland bitten ihre Kunden zur Kasse

Allein im aktuellen Jahr haben 220 Banken und Sparkassen Negativzinsen für ihre Kunden eingeführt – und weitere werden wohl folgen. Insgesamt müssen derzeit die Kunden von 512 deutschen Banken für zu viel Guthaben auf Giro- oder Tagesgeldkonten Zinsen bezahlen. 474 davon erheben die Strafzinsen lediglich bei Privatkunden, bei den anderen 38 müssen auch Firmenkunden zahlen.

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Negativzinsen: Folgen der Coronakrise

Banken erheben Negativzinsen, um ihre Kunden von einer zu hohen Geldeinlage abzuhalten. Der Grund dafür ist einfach: Eine Bank legt wiederum Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) an – und aktuell müssen die Institute dafür zahlen, wenn sie ihr Geld bei der EZB hinterlegen. Zwar ist das schon seit 2014 der Fall, doch die Coronakrise hat dafür gesorgt, dass das Sparvolumen der Deutschen nochmal deutlich angestiegen ist. Und ein großer Teil der Bevölkerung deponiert sein Geld nach wie vor eher auf dem Tagesgeld oder gar dem Girokonto als in Aktien oder Anleihen.

Entsprechend wuchs auch das Kapital, dass die Banken bei der EZB lagern, und somit auch die Strafzinsen. Auch 2014 gaben manche Banken diese negativen Zinsen bereits an ihre Kunden weiter, bildeten damit jedoch noch die Ausnahme. Inzwischen verlangen 512 von 1.300 vomVergleichsportal Biallo getesteten Banken und Sparkassen ein sogenanntes Verwahrentgelt.

Alle großen deutschen Geldinstitute machen mit

Zu den Banken, die von ihren Kunden Negativzinsen verlangen, gehört seit Juli 2021 auch die ING, Deutschlands größte Direktbank. Sie hat verkündet, für alle Konten, die ein Guthaben von 50.000 Euro oder mehr aufweisen, ab dem 1. November einen Strafzins einzuführen. Bislang galt das nur für Neukunden, nun sollen auch Bestandskunden von der Regelung betroffen sein und werden per Post um ihr Einverständnis gebeten. Minus 0,5 Prozent fallen künftig pro Jahr an.

Dasselbe gilt auch für Comdirect *, deren Mutter, die Commerzbank, oder die Hamburger Sparkasse. Auch die Neo-Bank N26 zieht ihre Freibetragsgrenze bei 50.000 Euro. Noch strenger ist die Postbank *. Tagesgeldkunden müssen künftig schon ab einem Guthaben von 25.000 Euro Strafzinsen bezahlen – beim Girokonto sind es immerhin noch 50.000 Euro. Andere Banken wie etwa die Deutsche Bank oder die Hypovereinsbank verlangen ein Verwahrentgelt von 0,5 Prozent ab einem Guthaben von 100.000 Euro.

Noch weiter gehen einige Regionalbanken. Sie bieten gar keine Freibeträge mehr an. Die Volksbank Raiffeisenbank in Fürstenfeldbruck verlangt bereits ab dem ersten Euro einen Minuszins. Insgesamt 30 Banken bitten ihre Kunden ab diesem Betrag zur Kasse.

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Kein Ende in Sicht

Ein Ende der Negativzins-Politik der Banken ist erstmal nicht in Sicht. Die EZB versucht, auf diese Art und Weise die wirtschaftlichen Schäden der Coronakrise gering zu halten, und hat angekündigt, diesen Kurs zunächst auch fortzusetzen. Dafür wurde das Inflationsziel auf zwei Prozent geändert, denn so kann die EZB weiterhin an ihrem Fahrplan festhalten und Zinsen niedrig halten. Entsprechend müssen Kunden damit rechnen, dass ihre Banken diese Kosten weiterhin an sie weitergeben.

Die Verlierer dieser Politik sind in erster Linie Sparer und Sparerinnen, die ihr Geld nicht in Aktien investiert haben, sondern zu den klassischen Sparern gehören. Die Motivation dahinter ist schlicht und ergreifend die Unsicherheit beim Thema Börse. Doch spätestens jetzt lohnt es sich, diese Unsicherheiten zu überwinden und sich eingehender mit dem Thema Investieren zu befassen.

Noch nie war der Zeitpunkt so gut, um Geld in einen ETF anzulegen. Sparer umgehen so nicht nur den Negativzins. Sie haben auch die Chance auf eine Rendite, die sie beim klassischen Sparen schon seit langer Zeit nicht mehr bekommen können.

Fazit

Das Thema Negativzinsen wird Banken wie Bankkunden noch länger beschäftigen. Für Sparer gilt, die aktuelle Rechtsprechung im Auge zu behalten und sich nach alternativen Anlagemöglichkeiten umzusehen. Insbesondere ETFs gewinnen nun auch für klassische Sparer an Bedeutung. Diese bieten einen Ausweg. 

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