8. Januar 2022

10.000 Euro in ETFs investieren – in einer Summe oder lieber zeitlich gestaffelt?

Um einen Geldbetrag von 10.000 Euro in ETFs anzulegen, gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten – eine Einmalanlage oder ein zeitlich gestaffeltes Investment. Für beide Varianten sprechen etliche Vorteile. Doch welche Alternative ist besser?

Angenommen, du kommst unverhofft zu 10.000 Euro, etwa durch ein unerwartetes Erbe oder sogar einen Lotto-Gewinn. Die Freude über so eine Menge Geld ist natürlich groß – wie oft bekommt man schon ganze 10.000 Euro, ohne etwas dafür tun zu müssen?

Du denkst über den Verwendungszweck nach: Offene Verbindlichkeiten gibt es nicht, der Notgroschen liegt auf dem Tagesgeldkonto und eine größere Anschaffung steht aktuell auch nicht an. Eine längere Reise? Aufgrund der derzeitigen Lage rund um Corona auch eher schwierig. Was also tun mit dem unerwarteten Reichtum? Klar ist – auf dem Konto ist das Geld zwar sicher aufgehoben, eine Rendite bleibt aber aus. Du möchtest das Geld also anlegen und idealerweise vermehren.

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In ETFs anlegen – auf jeden Fall eine sehr gute Idee

Klar ist auch: Eine Geldanlage in ETFs ist vor allem langfristig eine gute Idee, denn die Rendite steigt im Laufe der Zeit immer weiter an. Laut dem Deutschen Aktieninstitut machen Anleger, die ihr Geld über 15 Jahre und länger an der Börse investieren, keine Verluste. Ein guter Grund also, das erhaltene Geld in einen oder mehrere ETFs zu stecken. Die Entscheidung für die Investition in ETFs ist also getroffen, du hast ein Depot und weißt auch, in welchen Fonds du investieren möchtest. Wie gehen Anleger jetzt aber am besten vor, wenn es darum geht, wie und wann sie ihr Geld investieren?

Die große Frage: Wann und wie in den Markt einsteigen?

Die Frage nach dem Timing ist für viele Anlegerinnen und Anleger sehr relevant. Ist es sinnvoller, die 10.000 Euro auf einmal zu investieren oder das Investment über mehrere Monate zu verteilen? Diese Frage stellen sich insbesondere Investitions-Neulinge, die noch nicht auf die nötige Erfahrung zurückgreifen können.

Beides hat seine Vor- und Nachteile und die Antwort ist sicher auch Typsache. Nachfolgend erläutern Timo Baudzus und Katja Brauchle aus dem Redaktionsteam von extraETF ihre Ansichten. Während Timo dazu rät, mit einer Einmalanlage in den Markt einzusteigen, und aufzeigt, warum das trotz der Angst vor einem Verlust sinnvoll ist, empfiehlt Katja den gestaffelten Einstieg insbesondere für Einsteiger, die noch keine Erfahrung mit den Aufs und Abs der Börse gemacht haben. Lies jetzt unsere Empfehlungen.

Pro „alles auf einmal“ – beachte das Risiko des Nicht-Investierens (Text: Timo Baudzus)

Es gibt keinerlei Vorteile in puncto Rendite, eine bestimmte Anlagesumme gestückelt zu investieren. Auch die Risiken werden nicht minimiert. Das ist der aktuelle Stand der Finanzmarktforschung. Lass dich von den Ergebnissen der Wissenschaft überzeugen.

ETF-Sparpläne sind eine wunderbare Sache. Es gibt kaum ein besseres Instrument, um langfristig Vermögen aufzubauen. Für die Vermögensbildung sind ETF-Sparpläne unerlässlich. Doch für all diejenigen, die bereits über ein gewisses Vermögen verfügen – in unserem Beispiel sind es 10.000 Euro –, gibt es aus meiner Sicht keinen rationalen Grund, diese Summe gestückelt zu investieren oder mit dem Geld einen Sparplan zu füttern. Das jedenfalls lässt sich aus dem gegenwärtigen Stand der Finanzmarktforschung ableiten.

Denn in der Finanzwissenschaft gilt es bereits seit längerem – ganz im Gegensatz zur landläufigen Meinung unter Anlegerinnen und Anlegern – als relativ unstrittig, dass der sogenannte Cost Average-Effekt (sprich: der Durchschnittskosteneffekt) keineswegs überlegene Ergebnisse erzielt im Vergleich zu einer Einmalanlage eines bestimmten Betrags.

Keine Überrendite

Die Uni Mannheim fasste diesen Umstand in einer 2002 veröffentlichten Studie pointiert zusammen: „Ein klar definierter Einzahlungsplan ist schon allein aus Gründen der Selbstdisziplin sinnvoll (…). Wir widersprechen allerdings der weit verbreiteten Auffassung, dass der Cost-Average-Effekt Einzahlungspläne besonders attraktiv macht. Das Durchschnittskurs-Argument mag intuitiv überzeugen, besitzt aber keine echte praktische Relevanz.“ Denn weder haben die Forscher eine durch den Cost- Average-Effekt induzierte Überrendite feststellen können, noch hat jener Effekt zu einer nachhaltigen Reduzierung des Portfoliorisikos beigetragen.

Dass Anlegerinnen und Anleger dennoch in der Praxis häufig zu Sparplänen greifen, auch wenn sie eigentlich über ausreichende Liquidität für eine Einmalanlage verfügen, lässt sich laut des Ökonomen Meir Statman nur damit erklären, dass Anleger schlichtweg Angst haben, eine falsche Entscheidung zu treffen. Wer möchte schon gern zum ungünstigsten Zeitpunkt – beispielsweise zu einem Allzeithoch – investieren, nur um dann in einer Korrektur bzw. einem Crash plötzlich unrealisierte Verluste von 20, 30 oder gar 40 Prozent im Depot zu haben?

Hinterfrage deine Motive

Das ist absolut verständlich. Insbesondere, wer aktuell an der Börse startet, sollte mit Sicherheit nicht „All-in“ gehen. Langsam herantasten ist vollkommen in Ordnung. Doch wer bereits ein wenig Erfahrung an den Finanzmärkten hat und neben einer ausreichenden Sicherheitsreserve (3 Monatseinkommen) über einen Einmalbetrag zur langfristigen Anlage verfügt, für den gibt es keinen Grund, das Geld gestückelt in den Markt zu investieren.

Wer sich dennoch damit sicherer fühlt, sollte sich hinterfragen, welches Motiv dahintersteckt. Rechnet man mit einer kurzfristigen Korrektur? Oder gar mit einem Crash? Traut man den Aktienmärkten überhaupt zu, dass sie mittel- bis langfristig eine positive Performance aufweisen?

Doch natürlich kann man auch andersherum fragen: Was passiert, wenn man nicht investiert und die Kurse weiter munter nach oben schnellen? Dann wird der Einstieg potenziell noch ungünstiger bzw. möglicherweise teurer. Das Risiko des Nicht-Investierens haben nur wenige auf dem Schirm, ist aber trotzdem existent. Und wer den Aktienmärkten mittel- bis langfristig keine positive Performance zutraut, sollte ohnehin lieber das Geld in alternative Anlageformen stecken. Möglicherweise kommt bei so einer Weltsicht dann doch eher Gold in Betracht.

Tipp: ETF-Empfehlungslisten – hier findest du die besten ETFs zu allen wichtigen Anlageklassen.

Contra „alles auf einmal“ – 10.000 Euro lieber gestückelt investieren (Text: Katja Brauchle)

Die Einmalanlage ist erwiesenermaßen renditestärker als ein Phaseninvestment. Doch auch die gestaffelte Einlage hat bedenkenswerte Vorteile, die insbesondere für Einsteiger von Bedeutung sein dürften. Denn: Es geht nicht nur um Zahlen, sondern auch um ein gutes Gefühl.

Was wissenschaftlich bewiesen ist, kann natürlich auch ich nicht von der Hand weisen und auch nicht mit alternativen Fakten aufwarten. Auf lange Sicht sind Einmalanlagen erfolgreicher, als die 10.000 Euro aus unserem Szenario über mehrere Monate in den Kapitalmarkt einzuspeisen oder sie sogar in einem Sparplan anzulegen. Über einen Anlagezeitraum von 15 Jahren gibt es quasi keine Verluste und dieser Gedanke macht eine Einmalanlage auf jeden Fall zu einer attraktiven Idee.

Deutsche mögen Sicherheit

Warum ich es trotzdem empfehlenswert finde, nicht alles auf einmal zu investieren? Wir Deutschen gehören nicht zu den risikofreudigsten Menschen auf diesem Planeten. Vielleicht ist der typische Deutsche eher zurückhaltend und wartet erst mal ab. Nach dem Motto „better safe than sorry“.

Doch alles Unken beiseite, auf Sicherheit zu spielen hat schon seine (guten) Gründe. Wer sicher im Job ist, keine Schulden abzuzahlen hat und vielleicht auch auf niemanden Rücksicht nehmen muss, für den mag der Gedanke an die finanzielle Sicherheit erst mal keine große Rolle spielen. Und wer sich schon seit Jahren mit dem Aktienmarkt befasst und vielleicht die eine oder andere Krise erlebt hat, den lässt ein längerer Abwärtstrend möglicherweise kalt.

Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager kannst du deine Investments analysieren und dein Vermögen an einem Ort überwachen – einfach, schnell und sicher.

Nicht jeder hat die Erfahrung

Doch nicht jeder Investor hat die Erfahrung und die Nervenstärke, dass auch ein länger dauernder Abwärtstrend ihn nicht aus der Ruhe bringt. Insbesondere in den vergangenen Jahren sind immer mehr Privatinvestoren in den Handel mit Aktien und ETFs eingestiegen. Dass Einsteigerinnen und Einsteiger zögern, 10.000 Euro in einer Summe in ETFs zu stecken, ist wenig überraschend.

Aus meiner Sicht fährt man mit einer gestaffelten Einzahlung weit besser, denn es erhöht die „gefühlte“ Sicherheit. Eine risikoscheue Person wird viel eher bereit sein, Geld in Aktien zu investieren, wenn sie die Sicherheit hat, dass ein einziger Crash ihr nicht das Konto leer räumt. Dass diese Angst eher unbegründet ist, spielt psychologisch eine untergeordnete Rolle. Ja, man wird auf lange Sicht mit einem Sparplan weniger Rendite machen als mit einer Einmalanlage. Weniger heißt aber nicht „gar keine Rendite“.

Fazit

Wie man 10.000 Euro anlegt, ist vor allem Typsache. Unerfahrene und ängstliche Investoren werden sich mit einer Staffelung oder einem Sparplan aber wohler und sicherer fühlen. Und insbesondere auf lange Sicht stimmt auch hier die Rendite.