12. Juli 2010

Agrarrohstoff-ETFs: Den Acker richtig bestellen

In Zeiten zunehmender Inflationsgefahren rücken Agrarrohstoffe wieder in den Blick der Anleger. Wie Investoren auch ohne Rollrisiken von den Chancen des Sektors profitieren können.

Auf die Frage, wie Anleger auf die Schulden- und Eurokrise reagieren sollten, war in den Medien gelegentlich auch der Hinweis zu hören, man solle sich doch einen Schrebergarten zulegen. Dann hätte man wenigstens immer was zu essen. Agrargüter als Geldanlage – dieser Gedanke ist nicht neu. Allerdings führt der Weg dorthin gewöhnlich nicht über den Schrebergarten, sondern über die Terminmärkte. Dort wird so ziemlich alles gehandelt, was die Land- und Forstwirtschaft hergibt, sei es Weizen, Mais, Sojabohnen oder Kaffee. Allerdings ist kaum eine Anlageklasse kurzfristig so schwer prognostizierbar wie das Segment der Soft Commodities, zumal die Preisentwicklung von nachwachsenden Rohstoffen häufig von so schwer kalkulierbaren Phänomenen wie dem Wetter abhängt. Hinzu kommen durch Spekulanten ausgelöste Über- und Untertreibungen.

Auf Boom folgte Bust

Eine Übertreibung war aus Sicht vieler Experten auch die Preisexplosion vor rund zweieinhalb Jahren. Damals markierten zahlreiche Agrarrohstoffe neue historische Rekordstände. Der S&P GSCI Agriculture Index, der die Futures acht verschiedener Naturgüter beinhaltet, legte in der kurzen Zeit von Mitte 2007 bis Anfang 2008 um fast 100 Prozent zu. Mit Ausbruch der Finanzkrise war die Agrarhausse dann allerdings auch schon wieder vorbei. Der Index brach von seinem Rekordhoch bei 1.170 Punkten bis auf 475 Zähler ein. Aktuell notiert das Rohstoffbarometer wieder bei rund 500 Punkten.

Comeback: Agrarrohstoffe

Mittel- bis langfristig könnte allerdings wieder Schwung in den Markt kommen. Neben zunehmenden Inflationsrisiken sprechen vor allem strukturelle Gründe für den Sektor. Punkt eins ist die wachsende Weltbevölkerung. Je nach Prognose werden bis 2050 zwischen neun und zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Entsprechend dürfte die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln steigen. Einen weiteren Aspekt stellt der steigende Wohlstand in zahlreichen Schwellenländern, insbesondere in China, dar. Den Menschen dort steht mehr Geld für Nahrungsmittel zur Verfügung. Ein dritter Punkt ist die zunehmende Nachfrage nach pflanzlichen Produkten für die Biospriterzeugung. Dem zunehmenden Bedarf steht eine wenig flexible Angebotsseite gegenüber. Schon seit mehr als 30 Jahren stagniert die Anbaufläche bei weltweit rund 1,5 Milliarden Hektar. Zwar nimmt der Ackerraum in Russland und Südamerika zu, doch was dort hinzugewonnen wird, geht in Europa und Asien für Siedlungsfläche und Industriegebiete wieder verloren. Aus dem Punkt der knappen Ackerflächen ergibt sich aus Anlegersicht eine interessante Investmentidee. Dazu später mehr.

Problem Rollrisiko

Wie eingangs erwähnt werden Agrarrohstoffe aufgrund der eingeschränkten Lagerfähigkeit an Terminmärkten gehandelt. Wer also auf die Preisentwicklung von beispielsweise Weizen setzen möchte, muss den Umweg über Futures gehen. Diese verfügen jedoch über eine begrenzte Laufzeit. Wer längerfristig investiert sein möchte, muss daher am Fälligkeitstermin in den folgenden Kontrakt „rollen“. Nach diesem Prinzip funktionieren fast alle Rohstoff- Indizes und damit auch alle ETFs und ETCs, die die Entwicklung dieser Indizes abbilden. Das Problem mit Futurebasierten Anlagen ist altbekannt und sei daher nur kurz beschrieben: Notiert der nächstfolgende Kontrakt über dem auslaufenden (Contango), können Rollverluste die Folge sein. Dazu ein Beispiel: An der Chicagoer Rohstoffbörse CME notiert der im September 2010 fällige Future auf Mais (Corn) derzeit bei 360 Dollar. Der nächstfällige Kontrakt (Dezember 2010) kostet schon 372 Dollar. Steigt der Spotpreis für Mais bis dahin nicht in diesem Umfang an, wären Rollverluste die Folge.

Contango dominiert

ETFs und ETCs auf Rohstoff-Indizes sind daher als Anlagevehikel nicht ganz unproblematisch, zumal die Forwardkurve der meisten nachwachsenden Rohstoffe im Augenblick in Contango verläuft. Die bekanntesten Benchmarks sind der bereits erwähnte S&P GSCI Agriculture Index, der Rogers RICIAgriculture Index oder der DJ UBSCI Agriculture Index (siehe Tabelle). Neben diesen statischen Indizes, bei denen der Rollvorgang standardisiert erfolgt, gibt es auch Agrar-Benchmarks, die zum Ziel haben, durch Variation bei der Gewichtung und bei den Rollterminen Verluste in Contango-Märkten zu minimieren beziehungsweise Gewinne in Backwardation-Phasen zu maximieren. Eine solche Strategie verfolgt zum Beispiel der db Agriculture Booster USD Index ETC der Deutschen Bank (ISIN: GB00B3WKJL25). Allerdings wird der ETC derzeit nur in London gehandelt.

Agrar-Aktien-ETFs

Eine Alternative, um langfristig vom Potenzial des Agrarsektors zu profitieren, können ETFs darstellen, die an Unternehmen aus der Agrarindustrie partizipieren. Das können zum Beispiel Saatgutproduzenten, Düngemittel- und Pflanzenschutzanbieter oder Hersteller von landwirtschaftlichen Maschinen sein. Denn hier kommt der oben erwähnte Punkt mit den knappen Anbauflächen ins Spiel. Einer UNO Studie zufolge wird die landwirtschaftlicher Nutzfläche pro Erdenbürger von derzeit 0,60 Acres (1 Acre entspricht rund 0,4 Hektar) bis zum Jahr 2030 auf 0,45 Acres abnehmen. Um die globale Ernährung sicherzustellen, sind Produktionsverbesserungen und damit Investitionen, zum Beispiel in effektivere Erntemaschinen, unerlässlich.

Agrarbranche im Paket

Eine entsprechende Anlagelösung stellt der S-Net ITG Global Agriculture Business ETF von ETF Securities dar. Der Index beinhaltet rund 30 weltweit tätige Agrarunternehmen, die vornehmlich im Bereich der Landwirtschaft tätig sind. Dazu zählen insbesondere die Bereiche Saatgut, Chemikalien, Düngemittel, Ausrüstung, Bewässerung und landwirtschaftliche Produkte. Indexschwergewicht ist der US-Saatgutkonzern Monsanto mit einem Indexanteil von rund zehn Prozent, gefolgt vom kanadischen Düngemittelproduzenten Potash und dem Schweizer Pflanzenschutzspezialisten Syngenta. Neben der Landwirtschaft ist auch die Forstwirtschaft durch einen Aktien-ETF investierbar. Der iShares S&P Global Timber & Forestry Index ETF bietet Anlegern einen Zugang zu den weltweit 25 größten und liquidesten Unternehmen, die Wälder und Forstwirtschaft besitzen, verwalten oder in der Holzverarbeitung tätig sind.

Die schlaue Alternative

Im Gegensatz zu Future-Anlagen sind Investitionen in Agrar- oder Forstfirmen mit unternehmens- und aktienmarktspezifischen Risiken verbunden. Deshalb bleibt der Diversifizierungsnutzen für das Depot meist beschränkt. Was also tun? Eine Möglichkeit stellen kombinierte Strategien dar. So können Anleger in Contango-Phasen von futurebasierten Produkten in Agrar-Aktien- ETFs umschichten. Damit werden auf der einen Seite Rollverluste vermieden, während auf der anderen Seite eine in Contango verlaufende Forwardkurve für Agrarunternehmen durchaus positiv zu werten ist (da der Terminmarkt steigende Preise impliziert). Wechselt die Terminmarktkurve in Backwardation (spätere Futures sind billiger als der aktuelle), sollte wieder von Aktien in Rohstoff-Futures gewechselt werden. In der Vergangenheit haben solche Strategien durchaus gute Ergebnisse erzielt. Voraussetzung dafür ist allerdings eine permanente und aktive Marktüberwachung.