18. Juni 2019
Alternative Indexgewichtungen

Alternative Indexgewichtungen. Market-Cap, nein danke.

ETFs sind in aller Regel nach Marktkapitalisierung gewichtet. Das ist jedoch laut britischen Wissenschaftlern keine gute Idee. Mit diesen Welt-ETFs können Anleger diese Erkenntnisse für sich nutzen.

Verbraucherschützer und natürlich auch wir raten immer wieder dazu, bei der Geldanlage möglichst breit zu streuen. Diese häufig zu lesende Floskel lässt sich am einfachsten mit einem Welt-ETF umsetzen.

Dazu bieten sich im Grunde zwei ETF-Typen an: Der Klassiker ist der MSCI World und wer es noch etwas „breiter“ wünscht, kann sich für einen ETF entscheiden, der dem MSCI World ACWI folgt. Der Zusatz ACWI steht für den All Country World Index. Er stellt also eine Erweiterung zu den 23 Industrieländern des MSCI World um weitere 26 Staaten dar, die wiederum den Schwellenländern zuzuordnen sind.

Alternativ gibt es solche Indizes auch von FTSE. Die Gegenstücke heißen dann FTSE Developed World und FTSE All-World. Damit arbeiten die bei Anlegern beliebten Vanguard- ETFs. Aus Anlegersicht sind die Unterschiede aber minimal.

Denn neben einer sehr ähnlichen Länderauswahl gewichten beide nach der Größe der enthaltenen Unternehmen. Das ist die übliche Methode, einen Index und damit einen ETF zu bilden. Die Zusammenstellung erfolgt also nach der Marktkapitalisierung. Die Großen dominieren also das Geschehen in Standard-ETFs.

Wie sehen die Welt-ETFs aus?

Sehen wir uns hierzu das Flaggschiff MSCI World näher an. Auf Rang eins steht mit einer Gewichtung von 2,05 Prozent Microsoft. Dahinter folgt mit 1,97 Prozent Apple vor Amazon mit 1,80 Prozent. Damit sind alleine Microsoft und Apple schon stärker vertreten als der gesamte deutsche € Investment Aktienmarkt. In der Top-10-Liste finden sich ausnahmslos Titel aus den USA. Die Vereinigten Staaten stellen mit mehr als 61 Prozent der Löwenanteil. 23 Länder und 61 Prozent davon entfallen auf die USA – ein wirklich weltweites Investment ist über den Index nur eingeschränkt möglich.

Wirklich alle Länder, das suggeriert der MSCI All Country World Index (ACWI). Doch hält er, was er verspricht? Nicht ganz, aber er kommt der Idee schon näher als der MSCI World. Der US-Anteil sinkt hier auf 55 Prozent, da Schwellenländer noch zu gut zehn Prozent beigemischt sind. Der Anteil der Schwellenländer am Bruttoinlandsprodukt beträgt jedoch mittlerweile schon etwa 38 Prozent. Eine Handvoll Unternehmen prägen aber auch hier das Geschehen und sind stärker als ganze Länder vertreten.

Die Methode nach Marktkapitalisierung führt zwei unter Umständen störende Elemente nach sich. Ein Land – nämlich die USA – macht in beiden Fällen mehr als die Hälfte des Welt-ETFs aus, was den Charakter eines Welt-ETFs etwas verwässert. Zum anderen würden Anleger nur sehr begrenzt von den Entwicklungen aufstrebender Schwellenmärkte profitieren. Damit ist klar: Die gängige ETF-Praxis, nach der Marktkapitalisierung zu gewichten, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Neben diesen für Laien offensichtlichen Schwächen gibt es aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse, die gegen die Gewichtung entsprechend der Marktkapitalisierung sprechen.

Marktkapitalisierung ist schädlich

Wer irgendwelche Aktie kauft, fährt besser als mit dem Konzept der Marktkapitalisierung. Das ist vereinfacht gesagt das Ergebnis der sogenannten Affen-Studie. Dazu haben britische Wirtschaftswissenschaftler unter der Leitung von Andrew Clare, Professor an der Londoner Cass Business School, eine umfangreiche Simulation durchgeführt. Eines vorab, bevor Tierschützer nun aufschreien: Es waren künstliche Affen, also Computer-Simulationen. Jedes zufällig zusammengestellte Aktien-Portfolio steht für einen Affen, der die Titel schließlich auch nach dem Zufallsprinzip ausknobeln würde.

„Dies gab uns die Performance von zehn Millionen zufällig ausgewählten US-Aktienportfolios, die wir als Benchmark für die Überprüfung der Performance anderer Anlagestrategien verwenden konnten“, sagt Clare. Die Ergebnisse dürften ETF-Anbieter aufschrecken lassen. Denn die Untersuchung zeigt, dass fast jedes der zehn Millionen zufällig aufgebauten Portfolios den kapitalgewichteten, passiven Anlageansatz übertraf. Mit anderen Worten: Sie übertreffen ein Portfolio, das dem S&P 500 entspricht.

Kritisch sieht Clare, dass bei der Marktkapitalisierungsmethode einige wenige Unternehmen maßgeblich dominieren. Ein Blick auf die Top-10-Liste des MSCI World bzw. des MSCI ACWI zeigt das deutlich: Wenige Technologie-Unternehmen bestimmen, wo es lang geht. Die Fang-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix und Google), dazu noch Microsoft dominieren. Davon hält Clare nichts.

Alternative Indexgewichtungen

Laut dem Londoner Professor sollten Anleger ihre Strategie überdenken, die zumeist auf genau solchen ETFs beruht. „Sie sollten diese Entscheidung wahrscheinlich überprüfen und andere Gewichtungsschemata in Betracht ziehen, wie zum Beispiel ETFs, die nach Fundamentaldaten gewichten (Anm. d. Redaktion: Umsatz, Bargeldumlauf, Dividenden), die jetzt allgemein verfügbar sind“, so Clare.

Welche Welt-ETFs sind nach diesen Erkenntnissen also interessant?

Fundamental-Ansatz

In der Datenbank von extraETF.com finden wir fünf Welt-ETFs mit dem Zusatz „Fundamental“. Zu nennen ist hier etwa der Xtrackers MSCI World Quality UCITS ETF (WKN: A1103D). Der thesaurierende ETF repliziert physisch und setzt auf Aktien von Unternehmen mit vergleichsweise hoher Qualität. Die Gesamtkostenquote beträgt 0,25 Prozent. Wem regelmäßige Ausschüttungen lieber sind, kann sich den UCITS ETF (WKN: A0M2EN) ansehen.

Dividenden-Strategie

Hierzu gibt es mit deutscher Vertriebszulassung nur einen thesaurierenden ETF von Wisdom Tree. Mit einem Anlagevermögen von weniger als zehn Millionen Euro können wir den WisdomTree Global Quality Dividend Growth UCITS ETF (WKN: A2AHL7) nicht empfehlen. Der günstigste ausschüttende ETF mit ausreichendem Fondsvolumen ist der Vanguard FTSE All-World High Dividend Yield UCITS ETF (WKN: A1T8FV). Laufende Kosten: 0,29 Prozent.

Gleichgewichtet

Wer gezielt vom Ansatz der Marktkapitalisierung abweichen möchte, kann einen ETF wählen, der die einzelnen Mitglieder nahezu gleichgewichtet. Beispiel dafür: der iShares Edge MSCI World Size Factor (WKN: A12ATH). Der TER beträgt 0,30 Prozent.

Fazit

Die Affen-Studie zeigt, dass alternative Gewichtungen, also zufällig gewählte, jene nach Marktkapitalisierung fast immer übertreffen. Für Anleger, die diesen Erkenntnissen folgen möchten, bieten sich ETFs mit Fundamental- oder Dividenden-Gewichtung an. Solche Faktor-ETFs sind dabei oft nur etwas teurer als herkömmlich.

Den vollständigen Robo-Advisors-Test mit allen Ergebnissen finden Sie im Extra-Magazin Nr. 3/2020. Bestellen Sie jetzt das Extra-Magazin im Abonnement oder als Einzelausgabe und bleiben Sie immer aktuell informiert.