6. Februar 2023
Die Reformvorschläge zur privaten Altersvorsorge sorgen für mehr Renditechancen.

Altersvorsorge: Reichen 500.000 Euro für den Ruhestand?

Wie viel Geld braucht ein Rentner zum Leben? Diese Frage stellt sich jeder früher oder später einmal. Eine Faustregel der Stiftung Warentest beziffert das benötigte monatliche Einkommen im Ruhestand auf rund 80 Prozent des vorherigen Nettolohns als Berufstätiger. Die gesetzliche Rente fungiert mittlerweile dabei nur noch als Grundsicherung. Denn das Rentenniveau in Deutschland sinkt.

Das Rentenniveau zeigt das Verhältnis zwischen einer sogenannten Standardrente, auch Eckrente genannt, zum Einkommen eines aktuellen Durchschnittsverdieners an. Die Eckrente basiert auf der Regelaltersrente und gibt an, wie hoch die gesetzliche Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren ist. Die Eckrente umfasst also genau 45 Entgeltpunkte. Beim aktuellen Rentenniveau von rund 48 Prozent bedeutet das: Nach 45 Beitragsjahren erhalten Rentner mindestens 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes, der dann aktuell herrscht.

Das aktuelle Rentenniveau ist dabei nur ein Indikator für die eigene Rente. Denn diese hängt von vielen verschiedenen Kriterien ab. Im Wesentlichen ist diese abhängig von der Höhe des Einkommens und der Dauer der Einzahlung. Aber die Lücke ist definitiv größer geworden und damit die Notwendigkeit etwas dagegen zu tun.

Wie viel Kapital braucht man?

Doch wie viel Geld ist ausreichend, um sorgenfrei in den Ruhestand zu gehen? Ist die häufig genannte Summe von 500.000 Euro ausreichend, um die Rentenlücke zu schließen? Es ist ein realistischer Betrag, den viele Gutverdiener im Laufe ihres Arbeitslebens zur Seite legen können. Bis zum 1. Januar 2002 war man mit einem solchem Betrag auch noch Millionär. Dann wurde der Euro als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt und seitdem fühlte man sich nur noch als halber Millionär.

Aber dieser Betrag ist natürlich immer noch viel Geld und sollte für die meisten ausreichend sein, um den gewohnten Lebensstandard auch im Ruhestand beizubehalten. Allerdings wachsen die Bäume damit auch nicht in den Himmel und es ist notwendig, dass man einen richtigen Plan für den Verzehr hat und man weiß, welche Rendite für den Kaptalerhalt notwendig ist.

Finanzplan als Grundlage für den Ruhestand

Denn um die Frage, wie weit man mit einer halben Million kommt zu beantworten, sollte man sich vorab ein paar Gedanken machen. Am Beginn steht ein Kassensturz. Wieviel Geld benötige ich um meine laufenden Kosten zu decken und wie hoch sind meine monatlichen Einnahmen durch die gesetzliche Rente und eventueller Zusatzrenten. Auch zukünftige einmalige Aufwendungen sollte man berücksichtigen. Idealerweise bietet sich dafür ein vollständiger Finanzplan an. Dieser bietet eine gute Grundlage, um die entscheidenden Fragen zu beantworten. Denn die Höhe der möglichen monatlichen Entnahmen ist von drei Faktoren abhängig:

  • Soll das Kapital komplett verzehrt werden oder in der Substanz erhalten bleiben?
  • Wie lange soll das Kapital reichen?
  • Welche Rendite wollen Sie nach Steuern mit Ihrem Kapital erzielen und wie ist ihre Risikoeinstellung?

Die Vier-Prozent-Regel

Die wohl populärste Entnahmestrategie ist die 4-Prozent-Regel. Diese geht auf die Trinity Study aus dem Jahr 1998 zurück. Sie besagt, dass man einem diversifizierten Aktien-Portfolio über einen Zeitraum von 30 Jahren in jedem Jahr vier Prozent des Anfangswertes entnehmen kann, bei gleichzeitig sehr geringem Risiko vorzeitig das Vermögen vollständig zu verbrauchen. Bei einem Startkapital von 500.000 Euro könnte man also mit einer Entnahme von 20.000 Euro pro Jahr rechnen. Wie alle Faustformeln bietet auch diese Regel nur einen ersten Anhaltspunkt und stellt keine Garantie dar. Denn es gibt auch eine geringe Wahrscheinlichkeit das das Kapital nicht ausreicht und Steuern und Kosten müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Vor allem aber muss man bereit sein, das Kapital in ein diversifiziertes Aktien Portfolio zu investieren.

Nicht jede Faustformel führt zum Ziel

Nach wie vor hält sich jedoch bei vielen der Irrglaube, im Alter sollte man die Aktienquote senken, weil sich Verluste nicht mehr so einfach aussitzen lassen. Für die Festlegung der „richtigen Aktienquote“ wird dann gerne auf die Regel „100 minus Lebensalter“ verwiesen. Diese erscheint intuitiv logisch, denn angewendet sinkt die Quote schwankungsintensiver Anlageformen wie etwa Aktien am Gesamtvermögen mit zunehmendem Alter.

Für einen angehenden Rentner von 65 Jahren würde dies eine maximale Aktienquote von 35 Prozent, im hohen Alter von 85 Jahren dann aber nur noch 15 Prozent bedeuten. Ob diese auf den ersten Blick eingängige Regel aber auch in der derzeitigen Marktphase gültig ist, sollte man kritisch hinterfragen. Die Vier-Prozent-Regel würde dann nicht mehr greifen. Entweder wird dann der Entnahmebetrag reduziert oder ein Kapitalverzehr akzeptiert.

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Zu alt für Aktien ist man nie

Auf jeden Fall sollte die Anlage zur individuellen Risikoeinstellung passen. Wer seine persönliche Risikotragfähigkeit falsch einschätzt, wird mit seiner Anlageentscheidung nicht glücklich werden. Das Risiko falsche, emotionsgetriebene Entscheidungen zu treffen steigt. Aus diesem Grund sollte man sich vor Beginn der Ruhestandsphase von einem unabhängigen Experten beraten lassen. Ein vollständiger Finanzplan bietet dann das ideale Rüstzeug, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Faustformeln ersetzen keine qualitative individuelle Beratung. Grundsätzlich gilt bei einer Anlage, egal ob 200.000 Euro, 500.000 Euro oder eine Million Euro, zu alt für Aktien ist man dabei nie.

Über den Autor: Markus Richert

Markus Richert ist CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln