5. Juni 2021
Warum Mitarbeiteraktien auch Gefahren mit sich bringen

Belegschaftsaktien: Warum Mitarbeiteraktien auch Gefahren mit sich bringen

Einige Konzerne versuchen, ihre Mitarbeiter über die Ausgabe von Belegschaftsaktien an sich zu binden. Auch der Staat fördert die Programme steuerlich, wenn auch noch in einem sehr überschaubaren Rahmen. Doch es gibt auch Risiken, die viele nicht auf dem Radar haben. Worum es sich dabei handelt.

Kita-Plätze, Sportangebote, kostenlose Snacks und Getränke, gemeinsame Team-Events oder Kaminabende mit dem Vorstand: Viele Unternehmen bemühen sich intensiv darum, ihre besten Mitarbeiter bei der Stange zu halten. Kein Wunder, schließlich herrscht schon seit vielen Jahren ein „War for Talents“, also ein Krieg um die besten Talente auf dem Arbeitsmarkt. Ein Mittel ist unter Großkonzernen und Start-ups besonders beliebt: die Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens.

Zweck von Belegschaftsaktien

Siemens tut es, BMW tut es, SAP tut es, Daimler, Henkel und viele mehr – sie gewähren ihren Angestellten Belegschaftsaktien. Die Philosophie dahinter: Mitarbeiteraktien tragen dazu bei, dass Beschäftigte sich mit ihrem Unternehmen identifizieren und motivierter zur Arbeit gehen. Zudem profitieren die Mitarbeiter von allen Vorteilen, die mit der Miteigentümerschaft am Unternehmen verbunden sind. Dazu gehören die Gewinnbeteiligung durch Dividenden, mögliche Kurssteigerungen sowie das Mitspracherecht, einschließlich des Wahlrechts auf den Jahreshauptversammlungen. Es gibt also zahlreiche Vorteile. Allerdings sind Gewinne aus Mitarbeiteraktien zu versteuern. Das gilt für die jährlichen Dividenden und für Kursgewinne. Hierauf fallen Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent sowie eventuell Kirchensteuer an.

Zudem muss man beachten, dass die Modalitäten für die Ausgabe von Belegschaftsaktien von Firma zu Firma verschieden sind. Beliebt ist zum Beispiel das Modell, Mitarbeitern Aktien mit einem Rabatt zu verkaufen. „Kostet eine Aktie etwa 100 Euro, wird ein Nachlass von beispielsweise 30 Prozent gewährt“, erklärt Norbert Kuhn vom Deutschen Aktieninstitut. Eine repräsentative Studie des Beratungsunternehmens Aon unter den Beschäftigten von Großunternehmen in Deutschland zeigt, dass rund drei Viertel aller Mitarbeiter zugreifen, wenn Belegschaftsaktien durch den Arbeitgeber angeboten werden. Selbst ein niedriges Einkommen hält Mitarbeiter nicht davon ab, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen.

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Geringe Steuervergünstigung

Doch Achtung: Wer Mitarbeiteraktien von seinem Arbeitgeber vergünstigt erwirbt, hat einen geldwerten Vorteil. Ebenso wie das Gehalt muss dieser versteuert wer- den. Dabei gibt es eine Freigrenze von 360 Euro (Stand: Februar 2021). Das ist im internationalen Vergleich sehr wenig. So liegt die Förderung von Mitarbeiteraktien in Österreich bei 4.500 Euro pro Jahr und in Spanien und Irland sogar bei 12.000 Euro.

Allerdings möchte der deutsche Staat die Freigrenze bald auf 720 Euro erhöhen. „Die Verdoppelung des steuer- und abgabenfreien Betrags auf Mitarbeiterkapitalbeteiligungen ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings reicht diese nicht aus. So muss der Freibetrag auf mindestens 1.000 Euro angehoben werden, was im internationalen Vergleich immer noch wenig wäre“, sagt Christine Bortenlänger vom Deutschen Aktieninstituts.

Wann die Steuer anfällt

Das bedeutet in der Praxis: Der geldwerte Vorteil, der künftig über die 720 Euro hinausgeht, muss vom Arbeitnehmer direkt beim Kauf der Aktien versteuert werden ohne dass ein realisierter Ertrag gegenübersteht. Deshalb plant der Gesetzgeber, bald eine nachgelagerte Besteuerung einzuführen.

Damit müsste der geldwerte Vorteil nicht schon bei Überlassung der Kapitalbeteiligung versteuert werden, sondern erst später, idealerweise erst bei einer gewinnbringenden Veräußerung der Mitarbeiteraktien. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber bei der nachgelagerten Besteuerung nur Start-ups im Blick. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen sollen jetzt von dieser Regelung profitieren können.

„Warum Mitarbeiter großer Unternehmen nicht in den Genuss der nachgelagerten Besteuerung beim rabattierten Erwerb von Mitarbeiteraktien kommen sollen, ist unklar. Das Deutsche Aktieninstitut fordert den Gesetzgeber auf, hier für Steuergerechtigkeit zu sorgen und Mitarbeiter großer Unternehmen in die gesetzliche Regelung einzubeziehen“, schreibt das Deutsche Aktieninstitut in einer Mitteilung. Die Frage ist berechtigt. Dies ist eine steuerliche Ungleichbehandlung ohne triftigen Grund.

Vorsicht vor Klumpenrisiko und doppelter Abhängigkeit

Mitarbeiteraktien sind grundsätzlich ein begrüßenswertes Instrument zur Förderung der Börsenkultur in Deutschland. Aber: Man muss auch auf die Risiken hinweisen. Trotz hoher Vergünstigungen beim Erwerb oder sogar der Ausgabe von Gratisaktien können sich Mitarbeiter ein Abhängigkeitsrisiko aufhalsen. Denn: Der Arbeitgeber zahlt nicht nur das Gehalt, er soll auch noch das Vermögen mit Aktien mehren. Sowohl die laufenden Einnahmen als auch der Wert des Vermögens sind abhängig vom Erfolg bzw. Misserfolg eines einzigen Unternehmens.

„Geht es der Firma schlecht, ist nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch das Vermögen gefährdet“, sagt Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen (iff ). Denn der Kurs von Aktien schwankt naturgemäß. „Eine Vergünstigung heißt nicht, dass ich nicht trotzdem Verlust machen kann“, betont die iff -Expertin. Zudem können Mitarbeiteraktien schnell ein Klumpenrisiko im Portfolio darstellen. Nämlich dann, wenn kaum eigene Spar- oder Investitionsanstrengungen unternommen werden. Dann können die Aktien des eigenen Unternehmens schnell den Großteil des liquiden Kapitalvermögen ausmachen. Dies widerspricht dem Grundsatz der Diversifizierung.

Doch dieses Risiko lässt sich zumindest minimieren, indem man nur verhältnismäßig kleine Beträge in Firmenaktien steckt. Darauf achten viele Unternehmen, indem sie fest definierte Obergrenzen für den Erwerb von Mitarbeiteraktien festsetzen. Grundsätzlich gilt: Wer etwa fünf bis zehn Prozent seines liquiden Vermögens in Mitarbeiteraktien anlegt, befindet sich im grünen Bereich. Sobald es darüber hinausgeht, sollten Anleger in diversifizierte Anlageprodukte umschichten. Das ideale Vehikel dafür sind natürlich: ETFs!

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Forderung an die Politik

Da Belegschaftsaktien vorwiegend von Konzernen genutzt werden, stellt sich die Frage, ob die Politik nicht alsbald einen steuerlichen Anreiz zur flächendeckenden Förderung von Kapitalmarktprodukten legen möchte. Speziell ETFs kommen dafür in Frage. Die Anlegerinnen und Anleger der mehr als zwei Millionen ETF-Sparpläne in Deutschland würden sich definitiv freuen. Gut für die Börsenkultur in Deutschland und die private Altersvorsorge wäre dies allemal. Steuerliche Anreize wären ein starkes und wünschenswertes Signal.

Fazit

Die steuerliche Förderung von Belegschaftsaktien in Deutschland ist im internationalen Vergleich noch schwach ausgeprägt. Zudem können Mitarbeiteraktien Klumpenrisiken im Portfolio verursachen und Abhängigkeitsprobleme verschärfen. Der Staat sollte dringend über Anreize zur Förderung von ETFs nachdenken.

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