3. Juli 2010

Buchgewinne bei ETFs absichern

Wer Ende 2008 in Aktien-ETFs investiert hat, kann sich heute über hohe steuerfreie Gewinne freuen. Um das Anlagekapital ohne Verkauf vor Verlusten zu schützen, bieten sich Absicherungsstrategien an.

Viele Anleger haben Ende 2008 in Exchange Traded Funds (ETFs) investiert, um die ab 2009 greifende Abgeltungsteuer für dieses langfristige Engagement durch gezielte Nutzung der Übergangsvorschriften zu umgehen. Jetzt tritt ein neues Problem auf: Die Indizes haben sich seit ihrem Einbruch wieder gut erholt und die im Portfolio gehaltenen ETFs weisen zum Teil sehr hohe Gewinne auf. Wenn jetzt der Gewinn realisiert wird, zahlt man auf den Gewinn zwar keine Abgeltungsteuer, aber das frei gewordene Kapital muss in den meisten Fällen neu investiert werden. Und die dann später entstehenden Veräußerungsgewinne unterliegen bei einem späteren Verkauf grundsätzlich der Abgeltungsteuer. Was also nun tun? Gewinne realisieren und die Abgeltungsteuerfreiheit aufgeben oder möglicherweise einen Verlust zu einem späteren Zeitpunkt hinnehmen, falls die Märkte wieder fallen? Wer beiden Varianten keinen rechten Charme abgewinnen kann, sollte sich mit einer Absicherung der bereits entstandenen, aber noch nicht realisierten Gewinne beschäftigen. Gesucht ist also ein Investment, das einen positiven Ertrag generiert, wenn die Märkte fallen. Anforderung an dieses Investment: Es sollte möglichst günstig sein und lange Bestand haben. Hier bieten sich Optionsscheine und Knock-out- Produkte an.

Optionsscheine

Sie gewähren eine überproportionale Partizipation an der Veränderung eines Index. Dabei kann man sowohl von einem steigenden (Call) als auch von einem fallenden (Put) Index profitieren. Für eine ETF-Absicherungsstrategie auf Long-Indizes bieten sich Put-Optionsscheine an, denn die Absicherung wird für den Fall sinkender Kurse getroffen. Hierbei kann ein Put gewählt werden, der am Geld notiert und über eine Laufzeit von einem Jahr verfügt. Ein solcher Put am Geld ist günstiger als ein Produkt, das bereits im Geld notiert. Wichtig ist die benötigte Anzahl an Puts, um die Anzahl an gehaltenen ETFs möglichst genau abzusichern. Dazu kann die Kennzahl Delta herangezogen werden. Sie gibt an, wie stark der Optionsschein sich verändert, wenn sich der Index um 1 Prozent verändert. Beträgt das Delta beispielsweise -0,4, dann besagt dies: Fällt der Index um 1 Prozent, dann steigt der Put um 40 Prozent – jedoch ohne Berücksichtigung von weiteren Einflussgrößen. Denn bei einem Optionsschein müssen außer der Veränderung des Basiswerts noch weitere Einflussgrößen wie Volatilität oder Laufzeit berücksichtigt werden. Bei einem Delta von -0,5 beispielsweise müssen zwei Puts gekauft werden, um zu 100 Prozent positiv an der negativen Veränderung des Index zu partizipieren. Besitzt ein Anleger beispielsweise 100 Anteile eines DAX-ETFs und erwirbt jenen Optionsschein dann sind 200 Puts zu kaufen. Bei einer Absicherung über Optionsscheine muss die fortlaufende Veränderung des Delta bedacht werden. Somit würde eigentlich eine Anpassung der Anzahl an Optionsscheinen notwendig werden. Denn steigt das Delta, dann liegt eine Übersicherung der ETF-Position vor. Und fällt es dagegen, ist man untersichert. Des Weiteren führt die begrenzte Laufzeit des Optionsscheins zum Kauf eines neuen Puts bei Fälligkeit, um die ETF-Position weiterhin abzusichern. Dem Nachteil einer neuen fälligen Prämie für den Optionsschein stehen die angepassten Ausstattungsmerkmale gegenüber.

Knock-out-Produkte

Auch sie gewähren eine überproportionale Partizipation an der Veränderung eines Index. So-wohl an einem fallenden (Bear) als auch an einen steigenden (Bull) Index. Unter den verschiedenen Typen von Knock-out-Produkten bieten sich die ohne Laufzeitbegrenzung an, da sie die genannten Nachteile von Optionsscheinen am besten ausschließen. Sie sind ohne Laufzeitbegrenzung ausgestattet und verfügen über ein Delta von -1 in der Bear-Variante. Der Preis eines Open-End-Knock-outs Produkt berechnet sich aus der Differenz zwischen einem festgelegten Basispreis und dem Indexstand. Dabei muss der Basispreis bei der Bear-Variante naturgemäß über dem Index stehen, damit eine Differenz errechnet werden kann. Würde der Index auf das Niveau des Basispreises steigen, dann verfiele das Knock-out-Produkt wertlos. Damit dieses Risiko möglichst klein gehalten wird, sollte ein Knock-out-Produkt mit möglichst großem Abstand zwischen Indexstand und Basispreis gewählt werden. Die Kennzahl Hebel gibt Aufschluss über das potenzielle Verfallrisiko, das Knock-out-Risiko. Je größer der Hebel, desto höher ist das Risiko und desto günstiger ist der Knock-out. Gleichzeitig wird aber auch die Veränderung des Index stärker nachvollzogen. Ein Hebel von beispielsweise 30 in der Bear-Variante besagt: Fällt der Index um 1 Prozent, so steigt der Preis des Knock-outs um 30 Prozent. Es muss abgewogen werden, welches Risiko man zu welchem Preis bereit ist einzugehen.

Delta-Hedge

Absicherungsstrategie, bei der eine Optionsposition aufgebaut wird, deren Wert sich in Abhängigkeit des Basiswertkurses so entwickelt, dass Gewinne bzw. Verluste auf der abgesicherten Position durch Verluste bzw. Gewinne auf der Optionsposition ausgeglichen werden. Anleger können mit einem Delta-Hedge Verlustphasen an den Börsen überbrücken.

Fazit:

Es ist auch als Privatanleger möglich,seine ETF-Buchgewinne abzusichern. Dabei haben sich grundsätzlich zwei Investmentvehikel als brauchbar herausgestellt: Optionsscheine und Knock-out-Produkte. Knock-outs schließen die erwähnten Nachteile von Optionsscheinen aus, bergen jedoch die Gefahr eines Totalverlusts bei Erreichen einer Schwelle in sich.

 

Tipp von der Derivate-Expertin

Bei der Absicherung von ETFs ist es ratsam, das Risiko im Auge zu behalten. Da zur Absicherung Hebelpapiere verwendet werden, sollte bei Bear-Knock-out-Produkten mit einem Stopp-Loss gearbeitet werden. Dies kann vor einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals für das Knock-out-Produkt schützen. Das Kapital kann dann verwendet werden, um ein neues Knockout- Produkt mit aktuellen Ausstattungsmerkmalen zu erwerben.

Franziska Schwarze
Product Managerin im Bereich Derivatives Public Distribution
Commerzbank AG