4. September 2021

Bundestagswahl: ETF-Anlegern drohen Steuererhöhungen

Wir haben die Wahlprogramme aller sechs größeren Parteien durchforstet – und siehe da: Es drohen Steuererhöhungen, Vermögensabgaben und eine Finanztransaktionssteuer. Was die Parteien konkret vorhaben!

Es ist noch nicht lange her, da hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für unfreiwillige Erheiterung gesorgt. Zum einen, als er meinte, er sei mit einem Monatseinkommen von 15.000 Euro keineswegs als reich zu bezeichnen, und zum anderen, als er bekannte, er würde sein Geld ausnahmslos auf dem Sparbuch anlegen. Das waren natürlich Steilvorlagen für die sozialen Netzwerke. Der Minister musste sich jede Menge hämische Kommentare gefallen lassen.

Doch wen wundert’s? Ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats des Bundeswirtschaftsministeriums attestiert der gesetzlichen Rente spätestens ab 2025 ein massives Finanzierungsproblem. Insbesondere die jüngere Generation muss sich auf Rentenkürzungen und gewaltige Vorsorgelücken einstellen. Private Vorsorge ist Pflicht, betet die Politik jahrein, jahraus. Und da viele Versicherungsprodukte aufgrund von stetig fallenden Garantieverzinsungen keine ausreichende Deckung bieten, ist der Kapitalmarkt die einzige Alternative. Das scheint jedoch am amtierenden Finanzminister vorbeigegangen zu sein.

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Steuerpläne: Es droht Ungemach

Besonders aktionärsfreundlich war die Politik der vergangenen Jahre ohnehin nicht. So wurde bereits in den Nuller Jahren die Steuerfreiheit auf Kursgewinne nach einer Haltedauer von zwölf Monaten abgeschafft. Zusätzlich können Aktionäre seit 2009 realisierte Verluste mit Aktien auch nur mit Aktiengewinnen verrechnen. Eine Verrechnung mit anderen Kapitaleinkünften wie etwa Gewinnen aus ETFs oder Dividenden, für die 25 Prozent Abgeltungssteuer anfallen, ist seitdem unzulässig. Das allerdings hält der Bundesfinanzhof (BFH) für verfassungswidrig. Für Anleger in Einzelaktien könnte das theoretisch zu einer

Wissen großen Erleichterung und einer Aufhebung der Ungleichbehandlung führen. Doch das Pendel könnte auch in die andere Richtung ausschlagen. Denn es ist ebenfalls denkbar, dass der Gesetzgeber den Auftrag in eine andere Richtung auslegt – und eine Verlustverrechnungsbeschränkung für die anderen Kapitalanlagen einführt. Davon wären dann auch ETF-Anleger betroffen. Die Bundestagswahl scheint also eine Richtungswahl für Aktionäre und ETF-Anleger zu werden.

Es handelt sich hier keineswegs um Angstmacherei oder Spekulation. Denn wir von extraETF haben uns die Mühe gemacht, die Wahlprogramme aller großen Parteien zu durchforsten und auf ihre Steuerpläne abzuklopfen. Wir können Ihnen jetzt schon verraten: Je nachdem, welche Parteienkonstellation die Regierung bildet, droht Privatanlegerinnen und Privatanlegern relativ großes Ungemach. Und das in einer Zeit, in der in Deutschland endlich ein zartes Pflänzchen in puncto Börsenkultur aufgekeimt ist. Immer mehr Anleger setzen auf ETFs, um private Altersvorsorge zu betreiben. Wenn die Steuerpläne so mancher Partei wahr werden, könnte dieses zarte Pflänzchen rasch wieder verblühen.

Steuererhöhungen? Das planen die CDU/CSU, SPD und Grüne.
Steuererhöhungen? Das planen die CDU/CSU, SPD und Grüne.

Das planen die Parteien

In puncto Einkommensteuer scheinen fast alle Parteien erkannt zu haben, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent zu früh greift, nämlich bei 57.000 Euro bzw. 116.000 Euro Jahresbrutto. Außer SPD und AfD möchten alle Parteien die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz nach oben befördern.

Allerdings wollen außer FDP und CDU/CSU sämtliche auch den Spitzensteuersatz anheben. So möchten zum Beispiel die Linken, dass Personen mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 70.000 Euro brutto 53 Prozent zahlen.

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Steuererhöhungen? Das planen FDP, AfD und Linke.
Steuererhöhungen? Das planen FDP, AfD und Linke.

Steuererhöhungen über Abschaffung der Abgeltungssteuer?

In puncto Kapitaleinkünfte ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass auf Privatanlegerinnen und Privatanleger saftige Steuererhöhungen zukommen. Grüne und Linke beispielsweise möchten die Abgeltungssteuer abschaffen und stattdessen den persönlichen Einkommenssteuersatz für Kursgewinne, Zinsen und Dividenden heranziehen. Anlegerfreundlich mutet dies nicht unbedingt an, zumal die Grünen auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer befürworten.

Auf Nachfrage von extraETF präzisierte die Partei, dass die Finanztransaktionssteuer „Spekulation und Kurzfristorientierung unattraktiv“ machen soll. Die Steuer w.re „so niedrig, dass sie keine Auswirkung auf Sparer oder die private Altersvorsorge hat, sondern insbesondere den Hochfrequenzhandel trifft“, teilten die Grünen mit.

Auch die SPD liebäugelt mit einer Finanztransaktionssteuer, ebenso wie CDU/CSU. Einzelheiten, wie diese ausgestaltet sein soll, bleiben beide Parteien schuldig. Es finden sich lediglich vage Hinweise, dass Privatanleger nicht durch die Finanztransaktionssteuer benachteiligt werden sollten. Einer Vermögenssteuer erteilen CDU/CSU eine Absage. SPD, Grüne und Linke sind hingegen dafür, Steuern bzw. Abgaben für Vermögen oberhalb der Millionengrenze einzuführen.

Die FDP setzt sich dagegen dafür ein, den Sparerfreibetrag für Kapitaleinkünfte von derzeit 801/1.602 Euro auf 1.000/2.000 Euro zu erhöhen. Die Liberalen möchten zudem eine neue Spekulationsfrist für Kursgewinne einführen. Ab einer Haltedauer von mehr als drei Jahren sollen Kursgewinne steuerfrei vereinnahmt werden können. Auch die CDU/ CSU möchte den Sparerfreibetrag erhöhen und vermögenswirksame Leistungen steuerlich fördern, wobei in beiden Fällen keine konkreten Zahlen genannt werden.

Fazit

In puncto Einkommensteuer winken Entlastungen, in Sachen Kapitaleinkünfte droht Ungemach. Von der Abschaffung der Abgeltungssteuer bis hin zur Einführung von Finanztransaktionssteuern – die Steuerpolitik vieler Parteien ist nicht gerade anlegerfreundlich. Im KLartext: Es drohen Steuererhöhungen. Im Herbst wird man sehen, wo die Reise hingeht

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