Die Marktkrise wird vorübergehen – aber wann ist es endlich soweit?

Die Marktkrise wird vorübergehen – aber wann ist es endlich soweit?

Die Marktkrise im Bereich von Aktien und Anleihen hält an. Die Experten von Edmond de Rothschild gehen der Frage nach, wie lang die Krise noch anhält.

Wir sehen derzeit eine Marktkrise. Denn die Aktien- und Anleihenmärkte stehen aufgrund steigender Realzinsen, einer anhaltend hohen Inflation und einer Verschlechterung der Konjunkturaussichten stark unter Druck. „So beeindruckend dieser Rückgang auch ist, sehen wir dennoch keine Warnsignale, die darauf abzielen, von den zahlreichen sich ergebenden Chancen zu profitieren. Wir ziehen es vor, in dieser Hinsicht defensiv zu bleiben“, sagt Benjamin Melman, Global Chief Investment Officer von Edmond de Rothschild Asset Management.

Aus Sicht Melmans kann dabei eine defensive Haltung, die einvernehmlich zur Norm geworden ist, gefährlich sein. „Die Vorsicht der Anleger spiegelt sich nur zum Teil in den Bewertungen der Aktienmärkte wider; da diese zwar gefallen sind, jedoch nicht auf besonders attraktive Niveaus, insbesondere auf dem US-Markt“, ordnet Melman die Lage ein und nennt folgende Gründe für die Aufrechterhaltung einer defensiven Strategie:

Marktkrise: Mangelnde Vorhersehbarkeit der wirtschaftlichen Aussichten

„Das Fortbestehen der Null-Covid-Strategie in China und die bislang zurückhaltende Konjunkturpolitik führen das Wachstum Chinas in tiefe Gewässer. Natürlich könnte China seine Gesundheitspolitik oder die Wirtschaftspolitik ändern, aber es hat bereits die notwendigen Signale dafür erhalten und diesen Weg aus politischen Gründen nicht eingeschlagen“, so Melman. „In Europa, wo die Rezession droht, nimmt die Vorhersehbarkeit weiter ab, da die Energieversorgung geopolitischen Schwankungen ausgesetzt ist, insbesondere mit Blick auf das Aussetzen der russischen Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien. In den USA hält das Wachstum zwar weiterhin an (der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts  im ersten Quartal versteckte nach wie vor eine starke Binnennachfrage), die Aussichten bleiben jedoch aufgrund der Unsicherheit in Verbindung mit der Verschärfung der Geldpolitik der Federal Reserve (Fed) undurchsichtig.“

Zentralbanken im Kampf gegen die finanziellen Bedingungen

„Das quantitative Tightening der US-Notenbank beginnt bereits im Juni. Die Auswirkungen dieser Politik sind angesichts der Tatsache, dass es nur eine einzige Erfahrung gegeben hat, noch nicht gut unter Kontrolle. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird wahrscheinlich ihre Strategie noch weiter offenlegen müssen. Der Krieg in der Ukraine hat dem Wachstum in Europa einen Schock versetzt, dessen Auswirkungen je nach Land unterschiedlich ausfallen. Hinzu kommen das Ende der quantitativen Lockerung in Europa und das Programm zur Zinsanhebung, dessen jüngste Aussagen darauf hindeuten, dass die erste im Juli beginnen könnte“, erklärt der Experte.

„Es ist nicht unmöglich, dass der Markt die EZB testet. Solange sie nicht erklärt hat, wie sie die finanziellen Bedingungen verschärfen und dabei gleichzeitig die Auswirkungen auf die Spreads in den Peripherieländern begrenzen will, besteht die Gefahr, dass die strengeren finanziellen Bedingungen verschärft werden“, ist Melman überzeugt.

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„Vor diesem Hintergrund reduzierten wir unser Engagement in japanische Aktien. Obwohl wir hinsichtlich der Laufzeit weiterhin vorsichtig bleiben, haben wir die Bewertung der US-Staatsanleihen (vorzugsweise kurze und mittlere Laufzeiten) angehoben. Wir finden, dass der Markt viele Zinsanhebungen vorwegnimmt, während die US-Notenbank nach Erreichen des „neutralen“ Zinssatzes eine Pause in Aussicht stellt. Dieser liegt laut Jerome Powell zwischen zwei und drei Prozent – eine breite Spanne, wobei die Märkte Fed Funds vorwegnehmen, die darüber hinausgehen“, sagt Melman.