5. Februar 2020

Franklin Templeton: Diese drei globalen ETF-Trends dürften uns im Jahr 2020 beherrschen

Der Rückenwind, den börsengehandelte Fonds (ETFs) zu Beginn nicht nur des neuen Jahres sondern auch des neuen Jahrzehnts genießen, könnte kaum stärker sein. Im vergangenen Jahr überschritt das weltweit von ETFs verwaltete Vermögen (AUM) die Marke von sechs Billionen US-Dollar, während in Europa ein investiertes Volumen von mehr als eine Billion US-Dollar erreicht wurde.  Jason Xavier,  Head of EMEA ETF Capital Markets von Franklin Templeton sieht kaum Anzeichen auf ein Nachlassen dieses Interesses. Für das laufende Jahr sieht er vor allem nachfolgende drei Themen und Trends, die seiner Meinung nach 2020 von Bedeutung sein dürften:

ETF-Trend 1: Anleihen

Das von aktiven Renten-ETFs in Europa verwaltete Vermögen wird die Marke von 15 Mrd. USD überschreiten.

„Meine erste Prognose betrifft das Wachstum dieser Anlageklasse. Im vergangenen Jahr verzeichneten Renten-ETFs weltweit Zuflüsse in Höhe von mehr als 250 Milliarden US-Dollar, wodurch das verwaltete Vermögen dieser Kategorie auf fast 1,2 Billionen. US-Dollar weltweit stieg. Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von rund 30 Prozent.  Europäische Renten-ETFs verzeichneten letztes Jahr mit fast 54 Prozent ein höheres Wachstum und kamen zum Ende des Jahres auf ein investiertes Fondsvolumen (AUM) von ca. 260 Milliarden US-Dollar. Damit übertrafen sie das Wachstum von Aktien-ETFs innerhalb der Region.

Anleger aus sämtlichen Kundensegmenten setzen für Allokationen auf Rentenwerte weiterhin auf das Instrument ETF, da sie den konkreten Mehrwert schätzen, den die Struktur eines ETF mit ihrer Transparenz, Liquidität und Preisfindung bietet. Wie ich bereits in einem früheren Blog erwähnt habe, wird die von ETFs gebotene Demokratisierung der Preisfindung innerhalb der Investmentlandschaft für Anleihen von Kunden weiterhin sehr positiv aufgenommen. Wir beobachten, dass immer mehr Anleger beim Aufbau ihrer Portfolios auf Renten-ETFs setzen.

Auf fundamentaler Ebene ist das globale Wirtschaftswachstum weiterhin ein Thema, und Europa erscheint nach wie vor anfällig. Die Belastungen beziehen sich vor allem auf den Brexit-Prozess, die vor dem Hintergrund der Handelsspannungen zwischen den USA und China schwachen Fertigungszahlen in Deutschland und das Fehlen eines klaren Favoriten für die Nachfolge der im kommenden Jahr aus dem Amt scheidenden deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Daher sind wir der Ansicht, dass das weiterhin weltweit vorherrschende Niedrigzinsumfeld und die negative Lage in Europa auf die Notwendigkeit eines aktiveren Managementansatzes für den Umgang mit diesen Entwicklungen hindeuten. Die Lage bei aktiv verwalteten Renten-ETFs in Europa dürfte weiterhin durch die Fokussierung auf eine Erzielung von Renditen auf Barmittel dominiert werden, da Anleger kürzere Duration fordern[4] und sich hinsichtlich der Umsetzung die vorteilhafte Intra-Day-Liquidität der ETF-Struktur zunutze machen.

Außerhalb Europas haben vor allem die Kreditmärkte von den jüngsten Schwächephasen an den Aktienmärkten profitiert. Wir sind der Ansicht, dass sich diese Art der Rotation im Jahr 2020 vor dem Hintergrund von Phasen erhöhter Volatilität bei Aktien fortsetzen dürfte. Wir gehen davon aus, dass das Interesse am Sektor für US-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating zunehmen dürfte, da dieser Bereich Anlegern auf der Suche nach Erträgen außerhalb des Euroraums weiterhin Unterstützung bietet.

Diese Trends haben wir in der Tat bei unseren eigenen aktiven Rentenprodukte beobachten können, die nach Zuflüssen in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 nun ein weltweites Volumen von 2,4 Milliarden US-Dollar erreicht haben. Rentenwerte stellen eine Anlageklasse dar, in der ein aktives Management unserer Meinung nach ausgezeichnete Ergebnisse liefern kann“.

ETF-Trend 2: Nachhaltigkeit

Auf ESG ausgerichtete Strategien werden das am schnellsten wachsende Segment darstellen und die europäischen ETF-Emissionen im Jahr 2020 dominieren.

„Während Renten-ETFs 2019 die höchsten Kapitalzuflüsse erzielen konnten, wurde das Wachstum in Europa durch ETFs mit ESG-Ausrichtung dominiert. Im vergangenen Jahr stieg das verwaltete Vermögen von ESG-orientierten ETFs in Europa um 16 Milliarden US-Dollar bzw. um 150  Prozent, wodurch sich das nach ESG-Kriterien verwaltete Vermögen in Europa von rund 12 Milliarden US-Dollar zum Ende des Jahres 2018 auf 33 Milliarden US-Dollar erhöhte.[

Zahlreiche Faktoren bieten dem Wachstum nachhaltiger Finanzen weiterhin Unterstützung. Die Regulierungsmaßnahmen der Europäischen Union (EU) drängen nach wie vor auf einen nachhaltigen Finanzaktionsplan, und sowohl Regierungen als auch Zentralbanken schenken dem Klimawandel als systemisches Risiko mehr Aufmerksamkeit. Technologische Fortschritte in den Bereichen Big Data und künstliche Intelligenz füllen die Lücken bei der Erfassung der expliziten Risiken für eine Nutzung in eigenen Anlagen. Darüber hinaus finden globale demographische Veränderungen statt, die Auswirkungen auf Anlagen haben. Es wird ein bedeutender Vermögenstransfer auf eine neue Generation stattfinden, die in ein digitales Umfeld hineingeboren wurde.

Sowohl die Millennials als auch die nachfolgende Generation Z sind mit Technologie aufgewachsen und von ihr abhängig und daher ein aktives Publikum für Anlagen in und die Verfolgung von ETFs über mobile Geräte. Ich bin fest davon überzeugt, dass erhebliche Unterstützung für ein zunehmendes Emissionsvolumen ESG-orientierter ETFs bestehen dürfte – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass verschiedenste Studien aufgezeigt haben, dass Millennial-Anleger wertorientieren Anlagen hohe Priorität einräumen.

Ein potenzieller Faktor, der in dieser Diskussion zweifellos hervorsticht, ist der „Lagarde-Effekt“. Nachdem sie gegen Ende des vergangenen Jahres das Ruder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen hat, ist deutlich geworden, dass der Klimawandel für EZB-Präsidentin Christine Lagarde hohe Priorität hat und vermutlich in der weiteren Politik der EZB eine wichtige Rolle spielen wird.

Da der Spielraum für eine konventionelle Geldpolitik begrenzt ist, stellt sich für den Fall, dass die Wirtschaft der Eurozone ins Wanken gerät und eine mögliche Erweiterung der quantitativen Lockerung erfordert, die Frage: Wäre es möglich, dass Lagarde die Vermögenskäufe der Zentralbank auf ETFs ausweitet, und zwar insbesondere auf solche, die ihre Klimapolitik unterstützen?

Wir sind der Ansicht, dass sich viele Anleger bereits für eine solche Möglichkeit positioniert haben“.

ETF-Trend 3:  Faktor-ETFs

Faktorbasierte Anlagen und Faktor-ETF-Strategien werden uns dauerhaft begleiten.

„Wie vorstehend erwähnt, hat das verwaltete Vermögen europäischer ETFs im vergangenen Jahr die Marke von einer Milliarde US-Dollar überschritten, wodurch sich für die letzten zehn Jahre eine annualisierte Wachstumsrate von 25 Prozent ergibt. ESG-orientierte ETFs und Renten-ETFs waren in den letzten Jahren zwar stark vertreten, faktorbasierte bzw. Smart-Beta-ETFs haben jedoch immer noch die annualisierten Wachstumsraten bei passiven ETFs während der vergangenen zehn Jahre dominiert.

Smart-Beta-ETFs konnten im abgelaufenen Jahr ein Wachstum von 145 Prozent erzielen, nachdem 2018 eine Abkühlung verzeichnet worden war. Während der letzten zehn Jahre hat der Untersektor eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 34 Prozent erzielt, was den weitläufigen Anklang unter Anlegern widerspiegelt, die für die Gestaltung ihrer Anlageallokationen nach vielseitigeren fundamentalen Triebkräften Ausschau halten.

Das weiterhin von weltweit niedrigen Renditen geprägte wirtschaftliche Umfeld hat marktkapitalisierungsorientierten Strategien zwar zweifellos erhebliche Unterstützung geboten, immer mehr Anleger setzen jedoch auf Strategien, die sie vor einem konjunkturellen Abschwung schützen sollen.  Innerhalb der Smart-Beta-Landschaft haben Strategien, die einen Multi-Faktor-Ansatz mit Schwerpunkt auf qualitäts- oder risikogesteuerten Strategien beinhalten, die Kapitalströme während des vergangenen Jahres dominiert.

Wie zuvor dargestellt, bereitet das globale Wachstum Anlegern zu Beginn des Jahres 2020 weiterhin Sorgen, während die Eurozone vor einigen Herausforderungen steht. Gleichzeitig befindet sich die US-Wirtschaft zwar weiterhin inmitten der längsten jemals verzeichneten Wachstumsphase, zahlreiche Beobachter stellen inzwischen jedoch ihre weitere Tragfähigkeit in Frage. Die Verbraucherausgaben und der starke Arbeitsmarkt deuten auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends hin. Es wird jedoch deutlich, dass immer mehr Anleger auf nicht-traditionelle ETF-Strategien setzen, um am Aufwärtspotenzial zu partizipieren, gleichzeitig jedoch mögliche Rückgänge zu minimieren.

Wir konnten dies im vergangenen Jahr aus erster Hand bei unserer US-Multi-Faktor-Strategie beobachten. Dank erheblicher Kapitalzuströme stieg das verwaltete Vermögen dieses Produkts auf mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar, da Anleger verstärkt taktische Allokationen vornahmen, um sich die Vorteile der ETF-Struktur im Hinblick auf Transparenz, Liquidität und geringe Kosten zunutze zu machen.

Werden sich meine Prognosen als richtig erweisen? Wir werden es bald wissen! Bereits jetzt sieht es danach aus, als würde uns ein spannendes Jahr bevorstehen“