16. Februar 2022
Eine verrückte ETF-Idee.

Eine total verrückte ETF-Idee, die vielleicht gar nicht so verrückt ist

Suchst du nach Investment-Ideen etwas abseits vom Mainstream? Dann habe ich hier einen Vorschlag für dich. Der Ansatz mutet auf den ersten Blick womöglich etwas verrückt an, könnte aber eine interessante Inspiration bieten.

Die Zeit, in der wir leben, ist verrückt, nicht wahr? Erst legt eine Pandemie die ganze Weltwirtschaft lahm, dann erklimmen die Börsen in Rekordtempo neue Allzeithochs, nur um jetzt umzuschalten in eine Korrektur, von der noch niemand absehen kann, wie heftig sie wird oder wie lange sie dauert. 

Ukraine-Krise, Inflation, Zins *ängste – all das sind kurz gefasst die Gründe, warum die Börsen aktuell zittern. Wobei zittern sogar untertrieben ist. Schließlich hat es US-amerikanische Tech-Aktien in puncto Börsenkurs binnen weniger Monate aus dem Dachgeschoss schnurstracks in den Keller befördert. Zwischen 50 bis 80 Prozent Minus stehen hier bei den Werten aus der zweiten Reihe zu Buche. Waren solche Einbrüche nicht sonst immer nur Bitcoin und Konsorten vorbehalten?

KGV von 4 statt 20!

Wie dem auch sei, für all diejenigen, die zu 100 Prozent auf Tech gesetzt haben, heißt es: abwarten, Tee trinken – und vielleicht nochmal ein gutes Buch zum Thema Diversifikation zu Gemüte führen. Für all diejenigen, die aktuell über ein bißchen Cash * verfügen und noch etwas Inspiration benötigen – ich hätte da eine Idee. 

Auf den ersten Blick mag die Idee etwas verrückt anmuten, auf den zweiten Blick dürfte sie jedoch einleuchten. Denn in einer Welt, in der etliche fundamentale Kennzahlen darauf hindeuten, dass einige Aktienmärkte (wie zum Beispiel der amerikanische) sportlich bewertet sind, gibt es einige andere Indizes, von denen man genau das Gegenteil behaupten kann. Nur mal zum Vergleich: Der S&P 500 hat ein Durchschnitts-KGV von 20. Der MSCI Russia hingegen kommt auf ein KGV von 4,3. Das bedeutet: Für russische Aktien muss man aktuell das Vierfache ihres Jahresgewinns berappen, für US-Aktien das 20-fache. 

Und damit ist die Katze aus dem Sack: Meine total verrückte ETF-Idee, die gar nicht so verrückt ist, ist ein Investment in den russischen Aktienmarkt. An dieser Stelle muss direkt der Hinweis kommen, dass man Politik und Börse strikt voneinander trennen muss – auch wenn es schwerfällt. Weder bin ich ein Befürworter der russischen Politik, noch heiße ich den aggressiven Kurs Putins in puncto Ukraine gut. Doch darum geht es hier nicht in erster Linie, sondern darum in einem Anlageumfeld, in dem viele Aktien weltweit definitiv nicht mehr billig sind (und somit das Chance-Risiko-Verhältnis oftmals nicht mehr gut ist) eine Möglichkeit zu eruieren, um Geld rentabel anzulegen. Und da ist ein Index wie der MSCI Russia aktuell durchaus einen Blick wert. 

Tipp: Jeden Mittwoch relevante Infos! Melde dich hier kostenlos für unseren wöchentlichen extraETF-Newsletter an.

Ist die Idee wirklich so verrückt?

Der MSCI Russia ist übrigens ein Index, der 26 Large Caps und Mid Caps aus Russland enthält. Zu den Unternehmen zählen Sberbank, Gazprom, Lukoil, Yandex oder die TCS Group. Insbesondere also Energie- und Finanzunternehmen. Die beiden Branchen machen insgesamt 70 Prozent des gesamten Index aus. Wer breit diversifizieren will, ist hier also an der falschen Adresse. Ein Investment in den MSCI Russia kann und darf folglich nur eine kleine spekulative Beimischung im Portfolio sein. Alles andere wäre in der Tat verrückt!

An dieser Stelle wird es Zeit, einen kleinen Disclaimer einzuschieben. Sowohl die TCS Group als auch den MSCI Russia prüfe ich aktuell auch als Anlage für mein eigenes Portfolio. Wer wissen möchte, wie ich grundsätzlich investiere und welche Werte ich sonst noch auf der Watchlist habe, kann dies hier nachlesen. Wichtig: Ich habe mich noch nicht entschieden, aber als kleine Beimischung könnte eine Position in Russland durchaus ihren Charme haben – und ökonomisch sinnvoll sein. 

Denn die Kurse russischer Aktien sind zuletzt stark zurückgekommen. Das hängt freilich mit der russischen Ukraine-Politik zusammen. Das Worst-Case-Szenario (in humanitärer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht) wäre eine kriegerische Auseinandersetzung mit der NATO. Niemand weiß, wie es kommt. Doch eins ist sicher: Kommt es nicht dazu, werden russische Aktien sehr wahrscheinlich wieder kräftig anziehen.

Denn wirtschaftlich betrachtet geht es Russland gut. Das Wachstum stimmt, die Inflation ist unter Kontrolle, viele Unternehmen florieren. Zum Beispiel die Sberbank, die übrigens gar keine reinrassige Bank mehr ist, sondern ein Mix aus Bank, E-Commerce und Payment-Anbieter. Ein KGV von 4 für ein prognostiziertes Umsatzwachstum von etwa 10 Prozent in den kommenden drei Jahren – das ist definitiv nicht teuer. Und wenn man sich weitere Firmen wie Yandex oder TCS Group anschaut, so sind in Russland erstaunlich innovative Plattformunternehmen beheimatet. 

ETFs gibt es übrigens genug auf den MSCI Russia. Ich habe beispielhaft den Lyxor MSCI Russia ausgewählt (WKN: LYX0XV ). Der ETF bildet den Index synthetisch nach, Erträge werden thesauriert, die Gesamtkostenquote beträgt 0,65 Prozent pro Jahr. Auf Sicht von drei Monaten steht ein Minus von mehr als 12 Prozent zu Buche. Wird die Kriegsgefahr gebannt, könnten risikoaffine Anleger, die sich dem Währungsrisiko bewusst sind, auf einen Rebound spekulieren.