16. April 2015
ETF steigend klein

Entscheidungen ohne Emotionen treffen

Viele Emittenten nehmen synthetische Indexfonds aus dem Programm. Doch der Fokus auf physisch replizierende ETFs ist nicht immer gut für die Anleger.

Das Misstrauen der Anleger in die Finanzmärkte sitzt tief und macht auch vor passiven Produkten nicht Halt. Und das hat dazu geführt, dass zuletzt vermehrt Emittenten von börsennotierten Indexfonds (ETFs) dazu übergegangen sind, deren Konstruktion zu verändern: Weg von synthetischen, zurück zu physisch replizierenden ETFs, lautet die Devise. Manche Häuser bieten diesem Trend entsprechend gar keine synthetischen ETFs mehr an und haben die Produkte in diesem Zuge umgestellt.

thomas buckard  

Thomas Buckard

Pinatrelli Finanz-

dienstleistungs AG

 

Doch warum ist das so? Gerade für Privatanleger scheinen physisch replizierende ETFs transparenter und verständlicher. Schließlich kauft der Emittent hier die Werte eines Index‘ entsprechend ihrer Gewichtung, während der synthetische Indexfonds den Index über Derivate nachbildet – also mithilfe von Produkten, die seit der Finanzkrise in keinem allzu guten Ruf stehen.

Dabei kann der Einsatz von synthetischen ETFs für Anleger durchaus gewinnbringend sein. Durch die Verbindung mit einem Swap-Geschäft kann der synthetische ETF Schwankungen in der Wertentwicklung bis zu einem gewissen Grad insofern ausgleichen, dass es beispielsweise keine Zeitverzögerung bei der Reinvestition von Dividenden und damit Verluste gibt. Deshalb bewegt sich ein solches Konstrukt in der Regel noch näher an der tatsächlichen Entwicklung des Zielindex‘ als der physisch replizierende, da ungewollte Abweichungen aufgrund von Nachbildungsfehlern (Tracking Error) so gut wie ausgeschlossen sind.

Ein weiterer Vorteil von synthetischen ETFs ist die steuerliche Behandlung. Im Mittelpunkt dabei steht, dass bei dieser Indexfonds-Konstruktion die Dividende als Kursgewinn betrachtet wird und nicht als Dividende wie beim physisch replizierenden ETF. Das heißt, dass synthetische ETFs nicht jährlich steuerlich belastet werden. Es fällt erst Abgeltungsteuer auf die Gewinne an, wenn der Fonds veräußert wird. Durch den Wiederanlageeffekt der gestundeten Abgeltungsteuer (zugegebenermaßen ist dieser derzeit sehr gering) über die Jahre hinweg wird die Nachsteuerrendite verbessert.

Wer auf physische Konstruktionen setzen möchte, sollte bei jenen mit einem hohen Anteil ausländischer Papiere die Augen offen halten. Ihre Performance auf der Grundlage von Aktienindizes einschließlich ausländischer Unternehmen weicht häufig von der Indexrendite ab. Das hat folgenden Grund: Die abgeführte Quellensteuer auf Dividendenzahlungen wird nur zum Teil erstattet, und zwar ausschließlich im Rahmen der Jahressteuererklärung des Aktionärs. Hier bieten die Swap-basierten Indexfonds einen deutlichen Vorteil – nicht nur monetär, sondern auch, was den bürokratischen Aufwand angeht.

Das bedeutet natürlich nicht, dass nur synthetische ETFs eine Existenzberechtigung haben. Für sehr sicherheitsbewusste Anleger bieten physisch replizierende Produkte neben einer besseren Verständlichkeit auch einen (zumindest kleinen) Sicherheitsvorsprung. Da bei einem synthetischen ETF die Rendite aus der Kreditwürdigkeit des Swap-Partners entspringt, sollten Anleger diesem Engagement vertrauen.

Investoren sollten sich vor jedem ETF-Investment fragen, welche Ansprüche sie an ihr Portfolio stellen: Wollen sie höchstmögliche Wertetreue oder sehr indexnahe Rendite? Wollen sie eine Konstruktion ohne Derivate oder Renditeoptimierung durch Steuervorteile? Wer diese und mehr Fragen für sich beantwortet, kann die Entscheidung zwischen synthetischen und physisch replizierenden ETFs für sich sinnvoll und ohne Emotionen treffen.