19. Dezember 2022
Invesco legt globale Sektor-ETFs mit ESG-Komponente auf

ESG und Co.: So wird Greenwashing bei Finanzprodukten der Kampf angesagt

Viele Anbieter von Finanzprodukten bewerben ihre Angebote als nachhaltig oder ESG-konform. Doch häufig verbirgt sich dahinter weniger Nachhaltigkeit als gedacht. Strengere Regeln sollen Anlegerinnen und Anlegern die Möglichkeit geben, ihre Investitionen zu überdenken.

Die Europäische Marktaufsichtsbehörde European Securities and Markets Authority (Esma) überarbeitet derzeit die Regeln für die Fonds, die nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert sind. Als Reaktion darauf, begannen zahlreiche Anbieter damit, ihre Fonds auf Artikel 8 zurückzustufen. Das wiederum veranlasste die Esma nun auch die Regeln von Artikel 8 auf den Prüfstand zu stellen. Doch was verbirgt sich hinter den Artikeln, ihren Regeln und der EU-Offenlegungsverordnung?

Was ist die EU-Offenlegungsverordnung?

Die Verordnung der EU über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), trat am 10. März 2021 als Teil eines großen EU-Aktionsplans in Kraft. Ziel ist es, die Anlegerinnen und Anleger darüber zu informieren, wie stark Finanzprodukte die ESG-Richtlinien befolgen. ESG steht für Environmental, Social and Governance, zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Immer mehr Anbieter bringen Nachhaltigkeitsfonds auf den Markt, es aber fehlt an definierten und vor allem einheitlichen Regeln, was nachhaltig ist und was nicht.

Das macht es Investoren schwer zu erkennen, ob sich hinter ihren gewählten nachhaltigen Finanzprodukten auch wirklich Nachhaltigkeit verbirgt. Im schlimmsten Fall zieren die Anbieter ihre Produkte mit einem grünen Nachhaltigkeitssiegel – Nachhaltigkeit ist aber nicht ihr Anlageziel. Hier bedarf es Transparenz und die hat sich die SFDR auf die Fahnen geschrieben. Dazu müssen Vermögensverwalter und Anlageberater offenlegen, wie sie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen. Vermögensverwalter müssen außerdem transparent über ihre Vergütungsrichtlinien bezüglich der Integration von Nachhaltigkeitsrisiken Auskunft geben. Außerdem müssen sie ihre Produkte bestimmten Kategorien zuordnen. Dazu hat die SFDR drei Produktkategorien bzw. Artikel festgelegt:

Artikel 6

Diese hier klassifizierten Produkte berücksichtigen ESG-Risiken in ihren Entscheidungsprozessen oder aber erläutern, warum Nachhaltigkeitsrisiken irrelevant sind. Die Kriterien der anderen beiden Artikel erfüllen die Produkte nicht. Sie dürfen nicht mit „Nachhaltigkeit“ oder „ESG“ beworben werden.

Artikel 8

Das Hauptziel dieser Fonds ist nicht Nachhaltigkeit, dennoch fördern sie ESG-Werte und investieren ggf. in nachhaltige Anlagen. Hierbei spricht man von hellgrünen Produkten.

Artikel 9

Das Anlageziel dieser Produkte ist Nachhaltigkeit, zum Beispiel haben sie sich der Reduktion von Emissionen verschrieben. Diese Fonds werden als dunkelgrün bezeichnet.

Tipp: Hier erfährst du alles, was du über das Investieren in Nachhaltigkeits-ETFs wissen musst.

Bessere Beurteilung durch Anleger

Durch die Klassifizierung sollen Investoren besser beurteilen können, ob ihre gewählten Anlageprodukte mit ihren individuellen Anlagezielen übereinstimmen und ihnen die Möglichkeit geben, die Produkte besser miteinander vergleichen zu können. Das aktuelle Überarbeiten der Regeln durch die Europäische Marktaufsichtsbehörde hat bereits dazu geführt, dass viele Anbieter ihre Anlageprodukte anstatt in Kategorie 9 in Artikel 8 einordnen. Experten vermuten, dass durch die Überarbeitung der Regeln für Artikel 8 – verschiedene Quellen sagen, dass die Produkte nach der Neudefinition zu 40 Prozent nachhaltige Vermögenswerte nach EU-Definition halten müssen – zahlreiche Produkte auf Artikel 6 heruntergestuft werden. Das Analyseunternehmen Morningstar schätzt, dass nur 18 Prozent der aktuell vier Billionen Euro schweren Fonds, die momentan in Kategorie 8 fallen, diese neuen Kriterien einhalten würde. Alle anderen würden in Artikel 6 eingeordnet werden, und dürften damit nicht mehr als nachhaltig vermarktet werden oder sich mit einem ESG-Siegel schmücken.

Für Anleger bedeutet das, dass die Produkte, in die sie investieren ggf. neu bewertet werden. Sie sollten das im Auge behalten und unter Umständen über einen Wechsel zu anderen Fonds nachdenken, wenn ihnen Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt.

Nachhaltigkeit 2023: Was könnte kommen?

Der EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums hat neben der Offenlegungsverordnung noch weitere zur Folge, zum Beispiel die im Januar 2022 in Kraft getretene Taxonomie-Verordnung. Sie definiert die exakten ökologischen Kriterien bzgl. der Wirtschaftsaktivitäten für Anlagezwecke. Hier sollen weitere Verordnungen folgen, die ebenfalls strengere Regeln und klarer definierte Ziele vorgeben. Was davon im kommenden Jahr umgesetzt wird, ist noch nicht klar. Allerdings deutet das konsequente Handeln der Esma daraufhin, dass sich auch 2023 wieder einiges in Bezug auf ESG-Werte und nachhaltiges Anlegen ändern wird.