5. Juli 2011
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ETF-Strategien mit System: Short-ETFs - Profit im Umkehrverfahren

Wer langfristig und berechenbar investieren will, braucht einen Plan und eine Strategie. Dabei geht es nicht immer nur um höhere Renditen, sondern auch um Sicherheit und Berechenbarkeit. Wir stellen in unserer Reihe Anlagestrategien Möglichkeiten zur Optimierung eines ETF-Investments vor.

Von fallenden Kursen profitieren und Erträge generieren, wenn andere verlieren. Mit ihrer Umkehrwirkung und zu äußerst günstigen Kosten eignen sich Short-ETFs für Zusatzgewinne und zur Depotabsicherung. Ihr Einsatz ist jedoch begrenzt.

Wenn die Kurse fallen, freut sich derjenige, der in seinem Portfolio vorgesorgt hat – mit einem Short-ETF, der im Abwärtstrend Gewinne einfährt und somit die Verluste auf der Long-Seite ausgleicht. Short-ETFs steigen in dem Maße, wie der zugrundeliegende Index fällt. Damit kann sich ein Anleger etwa bei einem Crash am Aktienmarkt beruhigt zurücklehnen, während alle anderen gespannt auf eine rasche Trendwende hoffen. So sorgten 2008, als mit der Finanzkrise die Kurse weltweit reihenweise einbrachen, zum Beispiel der Short-DAXETF oder EuroStoxx 50 Short-ETF von db x-trackers ebenso für ein sattes Plus wie Short-ETFs auf die Bankenbranche.

Erweitertes Angebot

Mit der Einführung von Short-ETFs war das Prinzip von Leerverkäufen nicht mehr nur ausgefuchsten Börsenprofis zugänglich. Zudem bergen ETFs auf Short-Indizes weniger hohe Risiken als klassische Derivate. ETF-typisch: Das Kapital ist vor Insolvenz geschützt. Und im Gegensatz zu Optionsscheinen oder Futures gibt es weder Zeitwert noch Rollverluste. Short-ETFs gibt es auf die verschiedensten Indizes: Aktien, Devisen, Rohstoffe und inzwischen sogar Anleihen. Das lange Zeit begrenzte Angebot an attraktiven Produkten hat sich deutlich erweitert – auch bei ComStage. Vor wenigen Wochen erst brachte die Commerzbank-Tochter mit dem ComStage ShortDAX den jüngsten Short-ETF auf den Markt. Damit lassen sich in volatilen Marktphasen Rücksetzer ausgleichen. Allerdings gibt ComStage-Chef Thomas Meyer zu Drewer zu bedenken: „Short-ETFs sind vorwiegend für erfahrene und risikobewusste Investoren geeignet, die sich mit dem Produkt beschäftigen und eine klare Marktmeinung haben. Für den klassischen Privatanleger ist das eher nichts.“ Anders als reguläre, langfristig ausgelegte ETFs sind sie kurzfristige, taktische Trading-Produkte, die eine gewisse Herausforderung darstellen. Der Grund liegt in ihrer spezifischen Funktionsweise.

Grundprinzip Leerverkauf

Das Prinzip ist zunächst relativ einfach und entspricht einem Leerverkauf. Der Anleger bzw. der Fondsverwalter leiht sich Aktien oder einen Aktienkorb von einem anderen Investor und verkauft sie in der Hoffnung, dass die Kurse weiter fallen. Denn letztlich will er die Papiere möglichst günstig wieder zurückkaufen. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis ist der Gewinn – abzüglich einer Leihgebühr. Da das Geld nicht in Aktien investiert wird und der Verkauf der im Index enthaltenen Aktien ein Leerverkauf ist, werden obendrein Zinsen am Geldmarkt erwirtschaftet, die der Anleger zusätzlich erhält. Und zwar in Höhe des doppelten Tagesgeldzinssatzes. So weit, so einfach.

Details beachten

Im Detail jedoch sind einige Besonderheiten zu beachten, die einen derartigen Handel kompliziert gestalten. So ist allein schon der richtige Zeitpunkt entscheidend. Der Anleger muss den unteren und oberen Wendepunkt einer Kursentwicklung genau erkennen. Da dies in der Regel nicht einfach ist, empfiehlt es sich, beim Ein- und Ausstieg sicherheitshalber schrittweise vorzugehen. Mit ihrer Umkehrwirkung werden Short-ETFs gerne zur Absicherung von Depots genutzt. Dies gelingt jedoch nur, wenn dessen Struktur mit dem Index übereinstimmt, der durch ein Short-Produkt abgedeckt wird. Hier kommt es darauf an, die Zusammensetzung der jeweiligen Indizes zu kennen.

Nicht immer eins zu eins

Erklärungsbedürftig ist zudem, dass Short- ETFs mit ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten die Wertentwicklung nicht unbedingt spiegelbildlich eins zu eins abbilden und schon bald nicht mehr mit der erwarteten Performance übereinstimmen. „Das muss man täglich überprüfen und regelmäßig

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adjustieren“, sagt Thomas Meyer zu Drewer von ComStage und verweist auf den sogenannten Basiseffekt. „Wenn etwa der DAX um ein Prozent fällt, steigt der Short- DAX um ein Prozent. Auf Tagesbasis erfüllt das Produkt also exakt seine Aufgabe. Am nächsten Tag aber geht das wieder von der niedrigeren Basis des Schlusskurses vom Vortag aus weiter. Und da diese Basis jedes Mal verändert ist, kommt es nach geraumer Zeit zu deutlichen Abweichungen.“ Dass sich die Short-Funktion stets tagesaktuell ergibt und durch die weitere diskontinuierliche Berechnung nicht von der Ausgangsbasis her gerechnet wird, erweist sich beim gegenläufigen Trend als günstig. Kurzfristig können also Short-ETFs die inverse Entwicklung zu einem Index nachvollziehen und spontane Abwärtsphasen ausnutzen. Langfristig jedoch stößt dieser Effekt an seine Grenzen und wirft die Frage nach dem Nutzen für den durchschnittlichen Privatanleger auf. „Da auf lange Sicht die Kurse tendenziell steigen, würde eine permanente Investition in Short-ETFs mehr kosten als nutzen“, räumt Meyer zu Drewer ein.

Fazit:

Für erfahrene und institutionelle Anleger kann sich der taktische und kurzfristige Einsatz von Short-ETFs lohnen – auch zur Absicherung eines Depots. Weniger versierte Investoren sollten eher auf die Expertise einer Fondsverwaltung setzen. Wer aber eine auf Dauer exakt spiegelbildliche Wiedergabe der Wertentwicklung erwartet, der dürfte enttäuscht werden. Short-ETFs sind eben keine Terminkontrakte, die übrigens ein sehr hohes Risiko mit sich bringen. Insgesamt sind die Kosten auch für Short- ETFs äußerst günstig. Im Durchschnitt liegen sie bei 0,4 Prozent pro Jahr. Beim ComStage ShortDAX sind 0,3 Prozent fällig.

Leerverkauf

Wenn ein Anleger Aktien direkt oder auf Termin verkauft, ohne in Besitz dieser zu sein, tätigt er einen Leerverkauf. Der Investor spekuliert dabei auf fallende Kurse. Tritt dieses Szenario ein, erwirbt er die Aktien sofort oder bis zum Fälligkeitstermin zu einem niedrigeren Kurs als zum ausgehandelten Verkaufspreis. Die Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufpreis verbleibt dem Investor als Gewinn bzw. Verlust. Leerverkäufe können als Kassa- oder Termingeschäft ausgestaltet sein. Hierbei handelt es sich um sehr kurzfristige Geschäfte. Aus einem Leerverkauf entsteht eine sogenannte Short-Position.