19. Oktober 2011
RAFI Index

ETF-Strategien: RAFI Vorteil mit fundamentalen Werten

Wer langfristig und berechenbar investieren will, braucht einen Plan und eine Strategie. Dabei geht es nicht immer nur um höhere Renditen, sondern auch um Sicherheit und Berechenbarkeit. Wir stellen in unserer Reihe Anlagestrategien Möglichkeiten zur Optimierung eines ETF-Investments vor.

Teil 6: RA FI – Vorteil mit fundamentalen Werten

Günstige Titel werden hoch gewichtet, teure spielen eine Nebenrolle. Bei RAFI-ETFs funktioniert der Index anders. Statt Börsenwerten kommen Fundamentaldaten zum Einsatz. Noch ist das Angebot klein. RAFI-ETFs sind jung und wenig bekannt. Doch das Ergebnis überzeugt.

Bei den meisten Aktienindizes wie Stoxx oder DAX richtet sich der Stellenwert der darin enthaltenen Aktien nach deren Börsenwert. Der Index wird also durch die Marktkapitalisierung bestimmt. Diese traditionelle Form der Gewichtung bildet zwar das Marktgeschehen ab, birgt aber das Risiko, dass bei Marktübertreibungen verschiedene Titel und Segmente über- oder unterbewertet sind und der Marktwert mit den tatsächlichen Unternehmensdaten nicht zu rechtfertigen ist. Wie sehr die Indexperformance darunter leiden kann, lässt sich nicht nur an der IT-Blase vor über zehn Jahren ablesen, als gigantisch aufgeblähte Börsenwerte platzten. Auch bei weniger spektakulären Übertreibungen bringen zu hoch bewertete Titel stets unterdurchschnittliche und zu niedrig bewertete Aktien überdurchschnittliche Gewinne, wenn sie nach einer gewissen Zeit wieder zu ihrem fairen Wert zurückkehren.

Unternehmensdaten statt Börsenfieber

Diese Erfahrung war für das US-Unternehmen Research Affiliates Anlass, einen Index zu konstruieren, der sich von der Marktkapitalisierung und deren potenziellen Gefahren abkoppelt. Das Ergebnis war der RAFI-Index, der von Financial Times Stock Exchange (FTSE) berechnet wird und 2005 auf den Markt kam. Für viele bedeutet diese Loslösung von Börsenspekulationen eine Revolution. Bei RAFI-Indizes spielen Börsenwerte keine Rolle. Was zählt, sind rein fundamentale Unternehmenswerte: Umsatz, Geldfluss aus dem laufenden Geschäft (Cashflow), Dividendenrendite sowie das Kurs-Buchwert-Verhältnis. Diese Kennzahlen werden jährlich den Firmenbilanzen entnommen und gleichgewichtet in die Indexanalyse einbezogen. Damit werden Trends und Modeeffekte vermieden, bei denen etwa hoch bewertete Aktien immer attraktiver werden und letztlich in der Relation ein viel zu hohes Gewicht bekommen, während kleinere, aber fundamental aussichtsreiche Unternehmen mit Kurspotenzial unterbewertet bleiben.

Antizyklisches Portfolio

Mit den Fundamentaldaten als Basis und einer regelmäßigen Gleichgewichtung der Titel gerät ein ETF-Anleger, der in einen bestimmten Index investiert, nicht mehr in die Situation, tendenziell in teuren Aktien zu stark und in günstigen zu wenig engagiert zu sein. Aktien, deren Kurse zuvor besser liefen, werden heruntergewichtet, und diejenigen, die zuvor stärker als ihre Fundamentaldaten fielen, werden höher gewichtet. Wenn sich durch diese Art mean reversion ein antizyklisches Portfolio ergibt, bekommen unbeliebte Substanzwerte im Index ein Übergewicht. „Studien zeigen, dass Aktien, die hinter der Entwicklung zurückgeblieben sind, sich anschließend wieder besser entwickeln als die, die sich bereits zuvor gut entwickelt hatten“, sagt Steffen Scheuble vom Index-Anbieter Structured Solutions.

Bessere Performance

Tatsächlich lag die die jährliche Performance der fundamental gewichteten Indizes im Schnitt um circa zwei Prozent höher. Dies zeigt jedenfalls eine simulierte Rückrechnung von Research Affiliates über 40 Jahre bis zur Markteinführung der RAFIIndizes. Auffallend dabei: In Zeiten fallender Aktienkurse war der Renditevorsprung besonders groß. Aus Sicht des deutschen Anlegers bestätigt sich dieser Vorteil auch bei den beiden hierzulande operierenden ETF-Anbietern auf die FTSE-RAFI-Familie Lyxor und Powershares. So verweist etwa Invesco Powershares – zweitgrößter amerikanischer ETF-Anbieter – bei seinem FTSE-RAFI US 1000 auf eine Rendite von 23,1 Prozent, und zwar über den Zeitraum von fünf Jahren seit dessen Einführung im Dezember 2005. Im Vergleich brachte es der S&P 500 auf lediglich 11,99 Prozent. Ähnlich das Bild beim FTSE-RAFI Europe. Auch er zeigt einen klaren Vorsprung gegenüber dem MSCI Europe Index (siehe Grafik).

Neu, einfach und transparent

Für den ETF-Spezialisten bei Invesco Asset Management Thibaud de Cherisey sind RAFI-ETFs eine Art Revolution: „Sie sind stabil, richten sich nicht nach Marktlaunen, sondern rein nach der Stärke von Unternehmen, vermeiden Volatilität, sparen Kosten und bringen höhere Erträge.“ Die Tatsache, dass sich das Angebot trotz dieser Vorteile auf einige wenige Produkte beschränkt, führt er unter anderem auf die relativ kurze Zeit seit deren Einführung zurück: „Die Produkte sind noch sehr neu. Sie sind zwar einfach und transparent, doch es dauert eben seine Zeit, bis die Botschaft bei den Anlegern ankommt. Dabei ist es lediglich ein anderer Ansatz. Insgesamt aber verzeichnen wir große Zuwächse – gerade durch institutionelle Investoren, die darin eine ideale Bereicherung in der Diversifikation erkennen.“

RAFI: Echte ETFs

Bei allen Vorzügen – ob ETFs auf RAFI Indizes noch der reinen Lehre des passiven Investments entsprechen, ist in der Fachwelt umstritten. Durch die Abkehr vom Marktgeschehen und die Verwendung bestimmter fundamentaler Kriterien rücken sie näher an die Vorgehensweise von Fondsmanagern heran, die mit ähnlichen Ansätzen eine gezielte Aktienauswahl treffen. Gleichzeitig jedoch handelt es sich nach wie vor um einen Index, der passiv von einem ETF abgebildet wird. Der einzige Unterschied liegt im Schwerpunkt seiner Zusammenstellung. „Ein anderer Ansatz“, wie Thibaud de Cherisey sagt. „Der Index beinhaltet aber dasselbe Universum. Und wer sagt denn, dass zur tatsächlichen Darstellung eines Marktes allein nur die Börsenwerte ausschlaggebend sind?“ Auch Steffen Scheuble von Structured Solutions kann die Kritik nicht verstehen: „RAFI-ETFs sind echte ETFs“, sagt er. „Sie bilden einen Index ab, der eben regelbasiert ist – und das transparent.“ Insgesamt sind RAFIETFs eine interessante und noch junge Alternative im Portfolio. Und im Vergleich zu aktiv gemanagten Produkten kosten sie mit einer jährlichen Managementgebühr von weniger als einem Prozent nur einen Bruchteil eines aktiv gemanagten Fonds.

Weitere interessante Investment Möglichkeiten finden Sie in unserem ETF-Anlageleitfaden. Dieser erleichtert Ihnen den Einstieg in die Welt der Exchange Traded Funds (ETFs). Wir stellen Ihnen darin die Anlegemöglichkeiten einzelner Länder, Regionen, Sektoren oder Investmentthemen vor.

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