21. August 2021
Aktiensparpläne – sind sie wirklich sinnvoll?

ETFs und Aktien: Gehören Aktiensparpläne wirklich in ein ETF-Depot?

Immer mehr Banken und Neo-Broker bieten neben ETF-Sparplänen auch Aktiensparpläne an. Die Frage ist nur: Ist das sinnvoll? Sollten Anleger ihr ETF-Depot um Sparpläne auf Einzelaktien erweitern? 

Immer mehr Banken und Broker bieten die Möglichkeit, Aktiensparpläne anzulegen. Das steigende Angebot trifft auf eine rege Nachfrage. Immer mehr Anleger machen von der Möglichkeit Gebrauch. Eine Google-Analyse, die wir von extraETF vorgenommen haben, zeigt, dass Werte wie Tesla (WKN:A1CX3T) , Amazon (WKN:906866) , Apple (WKN: 865985) , aber auch Nvidia (WKN: 918422) oder die Allianz (WKN: 840400)  für deutsche Anleger begehrte Sparziele darstellen.

Damit machen die Einzeltitel prinzipiell auch ETFs Konkurrenz. Auch wir tragen der erhöhten Nachfrage Rechnung und haben auf extraETF.com die Möglichkeit eingerichtet, die Konditionen der Banken und Broker in puncto Aktiensparplänen zu vergleichen. Wir beleuchten die relevantesten Vor- und Nachteile von Aktiensparplänen und zeigen, worauf Anleger bei der Entscheidungsfindung achten sollten.

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Pro Aktiensparpläne: Schnellboote für Ihr ETF-Depot

Kommentar von extraETF-Chefredakteur Timo Baudzus

Sicherlich ist Ihnen der Begriff Core-Satellite vertraut. Bei der Core-Satellite-Strategie ergänzen Sie ein breit gestreutes ETF-Portfolio um mehrere Satelliten-Investments, beispielsweise Themen-, Länder- oder Faktor- ETFs. Aus meiner Sicht ein absolut sinniges Konzept. Nur mit der Metapher des Kerns und der Satelliten konnte ich noch nie viel anfangen. Besser gefällt mir das Bild eines Flottenverbunds. Im Zentrum ein stabiler, leistungsstarker Tanker, flankiert von mehreren flexiblen und agilen Schnellbooten.

Diese Metapher wurde in den vergangenen Jahren häufig bei der Restrukturierung von Organisationen verwendet, die sich für den digitalen Wandel rüsten möchten. Dieses Bild lässt sich jedoch sehr gut in den Bereich des Portfoliomanagements übertragen. Meine These: Aktiensparpläne eignen sich neben Themen- und Länder-ETFs bestens als Schnellboote in einem Portfolio.

Eine Frage der richtigen Dosierung

Natürlich muss man aufpassen, dass man Klumpenrisiken vermeidet und nicht genau jene Aktien bespart, die ohnehin in vielen ETFs vertreten sind. Und natürlich erfordert es auch mehr Knowhow, geeignete Unternehmen zu selektieren, denen man zutraut, dass sie sich überdurchschnittlich gut entwickeln. Mir sind auch die zahlreichen Studien geläufig, die belegen, dass Einzelinvestments auf lange Sicht keinen signifikanten Mehrwert im Vergleich zu einem passiven Investmentansatz mit ETFs versprechen. Allerdings möchte ich mich hier in meinem Plädoyer für Aktiensparpläne nicht allein auf vergangenheitsbezogene Statistiken beschränken.

Schließlich sorgt die intensive Beschäftigung mit der Wirtschaft im Allgemeinen, mit der strategischen Ausrichtung von Unternehmen und der Analyse von Einzelwerten auch dafür, dass Anleger ein besseres Verständnis für die Börse und Aktien im Besonderen aufbauen. Dies ist ein Mehrwert, der sich zwar nicht quantifizieren lässt, aber den man nicht wegdiskutieren kann. Geht man damit ein höheres Risiko ein, sich die Finger zu verbrennen? Ja! Sollte dies allein der Grund sein, sich gegen den Einsatz von Aktiensparplänen auszusprechen? Nein!

Denn seien wir mal ehrlich – ist es für den gesamten Flottenverbund tatsächlich von Bedeutung, wenn eins der Beiboote einmal kentert? Nicht wirklich! Mit der richtigen Dosierung der entsprechenden Sparbeiträge sollte dies im Gesamtportfolio keine extremen Unwuchten erzeugen. Zumal es ohnehin attraktiver ist, den Blick in Richtung der Chancen zu lenken. Und davon gibt es aktuell sehr viele.

Tipp: Mit dem extraETF Finanzmanager können Sie Ihre Portfolios überwachen & analysieren, Klumpenrisiken erkennen und Watchlists für Ihre Wertpapierlieblinge anlegen.

Rasante Innovationsdynamik

Schließlich erleben wir momentan eine der spannendsten Umbruchzeiten. Neue Geschäftsmodelle wie die Plattformökonomie und die rasante technologische Entwicklung in vielerlei Gebieten sorgen für eine Innovationsdynamik, die ihresgleichen sucht. Die Chancen für kleine Unternehmen, zu wachsen und sich womöglich binnen kürzester Zeit zu Global Playern zu entwickeln, sind so gut wie nie zuvor.

Diese Perlen zu finden erfordert jedoch Recherche und ein solides Wissensfundament. Wer hier allerdings Zeit und Energie investiert, demütig bleibt, sich vor Goldgräberstimmung hütet und sich bei dem ersten Kursverdoppler nicht sofort für den nächsten Warren Buffett hält, der wird mit Aktiensparplänen langfristig mehr gewinnen als verlieren.

Contra Aktiensparpläne: Finger weg von Einzelaktien

Kommentar extraETF-Vize-Chefredakteur Thomas Brummer

Aktien eignen sich prima für den Vermögensaufbau. Die Betonung liegt hierbei auf der Mehrzahl, es braucht ganz viele Aktien und nicht ein, zwei oder drei. Denn nur dann sind langfristige Jahresrenditen von fünf bis sieben Prozent mit relativ großer Wahrscheinlichkeit drin.

Was, nur fünf Prozent? Natürlich kann mit einer Einzelaktie im Sparplan viel mehr gehen, aber das Dumme daran ist immer: Man weiß erst hinterher, welche Aktie hätte bespart werden müssen, um am Ende auf der Gewinnerseite zu stehen. So einfach das hinterher oft aussehen mag, so schwer ist die Realisierung. Die Zukunft ist nun einmal nicht zuverlässig vorherzusehen und schon gleich gar nicht bei einem derart komplexen Zusammenspiel aus Innovation, Verbraucherwünschen, Vermarktung, Politik und diversen Zufällen sowie nicht vorhersehbaren Ereignissen.

Oder hätten Sie sich vor zwei Jahren vorstellen können, dass Sie einmal monatelang mit einer Maske herumlaufen müssen? Es ist ganz klar: Niemand weiß, welche Aktien in den nächsten zehn Jahren wesentlich stärker steigen werden als der Marktdurchschnitt.

Fakten gegen Aktiensparpläne

Gehen wir an dieser Stelle in die Vergangenheit. Denn der Vorteil daran ist: Hierzu gibt es Daten. Die Experten von Flossbach von Storch haben sich den deutschen Aktienmarkt zwischen 2003 und 2020 näher angesehen. Mit dabei sind Werte aus Dax, MDax und SDax – alles, was Rang und Namen hat. Das Ergebnis ist ernüchternd. Trotz der langen Wachstumsphasen sind im genannten Zeitraum weniger als die Hälfte der kurzfristigen Aktienrenditen (auf Monatsebene) positiv und noch weniger Aktien schaff en es kurzfristig, die Bundesanleihe zu schlagen.

Eine langfristige Investition in eine einzelne deutsche Aktie führte nur in 60,8 Prozent der Fälle überhaupt zu einer positiven Wertentwicklung.

Jede fünfte Aktie ein Desaster

Es kommt aber für Fans von Aktiensparplänen noch dicker. Die Experten haben die Aktien nach Renditen sortiert. Die „Renditestufe“ -90 bis -100 Prozent kommt mit Abstand am häufigsten vor. Damit lösen sich 20 Prozent aller Aktien über die Jahre nahezu in Luft auf. Und der Bereich -80 bis -90 Prozent ist sogar mit rund vier Prozent am zweithäufigsten.

Bei vier oder fünf ausgewählten Aktiensparplänen ist die Wahrscheinlichkeit groß, mit einem eine komplette Bruchlandung zu erleben. Gerade bei der Altersvorsorge gilt es, so etwas tunlichst zu vermeiden. Träumen Sie also nicht von den ganz großen Renditen, welche die absolute Ausnahme darstellen.

Lieber nur ETF-Sparpläne

Bleiben Sie vernünftig und bauen Sie auf breite Streuung. Das geht am besten und einfachsten mit ETF-Sparplänen. Bei globalen ETFs können Sie garantiert besser schlafen. Ein Totalausfall ist dort kaum denkbar. Nutzen Sie hierbei einfach mal unseren ETF-Sparplan-Vergleich.

Achten Sie neben einer weltweiten Streuung auch darauf, dass der ETF-Sparplan kostenfrei bei Ihrem Broker erhältlich ist. Schließlich möchten Sie sicher so viel Rendite erzielen wie nur möglich. Durch die Wahl des passenden Brokers lassen sich die Kosten der Geldanlage deutlich reduzieren.