13. Februar 2018
Die Aktienmärkte kamen unter Druck. Analyst Anselm Hüwe klärt über Robos auf.

Fakten-Check: Die Robos und der Markt-Crash?

Die Entwicklung der internationalen Kapitalmärkte sorgt derzeit für viele Schlagzeilen. Die Robos hätten einen Crash ausgelöst. Doch was ist dran an den Aussagen, wie bewerten Kapitalmarktexperten die Entwicklung des Dax und die Folgen für digitale Geldanlageangebote? Anselm Hüwe, Senior-Analyst von Quirion *, hat die wichtigsten Punkte unter die Lupe genommen und kommentiert:

1. Aussage: Es gab den größten Kurssturz aller Zeiten.

Zu lesen war u.a., dass der Kurseinbruch um 1.000 Punkte der größte Sturz in der Geschichte des Dow Jones sei. Formell ist das korrekt, Wertbewegungen sollten jedoch generell in Prozent betrachtet werden. Es macht einen großen Unterschied, ob der Dow Jones vom aktuellen Niveau von über 20.000 Punkten 1.000 Punkte verliert, oder ob dies – wie 1987 geschehen – auf einem Niveau von 2.700 Punkten passiert. Die weltweiten Aktienmärkte haben dieser Tage in der Spitze acht Prozent verloren, das ist nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich ist eher, dass es in den vergangenen Jahren stetig und mit nur geringen Einbrüchen aufwärts ging. Diese Zahlen zeigen, wie ungeeignet eine Kursrutschangabe in Punkten ist.

2. Aussage: Robo Advisor würden zu einem Markt-Crash führen.

Fast schon ein Kompliment für Robo Advisor. Selbst in Summe sind Robos (noch) zu klein, um den Markt maßgeblich zu beeinflussen. Von 138 Billionen US-Dollar an weltweit verwalteten Geldern entfallen derzeit 226 Milliarden US-Dollar auf Robos. Das sind gerade einmal 0,16 Prozent. Zudem nutzen Robos oft Algorithmen, die im Gegensatz zu aktiven Fonds selten Transaktionen auslösen. Quirion hat, von üblichen Entnahmen und Aufstockungen abgesehen, aktuell gar nicht gehandelt. Der zugrundeliegende Algorithmus und die ähnlich aufgesetzten Algorithmen US-amerikanischer Robos haben mit den Marktbewegungen nichts zu tun. Sollten die Kurse weiter fallen, wird Quirion im Rahmen des systematischen Rebalancings Aktien kaufen und die günstigen Einstiegskurse antizyklisch nutzen. Das wird – wenn überhaupt – die Kurse stabilisieren statt sie zu schwächen. Damit setzt sich Quirion von anderen Robo Advisors ab, die tatsächlich prozyklisch nach Kursstürzen verkaufen müssen, wenn sie ihren Kunden Verlustbegrenzungen versprochen haben.

3. Aussage: Anleger, die Robo Advisor nutzen, müssen sich Sorgen machen.

„Wer sich vor zwei Wochen keine Sorgen gemacht hat, muss es jetzt auch nicht. Und wer sich jetzt Sorgen macht, hat eine zu hohe Aktienquote“, kommentiert Hüwe. „Die meisten Anleger sind langfristig orientiert – da fallen derartige Bewegungen ohnehin kaum ins Gewicht.“ Zudem bietet Quirion auch defensive Strategien an, die von den Kursbewegungen größtenteils verschont wurden und die mit einem Kursrückgang von lediglich 0,47 Prozent seit Jahresbeginn fast unverändert geblieben sind. „Sollten Anleger angesichts der jüngsten Kursentwicklungen doch unruhig werden, ist eine etwas defensivere Strategie für sie gegebenenfalls besser geeignet“, so Hüwe weiter.

4. Aussage: Wenn die Märkte sinken, laufen die Kunden den Robos davon.

Das kann Quirion in keiner Weise bestätigen. Es gab Entnahmen und Aufstockungen im üblichen Rahmen. Einige Kunden nutzen die Gelegenheit für Aufstockungen – und Neukunden hat Quirion unverändert weiterhin gewonnen.

5. Aussage: Einige Robo Advisor in den USA hatten wegen des Crashs technische Probleme.

Die Probleme, die tatsächlich auftraten, waren minimal: Die Homepage bei amerikanischen Robos fiel für eine halbe Stunde aus, nicht aber die Handels-Algorithmen. In Deutschland gab es gar keine Probleme.

6. Aussage: Kurzfristige Risikomanagement-Strategien funktionieren.

Was die letzten Tage indes sehr deutlich gezeigt haben, ist, dass Risikomanagement-Strategien, wie sie einige Robos einsetzen, nicht immer halten, was sie versprechen. Die Kurse fielen so rasch, dass kaum rechtzeitig reagiert werden konnte. Risikomanagement-Ansätze können einen Kurssturz nicht vorhersehen, sondern erst reagieren (verkaufen), wenn es eigentlich schon zu spät ist. Solche Strategien können also wertvolle Rendite kosten – das sollte jedem Anleger bewusst sein.

Über den Autor

Anselm Hüwe, Senior-Analyst beim digitalen Vermögensverwalter Quirion in Berlin.