3. Oktober 2019
Überreste der Berliner Mauer.

Finanziell ist Deutschland noch immer zweigeteilt

Am 3. Oktober feiern die Deutschen die Wiedervereinigung. Doch wie sieht es bei den privaten Finanzen mit der Ost-West-Angleichung aus?

Ostdeutsche können laut einer Studie des Zinsportals Weltsparen * häufiger überhaupt nichts sparen (22 Prozent) als Westdeutsche (18 Prozent). Zwar können 30 Prozent der Ostdeutschen bis zu unter 100 Euro monatlich zurücklegen (im Westen jeder Vierte), allerdings sind die Westdeutschen häufiger in den höheren Sparbeträgen vertreten. So kann jeder Fünfte (21 Prozent) im Westen der Republik über 300 Euro monatlich sparen – im Osten ist dies jedoch nur für 14 Prozent der Studienteilnehmer möglich. Jeder Zehnte (11 Prozent) im Westen kann sogar mehr als 500 Euro sparen gegenüber nur acht Prozent in Ostdeutschland. Westdeutsche können insgesamt deutlich höhere Geldsummen sparen als Ostdeutsche. Als Hauptgrund für das Nichtsparen nennen rund drei Viertel der Deutschen – 75 Prozent im Osten und 76 Prozent im Westen –  dass es ihre finanzielle Situation derzeit nicht erlaubt. Fast jeder Zehnte ostdeutsche Befragte (9 Prozent versus 6 Prozent im Westen) nennt dagegen als Grund, dass er es sich lieber jetzt gut gehen lasse. 

Ostdeutsche fürchten sich stärker vor Altersarmut

Das eingeschränkte Sparverhalten führt bei Ostdeutschen zu einer düsteren Prognose für die eigene Rente: 22 Prozent der Ostdeutschen halten es für sehr wahrscheinlich, im Alter von Armut betroffen zu sein, im Westen sind es nur 17 Prozent. Weitere 27 Prozent in Ost wie West sagen, es sei eher wahrscheinlich, im Alter arm zu sein. Im Osten fürchtet sich also fast jeder Zweite (49 Prozent) vor Altersarmut und im Westen sind es 44 Prozent.

Bundesweit besteht Einigkeit bei Ursachen für Armut

Die drei am häufigsten genannten Gründe für Armut im Alter sind ein geringes Einkommen (68 Prozent), Arbeitslosigkeit (51 Prozent) und Fehlentscheidungen in der Politik (46 Prozent). Gerade bei den letzten beiden Punkten klaffen Ost und West auseinander. So identifizieren 55 Prozent der Ostdeutschen eine fehlende Beschäftigung als Hauptursache für Altersarmut, aber nur jeder Zweite in Westdeutschland. Nahezu jeder zweite Ostdeutsche (49 Prozent) sieht sogar falsche Entscheidungen in der Politik als Armutsverursacher im Alter – gegenüber 45 Prozent im Westen. Auffallend sind zudem die Unterschiede bei den Fehlzeiten durch Kinder, zum Beispiel Elternzeit und Teilzeit. Hier sehen 38 Prozent der Westdeutschen einen Grund für Altersarmut gegenüber 32 Prozent der Ostdeutschen. Diese Differenzen können an infrastrukturellen Voraussetzungen in den jeweiligen Regionen Deutschlands begründet liegen.

Konservatives Sparverhalten der Deutschen trifft auf Krypto-Ausreißer im Osten

Die Top 3 der Geldanlagen nutzen 83 Prozent der sparenden Deutschen mit marginalen Unterschieden in Ost und West: So ist das Sparbuch / Sparkonto mit 32 Prozent bundesweit am beliebtesten, dicht gefolgt vom Tagesgeld mit 26 Prozent sowie dem Girokonto mit 25 Prozent, wobei dieses aktuell kaum eine Verzinsung erzielt. Alle drei Anlagearten eint die hohe Sicherheit, stetige Verfügbarkeit, aber auch die geringen Zinsen derzeit. Dicht darauf folgen mit 18 Prozent Vorsorgeprodukte wie Renten- und Lebensversicherungen, die jeder fünfte Ostdeutsche monatlich bespart versus 18 Prozent im Westen. Unterschiede werden bei zwei anderen Vermögensklassen sichtbar. So investieren 16 Prozent der Westdeutschen in Aktien. In Ostdeutschland sind es sogar nur zwölf Prozent. Der den Deutschen nachgesagte Sicherheitsgedanke scheint an dieser Stelle zu überwiegen, wodurch mögliche Renditepotenziale in diesem Segment ungenutzt bleiben. Bei neuartigen Investmentarten heben sich Kryptowährungen wie Bitcoin mit fünf Prozent im Osten und nur einem Prozent im Westen gegenüber Peer-2-Peer-Krediten mit zwei Prozent im Westen und einem Prozent im Osten deutlich ab. Bei Kryptowährungen sind Ostdeutsche also deutlich aufgeschlossener und risikofreudiger.

Unsichere Zukunftsperspektiven in einem der reichsten Länder der Welt

Obwohl sich noch immer Unterschiede zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland abzeichnen, nähern sich Ost und West immer stärker an – gerade bei den bevorzugten Spar- und Investmentarten. Doch gerade beim Thema Altersarmut und den Möglichkeiten des Sparens offenbaren sich Klüfte. So lebt fast jeder zweite Ostdeutsche in Angst vor der Altersarmut und hat kaum eine Chance, umfassend Vorsorge zu betreiben. Es zeigt sich zudem, dass knapp die Hälfte aller Deutschen – in Ost wie West – angstvoll in ihre Zukunft blicken und sich nicht ausreichend fürs Alter absichern können.

Tipp: Anlässlich des 30. Jahrestags können Sie in der Extra-Magazin-Ausgabe Oktober/November 2019 nachlesen, was aus den 100 Mark Begrüßungsgeld an der Börse geworden wäre.