29. August 2016
Head of Lipper EMEA Research

Ist Produktvielfalt bei ETFs notwendig?

Die Produktvielfalt bei ETFs wird immer bunter. Das heißt, dass es immer mehr ETFs gibt, deren Investmentstrategie sich nicht auf die Replikation eines Standardindizes bezieht. Stattdessen werden zum Beispiel Indizes auf einzelne Anlagethemen nachgebildet oder Indizes gebildet deren Zusammensetzung aufgrund von Faktoren wie der Werthaltigkeit der Aktien (Value), der Schwankungsbreite (Low Volatility) oder der Bewegung des Titels oder der Branche (Momentum), u.ä. bestimmt wird.

Produktvielfalt bei ETFs hat auch Nachteile

Da aber gerade diese Faktorenindizes nicht in jedem Markumfeld mit den Erträgen der breiten Standardindizes mithalten können, wurden in der Folge sogenannte Multifaktorenindizes entwickelt, die diesen Nachteil durch die geschickte Kombination einzelner Faktoren, beziehungsweise den taktischen Wechsel von einem Faktor zum nächsten, ausgleichen sollen. Ob dieser Ansatz in der Praxis wirklich so funktioniert, wie es sich die Produktanbieter wünschen, wird sich in Zukunft erweisen. Im Gegensatz zu den einzelner Faktoren, deren Potenziale über verschiedenste Zeiträume hinweg wissenschaftlich nachgewiesen wurden, hängt das Ertragspotenzial der Kombination von Faktoren in der Hauptsache von der dahinterliegenden Methodologie und deren Abhängigkeit von den Entwicklungen an den Wertpapiermärkten ab. Dies bedeutet, das es obwohl dieser Ansatz erfolgversprechend klingt, außer den sogenannten „Backtests“ der Anbieter noch keine langfristigen Erhebungen darüber gibt, wie sich diese Kombinationen in der Praxis verhalten und wie groß deren Ertragspotenzial tatsächlich ist. Dies gilt auch für sogenannten „Multi-Asset-ETFs“, die, wie ihre aktiv gemanagten Pendants, in verschiedenste Anlageklassen investieren.

Nischen werden erschlossen

Zudem beginnen die Anbieter von ETFs im Moment damit Nischen an den Wertpapiermärkten für sich zu erschließen, um so den Anlegern, im Falle eines aufkommenden Trends oder einem allgemeinen Interesse and dem Anlagethema, ein Produkt mit einer bestehenden Wertentwicklungshistorie anbieten zu können.

Viele Marktbeobachter sehen diese Produktinnovationen durchaus kritisch, da diese neuen Produkte oftmals nicht so transparent sind, wie sonst bei ETFs üblich. Zudem erhöhen sie die Komplexität des ETFs Marktes und sind im Bezug auf die Managementgebühren oftmals deutlich teurer als ETFs, die sich auf Standardmärkte beziehen. Dennoch bin ich der Ansicht das solche Produkte notwendig sind, da sie dem Anleger ermöglichen von verschiedensten Anlagethemen oder auch Anlagestrategien zu profitieren. Ob diese dann auch erfolgreich sind, wird die Zeit zeigen. Auch hier gilt der Grundsatz dass nicht jeder Anleger in jeden ETF investieren sollte. Aber zumindest haben die Anleger, die sich mit dem Konzept dieser Produkte auseinandergesetzt haben und auf die entsprechenden Marktbereiche beziehungsweise Strategien setzen wollen, durch die entsprechenden Produkte die Möglichkeit ihre Anlagemeinung auch umsetzen.

Über den Autor:

Detlef Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters – Lipper. Anfang 2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord und Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Detlef Glow Leiter der Fondsanalyse von Lipper in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der Tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse für sowohl das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.