30. Juli 2022

Lithium  – warum dieser Rohstoff selbst Elon Musk nervös macht

Lithium-Ionen-Akkus sind schon heute fester Bestandteil unseres Alltags. Sie stecken in vielen elektronischen Produkten. Doch immer mehr wird die mobile Elektrifizierung zum wichtigsten Nachfragetreiber. Das „weiße Gold“ wird noch begehrter. Für Rohstoffproduzenten ein Eldorado, auch Anleger können profitieren.

Beim deutsch-australischen Unternehmen Vulcan Energy herrscht Goldgräberstimmung. Vulcan will im Oberrheingraben mittels geothermischen Bohrungen Thermalwasser aus tiefen Schichten nach oben pumpen und das darin enthaltene Lithium herausfiltern. Es geht dabei um ein Zukunftsprojekt im Milliardenbereich!

Der Vorrat an dem Alkalimetall in Deutschland ist offenbar üppig. Nach Schätzungen von Geologen birgt die Region genug des „weißen Goldes“ für mehr als 400 Millionen E-Auto-Batterien. Die Pläne von Vulcan sind ähnlich groß. Im Frankfurter Chemiepark Höchst will das Unternehmen nun auch eine erste Anlage hochziehen, um das gewonnene

Lithiumchlorid in hochreines Lithiumhydroxid umzuwandeln, das für die Produktion von E-Auto-Batterien geeignet ist. Bis zum Jahr 2024 will Vulcan das erste „Zero-Carbon-Lithium“ liefern und ab dann bis zu 40.000 Tonnen im Jahr produzieren. Ziel ist es langfristig, jährlich für eine Million Elektroautos Lithiumhydroxid bereitzustellen.

Potenzielle Abnehmer für das Endprodukt gibt es zuhauf. Politik und Wirtschaft setzen auf die E-Mobilität als Beitrag zur Klimawende. Allen voran der ehrgeizige Autoriese Volkswagen. Die Wolfsburger planen nach eigenen Angaben, bis 2029 rund 26 Millionen reine E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Die Jagd auf Tesla hat begonnen.

Lithium ist das Schlüsselelement für Hochleistungsbatterien

Das Alkalimetall Lithium gilt als das Schlüsselelement für die Hochleistungsbatterien, die die Welt in Bewegung halten sollen. Lithium-Ionen-Akkus weisen gegenüber möglichen alternativen Systemen große Vorteile auf. Sie kommen auf die höchste Energiedichte und auch ihre Lade- und Speicherleistung sucht ihresgleichen.

Nicht nur in elektrisch betriebenen Autos, auch in Eigenheimen und Industriebetrieben werden Lithium-Ionen-Akkus bereits als dezentrale Puffer genutzt, um die Energie von Wind- oder Solaranlagen zu speichern. „Das Anwendungsfeld für Lithium und andere Metallrohstoffe wird deutlich zunehmen“, erwartet Marian Henn, Geschäftsführer bei der Allington Investors AG. Das erwachende Umweltbewusstsein der Konsumenten gepaart mit dem Füllhorn öffentlicher Fördergelder sorge für einen enormen Nachfrageschub bei Elektroautos. „Das Anwendungsfeld für die in Akkus benötigten Metallrohstoffe ist aber noch viel größer“, betont Henn. „Denkt man nur an den Akku fürs Haus, vergrößert sich das Anwendungsfeld noch einmal dramatisch.“

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Mobilitätssektor: Die Nachfrage nach Lithium steigt rasant an

Allein für die Elektrifizierung der Mobilität sind große Mengen des Metalls notwendig. Dabei tun sich die Anbieter von Lithium schon jetzt schwer, den stetig steigenden Bedarf zu bedienen. Nur wenige Länder auf der Welt verfügen über konzentrierte Vorkommen. Dazu zählt Chile, das in einem aufwendigen Prozess Lithium für mehr als drei Viertel des europäischen Bedarfs herstellt.

Die Umwandlung zu reinem Lithiumkarbonat, das in der Zellproduktion eingesetzt werden kann, findet überwiegend in China statt. Weitere Lieferungen kommen aus Australien. Dort ist Lithium ein Nebenprodukt im Erzbergbau. Die Abhängigkeit von wenigen Ländern hat hohe Erwartungen für Lithiumprojekte in Europa wie von Vulcan Energy geweckt.

Denn die Nachfrage steigt rasant: Derzeit vollzieht sich ein dramatischer Wandel im weltweiten Mobilitätssektor. New Energy Vehicles (NEVs) ersetzen nach und nach Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Die E-Autos werden allmählich zum neuen Standard. Nach Angaben von Rystad Energy wird der Marktanteil von E-Fahrzeugen in Europa von 18,8 Prozent im vergangenen Jahr auf 23,5 Prozent in diesem Jahr ansteigen.

Angebot ist begrenzt

Die neuen Elektroautos erfordern andere Materialien für den Bau als die herkömmlichen Verbrenner. War früher der Motor das Herzstück im Auto, so ist es jetzt die Batterie. Führend in der Akkutechnologie zu sein, ist für jeden Autohersteller oberstes Gebot, um weiter vorne mitfahren zu können. Und Stand der Technik sind über Jahre hinaus Lithium-Ionen-Batterien. An Akkus, in denen Lithium etwa durch Magnesium substituiert wird, wird zwar geforscht. Doch eine Markteinführung ist in den kommenden Jahren nicht absehbar. Auch das Recycling von ausrangierten Batterien spielt noch keine wesentliche Rolle.

Für eine Autobatterie, die das E-Auto mit einer Ladung rund 600 Kilometer weit bringt, wird so viel Lithium benötigt wie für 10.000 Smartphones. „Die Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt oder Kupfer dürfte exponentiell steigen, wenn die Verbreitung von NEVs weltweit zunimmt“, sagt James Johnstone vom Investmentmanager Redwheel. „Das Angebot bei vielen dieser Rohstoffe ist begrenzt, was mittel- bis langfristig zu höheren und stabileren Preisen führen dürfte.“ Elektrofahrzeuge sind der Haupttreiber der künftigen Lithium- nachfrage, die derzeit etwa 30 Prozent der gesamten Nachfrage ausmacht und bis 2025 auf über 60 Prozent ansteigen könnte, glaubt man bei Redwheel. Schon im Jahr 2030 sollen zwischen 145 und 230 Millionen Elektrofahrzeuge über die Straßen der Welt rollen, schätzt die Internationale Energieagentur (IEA). Die Analysten sehen die Nachfrage bis 2030 auf jährlich 45 Millionen Fahrzeuge steigen.

2021 war es bereits zu einem leichten Angebotsdefizit am Lithiummarkt gekommen, obwohl die Produzenten ihre Förderung massiv gesteigert hatten. Al- lein seit 2016 hat sich der weltweite Lithiumabbau mehr als verdoppelt. Laut den Experten von S&P Global Market Intelligence wird es auch in diesem Jahr zu einem Unterangebot kommen.

Erwartet wird zudem, dass die Angebots- Nachfrage-Schere in den kommenden Jahren weiter auseinanderklafft. Annahmen der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge dürfte im Jahr 2040 wird die Nachfrage nach Lithium voraussichtlich mehr als zwanzigmal so hoch sein wie heute. Damit dürfte der Bedarf bedeutend schneller wachsen als der anderer für die Energiewende notwendiger Metalle.

Irre Preisentwicklung

Der Preis für batterietaugliches Lithium geht vor diesem Hintergrund seit langem durch die Decke. Ein von Benchmark Mineral Intelligence zusammengestellter Index der globalen Lithiumpreise wies im Jahr 2021 einen Anstieg der Preise um fast 300 Prozent aus, im ersten Quartal dieses Jahres lag das Plus bei knapp 130 Prozent. Es ist nun ein Preisniveau erreicht, das selbst den sonst so unerschütterlichen Tesla-Chef Elon Musk ins Mark trifft. Musk spielt mit dem Gedanken, die komplette Lieferkette für seine Elektroautos nun selbst abzudecken. „Der Preis für Lithium ist auf irrem Niveau“, twitterte er im April. „Tesla muss wohl selbst direkt in Abbau und Raffinierung in großem Maßstab einsteigen, wenn sich die Kosten nicht entspannen.“

Seine Sorgen sind nicht unbegründet. Der größte Kostentreiber der E-Autos sind die Materialien für die Akkus. Immer mehr Autohersteller gehen deshalb dazu über, ihre Batteriezellen selber zu produzieren. Mercedes-Benz etwa will bis 2030 Batteriekapazitäten von mehr als 200 Gigawattstunden (Gwh) aufbauen. Damit könnte der Konzern 2,5 Millionen Elektrofahrzeuge im Jahr produzieren.

Die Autohersteller werden so auch zu Batterieproduzenten – neben den Branchengrößen LG Chem aus Korea oder CATL aus China. Doch um die Ausgangsrohstoffe konkurrieren die Produzenten weiter mit ihren internationalen Wettbewerbern. Experten warnen deshalb, dass die ambitionierten Elektropläne nicht mit dem Rohstoffangebot in Einklang zu bringen sind.

Zwei Branchen-ETFs im Fokus

Neben den Rohstoffanbietern und Batterieentwicklern könnten auch weitere Unternehmen von der mobilen Elektrifizierung spürbar profitieren. Dazu zählen Autohersteller, Elektronikfirmen, Spezialchemiekonzerne, Maschinenbauer oder Metallurgie-Unternehmen.

Für Anleger, die in den Zukunftsmarkt Batterien investieren möchten, eignet sich der L&G Battery Value-Chain UCITS ETF (WKN: A2H5GK). Er bündelt 30 Unternehmen aus der gesamten Batteriewertschöpfungskette in einen ETF: Unternehmen, die an der Entwicklung und Produktion von Batterien beteiligt sind, und Firmen, die Rohstoffe für die Produktion von Batterien gewinnen. Im ETF finden sich auch Autobauer, die den Schalter in Richtung Elektrofahrzeuge umgelegt haben. Alle Aktien im ETF sind ungeachtet ihres Börsenwerts gleich gewichtet. In diesem Jahr gab der ETF leicht nach, in den drei Jahren zuvor erwirtschaftete er hohe Renditen. Die Gebühren belaufen sich auf 0,49 Prozent im Jahr.

Der Global X Lithium & Battery Tech UCITS ETF (WKN: A2QPB3) wiederum bietet Anlegern die Möglichkeit, an der Wertentwicklung von bis zu 40 Unternehmen weltweit zu partizipieren, die den Großteil ihrer Einnahmen mit dem Abbau und der Gewinnung von Lithium oder der Herstellung von Lithiumbatterien erzielen. Der frisch aufgelegte ETF (Dezember 2021) mit einer Fondsgröße von gut acht Millionen Euro enthält bekannte Branchengrößen wie Albemarle, Tesla, BYD, Samsung SDI oder Panasonic. Die Dividendenerträge im Fonds werden reinvestiert. Die Gesamtkostenquote (TER) liegt bei 0,60 Prozent im Jahr.

Fazit

In den nächsten Jahren wird die Nachfrage nach Hochleistungsbatterien laut Experten explodieren. Das sollte die Preise auch für Lithium weiter steigen lassen. Die Hausse bei den Spezial-Metallen wie Lithium spiegelt die enormen Chancen wider, die Anleger in dem Trend zu umweltfreundlicher Mobilität sehen.