5. November 2019
Minimum Volatility-ETF mit Potenzial

Faktor: Low Volatility / Minimum Volatility – Verluste schon begrenzt?

Mit Minimum Volatility-ETFs sollen in unsicheren Zeiten mögliche Verluste begrenzt werden. Denn letztes Jahr ging es mit den Kursen deutlich nach unten. Morningstar untersuchte, inwieweit sich die Faktor-ETFs bewährten.

Spätestens seit der Portfoliotheorie des US-Nobelpreisträgers Harry M. Markowitz gilt an der Börse der Leitspruch „no risk, no fun“. Das heißt, um eine satte Rendite einstreichen zu können, muss der Anleger höhere Risiken eingehen. So erzielt der Anleger beispielsweise mit Aktien, die deutlich stärker schwanken als Anleihen, eine erheblich höhere Rendite.

Allerdings stimmt diese Theorie nur bedingt, das zeigte spätestens eine Analyse des Robeco-Leiters konservative Aktien in seinem Buch „High Returns from low Risk“. Ausgewertet wurden hierbei die Marktdaten ab dem Jahr 1929 bis 2015. Verglichen wurden dabei Portfolios schwankungsarmer Aktien mit denen schwankungsintensiver Aktien. Das Ergebnis nach 86 Jahren: Risikoarme Aktien erzielten in diesem Zeitraum eine durchschnittlich jährliche Rendite von 10,2 Prozent, während risikoreichere Aktien es nur auf 6,4 Prozent schafften. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam bereits eine Studie des amerikanischen Finanzprofessors Robert Haugen Anfang der 70er-Jahre. Die Gründe dafür sind vielfältig: So wird zum einen das Renditepotenzial risikoreicher Aktien oft überbewertet, das von vermeintlich „langweiligen“ Titeln hingegen unterschätzt. Dadurch sind schwankungsarme Titel oft unterbewertet. Zudem reduzieren schwankungsarme Titel deutlich das Verlustrisiko in schlechten Börsenzeiten. Und dies hat langfristig deutliche Auswirkungen auf den Renditeerfolg. Dabei sollten sich Anleger bewusst sein: Halbiert sich der Aktienkurs, muss die Aktie einhundert Prozent steigen, um den ehemaligen Wert wieder zu erreichen, bei einem 60 prozentigen Verlust sind es bereits 150 Prozent.


Kein Wunder also, dass auch die ETF-Branche dieses Investmentthema für sich erkannte. Insgesamt haben Anleger allein in Deutschland die Wahl zwischen 28 ETFs. Weltweit sind laut dem ETF Landscape Report Januar 2019 von Blackrock 65 Milliarden US-Dollar investiert. Allein 2018 betrugen die Nettozuflüsse 12,2 Milliarden Euro. Dabei kommen zwei Anlageansätze zur Anwendung: Die einfachste Methode ist die Gewichtung nach der historischen Preisschwankung. Hierbei geht man davon aus, dass die schwankungsärmsten Aktien der Vergangenheit auch künftig zu den am wenigsten volatilen gehören. Bei der Minimum- Variance-Variante hingegen betrachtet man die prognostizierte Volatilität. Zudem wird hier ein Optimierungsmodell angewandt. Dabei wird die erwartete Korrelation zwischen den Aktien im Index einbezogen. Zur Vermeidung von Klumpenrisiken besteht eine prozentuale Obergrenze bei der Branchen- und Aktiengewichtung.

Ein Performancevergleich

Ihre Stärke spielen solche ETFs vor allem in stark schwankenden oder fallenden Märkten aus. Das zeigt ein Vergleich zwischen den beiden iShares-Produkten auf den MSCI World Minimum Volatility (WKN: A1J781) und seinem Mutterindex MSCI Word (A0RPWH). Auf Fünfjahressicht hat der MSCI World Minimum-Volatility-Index (Stand: 31.10.2019) mit einer Rendite von 82 Prozent gegenüber 68 Prozent eindeutig die Nase vorn. Besonders deutlich zeigte sich der Renditevorteil im vergangenen Jahr aufgrund der deutlichen Kursrückgänge. So erwirtschaftete der iShares MSCI World Minimum Volatility-Index eine Jahresrendite von 2,79 Prozent. Im gleichen Zeitraum erwirtschaftete das Produkt auf den MSCI World einen Verlust von 5,13 Prozent. Ganz anders hingegen auf Dreijahressicht: Hier hinkt der
Minimum-Volatility-Index aufgrund lange Zeit steigender Kurse etwas hinterher. Kurzfristig können wenig volatile Titel also gerade in Aufwärtsmärkten schwächer abschneiden.

Morningstar-Studie

Eine Studie veröffentlichte die Ratingagentur Morningstar Ende 2018. Dabei untersuchte sie die Performance von 27 in Europa domizilierten Low-Volatility-ETFs der Anlageregionen Aktien Europa, Eurozone, Schwellenländer, Welt und USA in den beiden größeren Abwärtsphasen Februar und Oktober 2018 im Vergleich zu den jeweiligen Mutterindizes. Die vorläufige Zwischenbilanz von Morningstar lautet: „Mission erfüllt“. So verloren europäische Risikominimierer im Schnitt 4,25 Prozent, während der MSCI Europa 5,3 Prozent einbüßte. Schwankungsarme Aktien aus der Eurozone verbuchten ein Minus von 4,96 Prozent gegenüber dem MSCI EMU von 6,45 Prozent. Low-Volatility-ETFs auf Schwellenlän büßten im Oktober 4,5 Prozent ein, während der MSCI Emerging Markets im gleichen Zeitraum 6,2 Prozent nachgab. Noch größer der Renditevorteil bei ETFs auf Aktien weltweit und USA. Schwankungsarme globale Titel verloren 2,63 Prozent gegenüber einem Minus von 5,02 Prozent beim MSCI World. US-Minimum-Volatility-ETFs verbuchten ein Minus von nur 1,7 Prozent gegenüber minus 4,74 Prozent bei Russell 1.000.

Fazit

Schwankungsärmere Aktien erwirtschaften langfristig höhere Renditen als volatile Titel. Das zeigen einige Studien. Wichtige Gründe: Das Renditepotential vermeintlich „langweiliger“ Aktien wird häufig unterschätzt. Zudem verlieren schwankungsärmere Aktien in Abwärtsphasen weniger. Das zeigte jetzt auch eine Zwischenbilanz von Morningstar.

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