4. November 2022
Nachfrage nach Gold steigt wieder: Was der Boom bedeutet

Nachfrage nach Gold steigt wieder: Was der Boom bedeutet

Der World Gold Council veröffentlichte am 1. November aktuelle Quartalszahlen zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage bei Gold. Der starke Nachfrageboom hat dem gelben Edelmetall bislang allerdings nicht in höhere Preisregionen verholfen.

Die physische Goldnachfrage verzeichnete in den Monaten Juli bis September gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode einen kräftigen Zuwachs von 921,9 auf 1.181,5 Tonnen (+28,2 Prozent). Verantwortlich für diesen Positivtrend waren vor allem die Schmuckbranche sowie die anhaltenden Käufe diverser Notenbanken.

Starker Boom bei Barren und Münzen

Unter Investoren herrschte hingegen keine einheitliche Stimmung. Während nämlich im ETF-Sektor massive Verkäufe zu einem kräftigen Rückgang der gehaltenen Goldbestände geführt haben, gab es bei Barren und Münzen einen regelrechten Nachfrageboom zu verzeichnen.

Besonders interessant: Trotz der eingetrübten Konjunkturperspektiven verzeichnete der Schmucksektor, das mit Abstand wichtigste Goldmarktsegment, ein stark erhöhtes Nachfrageinteresse. Dies war vor allem auf die beiden goldhungrigsten Nationen Indien (+16,9 Prozent p.a.) und China (+5,1 Prozent p.a.) zurückzuführen. Weltweit war in Q3 bei der Schmucknachfrage ein dickes Plus von 515,1 auf 581,7 Tonnen (+12,9 Prozent) registriert worden. Außerdem war ein starkes Kaufinteresse unter Notenbanken zu beobachten. Deren Nettokäufe haben sich nämlich gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 90,6 auf 399,3 Tonnen mehr als verdreifacht.

Kaum Mehrangebot an Gold

Rote Vorzeichen gab es allerdings im Technologiesektor zu beobachten, wo sich die Nachfrage von 83,4 auf 76,7 Tonnen (-8,1 Prozent) abgeschwächt hat. Am stärksten drückte indes die negative Entwicklung im Investmentbereich auf die Stimmung und damit auch auf den Goldpreis. Obwohl sich die Nachfrage bei Barren und Münzen von 258,9 auf 351,1 Tonnen (+35,7 Prozent) erhöht hat, sorgten die enormen ETF-Goldabflüsse in Höhe von 227,3 Tonnen (Q3: 2021: minus 26,0 Tonnen) für miese Laune in diesem Marktsegment.

Mit dem globalen Goldangebot ging es im abgelaufenen Quartal lediglich leicht bergauf. Insgesamt stellte sich ein Zuwachs von 1.208,2 auf 1.215,2 Tonnen (+0,6 Prozent) ein, was in erster Linie auf die Minenproduktion zurückzuführen war. Während hier ein Anstieg von 927,7 auf 949,4 Tonnen (+2,3 Prozent) zu Buche schlug, gab es im Bereich Recycling einen markanten Einbruch zu beobachten. Hier war im Berichtszeitraum nämlich ein Minus von 292,8 auf 275,8 Tonnen (-5,8 Prozent) registriert worden.

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Warum der Goldpreis die WGC-Zahlen ignoriert

Aus den folgenden Gründen passen die jüngsten Zahlen des World Gold Council und die schwache Entwicklung des Goldpreises nicht so recht zusammen. Erstens: Da sich beim physischen Handel von Gold im dritten Quartal die Nachfrage erheblich stärker beschleunigt hat als das Angebot, hätte dies eher für einen steigenden Goldpreis gesprochen. Zweitens: Auch das verstärkte Kaufinteresse mehrerer Notenbanken (z.B. Türkei, Usbekistan und Katar) sollten Privatanleger eindeutig als Kaufargument interpretieren, schließlich deutet diese Entwicklung darauf hin, dass selbst diese Geldexperten der Krisenwährung Gold ihr Vertrauen aussprechen. Drittens: Dass Investoren verstärkt Barren und Münzen erwerben und ETFs verkaufen, spricht nicht gerade für die Solidität der Finanzsysteme.

Der schwache Goldpreis der vergangenen drei Monate war vor allem auf den Verkaufsdruck an den Terminmärkten und im ETF-Sektor zurückzuführen. Insbesondere Gold-Futures können sich erfahrungsgemäß besonders stark auf den Goldpreis auswirken. Und hier haben in Q3 große wie kleine Terminspekulanten besonders kräftig auf den „Verkaufen-Knopf“ gedrückt. Von Ende Juni bis Ende September hat sich zum Beispiel die Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) der Großspekulanten (Non-Commercials) von 157.700 auf 52.100 Kontrakte (-67,0 Prozent) reduziert und bei Kleinspekulanten (Non-Reportables) zu einem Minus von 24.300 auf 10.050 Futures (-58,6 Prozent) geführt. Da sich ein Future auf den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold bewegt, stehen diese Verkäufe für einen „Goldberg“ von fast 373 Tonnen.

Fazit

Sollten diese Terminmarktprofis in Zukunft – aus welchen Gründen auch immer – Gold-Futures im großen Stil kaufen, dürfte der Goldpreis dies nicht mehr ignorieren und aller Voraussicht kräftig anziehen.