20. April 2022
Nachhaltige ETFs: Sind ESG-Indizes Mogelpackungen?

Nachhaltige ETFs: Sind ESG-Indizes Mogelpackungen?

ETFs bieten einen bequemen Zugang zu den Kapitalmärkten und bestechen durch Einfachheit und Transparenz. Nicht ganz so transparent sind die Indizes, die den ETFs zugrunde liegen. Hier gibt es teilweise große Unterschiede in Sachen Nachhaltigkeit.

Über 400 nachhaltige ETFs gibt es derzeit, die sehr unterschiedlichen Indizes folgen. Die Indizes reichen von“ ESG“ über „ESG Screened“ und „Sustainability Screened“ bis hin zu „Low Carbon Select“ und „Climate Paris Aligned“. Schauen wir uns zwei Aktienindizes an, die sich aus unserer Sicht gegenüberstehen: ESG Screened und SRI, was für „Socially Responsible Investing“ steht.

ESG Screened

Nehmen wir den iShares MSCI Europe ESG Screened. Der Indexanbieter MSCI legt für diesen Index den MSCI Europe zugrunde, über den er den Filter „ESG Screened“ legt. Durch diese Kriterien werden Kraftwerkskohle und Ölsande mit Umsatzgrenzen von maximal fünf Prozent ausgeschlossen. Außerdem Unternehmen, die die UN Global Compact-Prinzipien verletzen. Das führt dazu, dass bei den am stärksten gewichteten Firmen im ESG-Index die ersten 19 Unternehmen identisch mit den Positionen im klassischen MSCI Europe sind.

Ausschlüsse gibt es erst zwischen den Rängen 20 und 30. Ab da sind BAT, Royal Dutch und Airbus nicht mehr dabei. Insgesamt befinden sich 438 der 457 Unternehmen des klassischen Index auch im ESG-ETF, dem iShares MSCI Europe ESG Screened UCITS ETF (WKN: A2N48D). Es ist kaum anzunehmen, dass mehr als 95 Prozent der Unternehmen wirklich nachhaltig sind. Nur wenige Ausschlusskriterien und kein Best-in-Class-Ansatz sind also keine gute Strategie für Nachhaltigkeit.

SRI

Höhere Standards hat der MSCI Europe SRI Select Reduced Fossil Fuel Index, der die Basis für den gleichnamigen iShares-ETF, den iShares MSCI Europe SRI UCITS ETF (WKN: A1H7ZS) bildet. Neben dem Best-in-Class-Prinzip setzt ein SRI-Index nicht nur auf Ausschlüsse, sondern bewertet die Geschäftspraxis der Unternehmen. So filtert der Index etwa das „Unternehmen heraus, die in Branchen wie umstrittene Waffen, Atomwaffen, Tabak, zivile Schusswaffen, konventionelle Waffen, Alkohol, Glücksspiel, Erwachsenenunterhaltung, Atomkraft und genetisch veränderten Organismen tätig sind“.

Weiterhin gibt es Mindestanforderungen an das ESG-Rating, sodass kontroverse Geschäftspraktiken berücksichtigt werden. Beides reduziert die Anzahl der im Unternehmen im SRI-ETF von 457 auf 143. Das entspricht nur einem knappen Drittel des klassischen ETF. Umstrittene Konzerne wie Nestlé, die uns noch im ESG-ETF begegneten, haben im SRI-ETF keinen Platz.

Keine schlechtere Rendite

Für die Rendite war diese Konzentration auf nachhaltige Unternehmen kein Schaden, im Gegenteil: In knapp zehn Jahren bis Ende Mai 2021 erzielt der SRI-ETF auf den MSCI Europa eine kumulierte Rendite von 139 Prozent. Der klassische Europa-ETF bracht es lediglich auf 93 Prozent. Das entspricht einer annualisierten Rendite von gut neun Prozent versus knapp sieben Prozent. Einziger Wermutstropfen: Die SRI-ETF fördern in aller Regel nicht gezielt die besonders nachhaltigen Geschäftsmodelle. Das bleibt meist aktiv verwalteten Fonds vorbehalten.

Über den Autor: Andreas Enke

Andreas Enke ist Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG in Hamburg