21. Juni 2022
Norwegischer Staatsfonds: Supertanker der Geldanlage enttäuscht leider nachhaltig!

Norwegischer Staatsfonds: Supertanker der Geldanlage enttäuscht leider nachhaltig!

Der Norwegische Staatsfonds gilt als Paradebeispiel dafür, wie sich wirtschaftlicher Erfolg, Altersvorsorge für die Bürger und nachhaltige Geldanlage vereinen lassen. Doch wer genau hinschaut, erlebt eine nachhaltige Enttäuschung!

Der Norwegische Staatsfonds ist mit einem Volumen von 1,15 Billionen Euro der größte Investor der Welt. Seit seinem Start im Jahr 1998 hat er den Gedanken des nachhaltigen Investierens verbreitet. Diese Tatsache ist um so interessanter, als dass das Kapital für den Staatsfonds zu großen Teilen aus dem Verkauf von Öl und Gas in der Nordsee stammt. Man kann debattieren, ob ein Fonds, der sich aus fossilen Energiequellen speist, überhaupt nachhaltig sein kann. Doch die Mittel, die aus den Haushaltsüberschüssen des Landes stammen, fließen definitiv in Anlagen, die nach den Fonds-Kriterien als nachhaltig gelten. Schauen wir uns das einmal genauer an!

Berühmter Staatsfonds erzielt weniger Rendite als ETF-Portfolio

Ziel des Fonds ist der langfristige Aufbau eines Kapitalstocks für aktuelle und künftige Generationen in Norwegen. Bis zu drei Prozent des Vermögens dürfen pro Jahr entnommen werden. Diese drei Prozent sind denn auch die Zielmarke für die Rendite, die der Fonds pro Jahr erwirtschaften soll. Aus der Vorgabe ergibt sich die Verteilung des Anlagevermögens: Rund 73 Prozent stecken in Aktien, 25 in Anleihen und gut zwei Prozent in Immobilien. Und wie sah die tatsächliche Rendite nun aus? Von Anfang 1998 bis Ende 2021 hat der Staatsfonds eine annualisierte Rendite von 6,6 Prozent vor Kosten erzielt. Nach Abzug der Kosten von 1,6 Prozent blieben 4,6 Prozent p.a. übrig.

Rendite-Fazit: Der Fonds erfüllt problemlos die Renditevorgabe von drei Prozent. Doch ein Portfolio aus ETFs hätte bei identischer Verteilung auf Aktien, Renten und Immobilien brutto das gleiche Ergebnis geliefert. Die Nettorendite aber, auf die es letztlich ankommt, wäre bei den ETFs mit gut sechs Prozent höher ausgefallen, da deren Kosten weit unter 1,6 Prozentpunkten per anno liegen.

Nachhaltigkeits-Check zeigt: Hier weht viel heiße Luft!

Noch zweifelhafter wird der Fonds, wenn man seine Nachhaltigkeits-Politik unter die Lupe nimmt. Wer würde glauben, dass der Norwegische Staatsfonds nicht einmal ein Prozent aller Unternehmen weltweit wegen Verletzung seiner Nachhaltigkeitskriterien ausschließt?! Das ist so viel oder sogar weniger als bei den berüchtigten ESG-ETFs, die wir in Folge 3 analysiert und kritisiert haben. Das liegt nicht nur an den vergleichsweise laschen Ausschluss-Kriterien, die weder fossile Brennstoffe noch klassische Rüstungsfirmen noch Kernenergie, grüne Gentechnik und Alkohol aus dem Portfolio verbannen. Sondern auch daran, dass der Norwegische Staatsfonds nicht einmal in Ansätzen einen Best-in-Class-Ansatz praktiziert. Wir erinnern uns: Bei den SRI-ETFs werden, gemessen an der Nachhaltigkeit, nur die besten 25 Prozent der Firmen aufgenommen. Beim Staatsfonds? Fehlanzeige!

Nachhaltigkeits-Fazit: Der Norwegische Staatsfonds erweist sich für nachhaltig orientierte Anleger als grandiose Mogelpackung. Es gibt nur wenige Ausschlusskriterien, keinen Best-in-Class-Ansatz und erst recht keine Förderung von Unternehmen, die sich bei den Nachhaltigkeitsthemen besonders hervortun. Nachhaltige Geldanlage können wir klar besser als dieser Supertanker der Geldanlage – sowohl was die Rendite als auch die Nachhaltigkeit betrifft.

Tipp: Hier erfährst du alles, was du über das Investieren in Nachhaltigkeits-ETFs wissen musst.

Über den Autor: Andreas Enke

Andreas Enke ist Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG, Hamburg