4. Juni 2022
Bei Aktien-ETFs unbedingt auf hohes Maß an Diversifikation achten

Geldanlage mit ETFs: 50.000 Euro – Defensive Ausrichtung und breite Streuung

Bei einem Betrag von 50.000 Euro überlegt man es sich sehr genau, wie man sein Geld investiert. Einen allzu offensiven Charakter sollte man angesichts der aktuellen Börsenlage nicht wählen. Heißt das trotzdem, dass man seine Aktienquote weit herunterfahren muss? Nicht zwingend! Unser Autor hat ein defensives Depot mit 90 Prozent Aktienquote zusammengestellt. Hier erfährst du, mit welchen ETFs dies möglich ist.

Gute Ratschläge sind wie alte Kleider. Sie passen zwar, aber tragen mag man sie nicht. Das ist bei Börsenweisheiten nicht anders. „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ und „politische Börsen haben kurze Beine“ waren in den vergangenen Wochen wieder häufiger zu hören. Sie mögen sich häufig bewahrheiten, aber zum einen kann das Ge- raune sowieso niemand mehr hören und zum anderen frage ich mich, wie zynisch man die Welt betrachten muss, wenn der erste Reflex bei Kriegsausbruch ein Blick auf die Broker-App ist.

Deswegen werde ich in den folgenden Zeilen nicht versuchen, mit markigen Sprüchen eine völlig unübersichtliche Lage unter-komplex auf einen formelhaften Ausspruch zu reduzieren. Gleichzeitig geht es ebenfalls nicht darum, hochspekulativ die bestmögliche Rendite aus einer furchtbaren Situation unmittelbar vor unserer Haustür herauszuholen.

Kein Timing, langfristige Anlage

Es geht hier darum, 50.000 Euro in einem ausgewogenen Verhältnis von Chance und Risiko anzulegen. Wem das zu langweilig ist, der ist hier an der falschen Adresse – das sei bereits an-gemerkt. 50.000 Euro sind eine Menge Geld und um finanziell zu wachsen, ist es wichtig, einen langfristigen Anlagehorizont mitzubringen. Denn machen wir uns nichts vor: Niemand kann den richtigen Zeitpunkt für einen Einstieg vorhersagen. Das fällt selbst professionellen Investmentbankern schwer.

Die Finanzwissenschaft hat jedoch gute Belege dafür, dass sich Langfristigkeit auszahlt. Eine Studie des US-amerikanischen Vermögensverwalters Investors Group zeigt, dass eine Investition von 100.000 Dollar in einen Fonds aus US-Aktien von 1996 bis 2016 am Ende 440.000 Dollar Ertrag gebracht hätte, wenn man das Portfolio über die Zeit in Ruhe gelassen hätte. Vereinfacht gesagt: Einsteigen, liegen lassen und anschließend verkaufen. Hätten Investorinnen und Investoren stattdessen versucht, ihre Anlage durch Market-Timing zu optimieren, und hätten sie dann beispielsweise allein zehn der besten Handelstage des US-Aktienmarkts in diesem Zeitraum verpasst, wäre das Portfolio nur auf 219.000 Dollar gewachsen. Zur Verdeutlichung: Wir sprechen von zehn Handelstagen in einem Zeitraum von 20 Jahren, also von insgesamt mehr als 5.000 Handelstagen.

Wer zu Beginn der Corona-Krise in einer ersten Panikreaktion alle Aktien aus dem Depot räumte, verpasste seit- her mehr als 70 Prozent Gewinn gemessen am Dax. Der Goldpreis ist im Vergleich dazu lediglich um 30 Prozent gestiegen. Allerdings sollten Anlegerinnen und Anleger Gold nicht als alleinigen Renditebringer betrachten. Das Edelmetall ist ein Stabilitätsanker im Depot und damit kommen wir zu unserem Musterdepot mit einem Startinvestment von 50.000 Euro.

Risiken minimieren

So bitter die derzeitigen Ereignisse sind, umso mehr sollten wir sie als Chance begreifen, unsere Geldanlage zu überdenken. Aktien gehören in jedes Depot, weil Aktien auf lange Sicht trotz aller Krisen die beste Rendite liefern. Auf der Aktienseite lohnt es sich, breit zu streuen. Die Hälfte der 50.000 Euro, die wir beispielhaft als Investitionssumme unterstellen, würde ich daher in den MSCI World ETF, in diesem Beispiel in den iShares Core MSCI World UCITS ETF (Acc) (WKN: A0RPWH), investieren.

Von Mitte Juli 2007 bis heute hat er sich mehr als verdoppelt. Und das angesichts von Krisen wie dem Niedergang des US-amerikanischen Immobilienmarktes 2008, der Staatsschuldenkrise 2012 und dem Höhepunkt der Corona-Pandemie im Jahr 2020. Über die vergangenen zehn Jahre gab es eine durchschnittliche Jahresrendite von mehr als zwölf Prozent. Mit der starken Rendite und der breiten Streuung gehört der MSCI World einfach in jedes Depot.

Dennoch liegt der Fokus des MSCI World mit einem Anteil von mehr als 68 Prozent auf den USA und hier ins- besondere Werte wie Apple, Amazon, Alphabet und Microsoft. Ein weite- rer Aktien-ETF müsste also das be- stehende Portfolio ergänzen. Passen würde ein ETF, der Risiken minimiert, aber dennoch breit gestreut ist und auf nachhaltige Titel in puncto Unternehmensführung, Umwelt und Soziales setzt. Diese Position im Portfolio übernimmt der Credit Suisse MSCI World ESG Leaders Minimum Volatility (WKN: A2P4U2).

Unter den Top-10-Positionen sind mit Gilead, Roche, Johnson & Johnson, Vertex Pharmaceuticals sowie Pep- sico vor allem defensive Werte aus der Pharma- und Nahrungsmittelbranche zu finden, die das Portfolio um defensive Tech-Namen wie Verizon und Cisco Systems ergänzen. Ziel des ETFs ist es, nicht nur mit Unternehmen Rendite zu erzielen, die bei den Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien vorn liegen, sondern nur Aktien im Portfolio zu führen, die auch kritische Marktphasen meistern können. Es handelt sich also um gemessen an der Marktkapitalisierung große Unternehmen mit robustem Bilanzbild (wenig Verschuldung, überdurchschnittliche Dividende) und zukunftssicherem Geschäftsmodell. Hierfür wandern von unserem Budget 10.000 Euro in den schwankungsarmen ESG-ETF.

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Drei Mal 5.000 Euro

15.000 Euro verbleiben, die es anzulegen gilt. Mit dem MSCI World und MSCI World ESG Leaders ist das Musterdepot mit tendenziell defensiven Aktien mit Heimatmarkt USA gut aufgestellt. Trotz der angespannten und unübersichtlichen Lage gilt es dennoch, das weiter zu diversifizieren und Chancen zu ergreifen. Hierfür reserviere ich kleinere Positionen von jeweils 5.000 Euro.

Als Gegengewicht zum US-lastigen Teil eignet sich ein Schwellenländer-ETF. Beispielsweise der Xtrackers MSCI Emerging Markets (WKN: A12GVR). China nimmt mit mehr als 27 Prozent den größten Länderanteil ein, gefolgt von Taiwan mit knapp 18 Prozent. Südkorea und Indien belegen die Plätze drei und vier mit jeweils mehr als zwölf Prozent.

Doch Achtung: Die Diskussion um steigende Zinsen in den USA ist für Schwellenländer nachteilig, da sie in Dollar aufgenommene Schulden bei einem steigenden Dollarkurs teuer zu stehen kommen. Dennoch bieten Länder wie China, die derzeit die Energie- wende kraftvoll vorantreiben, sowie der Hightech-Standort Südkorea reichlich Renditepotenzial. Daher nähert man sich am besten mit einem geringeren Engagement von 5.000 Euro.

Einen absoluten Megatrend gilt es mit einem Themen-ETF abzudecken. Es dreht sich um Cybersecurity. Weitere 5.000 Euro fließen in den iShares Digital Security (WKN: A2JMGE). Sicherheitssoftware und eine sichere IT-Infrastruktur sind für Firmen heutzutage unerlässlich.

Auch der Ukraine-Krieg wird zum Teil mit Cyber-Waffen und Schadsoftware geführt. Mit der kleinen Position investieren Anlegerinnen und Anleger in Unternehmen wie Palo Alto Networks, Cloudflare, Datadog und Tech Mahindra. Mit 0,40 Prozent an Gesamtkosten ist das Portfolio teurer als die anderen. Dafür konnten Anlegerinnen und Anleger auf 3-Jahres-Sicht eine durchschnittliche Rendite von 13 Prozent generieren.

Für den letzten Depot-Baustein wende ich mich dem Sachwerte-Thema in Form von Gold zu. Gold ist eine wichtige Anlageklasse, um sich vor Inflation zu schützen. Es geht darum, Werte zu erhalten. Hierfür eignet sich Gold wegen seiner begrenzten Verfügbarkeit. Das angesprochene Xetra-Gold (WKN: A0S9GB) ist ein guter Tipp. Es handelt sich um einen börsengehandelten Rohstoff (engl.: Exchange Traded Commodity).

Die Vorteile sind zahlreich: Die Anlage funktioniert als Einmal-Investment und als Sparplan. Gleichzeitig braucht es keinen physischen Ankauf von Gold in Barren- oder Münzen-Form. Dennoch ist das Wertpapier physisch besichert. Der Wert bezieht sich auf ein Gramm Gold. So gesehen können sich Eigentümerinnen und Eigentümer ihren Gegenwert auch in Gold ausliefern lassen. Plus: Veräußerungsgewinne unterliegen nicht der Kapitalertragssteuer. Das macht eine Anlage sehr attraktiv. Die letzten 5.000 Euro werden also in Xetra-Gold angelegt. Somit ist das Portfolio für 50.000 Euro komplett.

Fazit

Angesichts der aktuellen Lage ist das Portfolio relativ defensiv ausgerichtet. Sollten sich rasch Entspannungstendenzen zeigen, kann man einzelne Positionen anpassen. Beispielsweise ließe sich der ESG-Low-Vola-ETF durch einen reinen ESG-ETF ersetzen. Ein langfristiger Horizont und ein defensiver Charakter ist generell jedoch nie schädlich.