29. Oktober 2022

Pro & Contra: Reicht ein ETF auf den MSCI World oder nicht?

Der MSCI World ist der ETF-Klassiker schlechthin. Manche schwören auf den Index und sind seit mehreren Jahren erfolgreich mit einem MSCI-World-ETF im Depot unterwegs. Andere halten den World-Index für überbewertet und schmähen ihn als Etikettenschwindel. Auch in unserer Redaktion gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen zu dem MSCI World. Die Frage lautet nun: Wer hat recht? Und reicht wirklich ein einziger ETF im Depot?

Wie sieht das optimale Depot aus? Wahrscheinlich stellst du dir auch diese Frage, schließlich würdest du dir wohl sonst kaum ein Anlegermagazin kaufen. Die Antwort auf die Frage nach dem passenden Portfolio kann sehr unterschiedlich ausfallen, denn es gibt kein Richtig oder Falsch. Es gibt aber sehr wohl ein Besser oder Schlechter. Grundsätzlich ist aus unserer Sicht langfristig jeder auf der Siegerstraße, der in den weltweiten Aktienmarkt mit Hilfe günstiger ETFs investiert.

ETFs machen das Anlegerleben leichter. Schon wenige Produkte genügen, um in tausende Einzeltitel investieren zu können. Und das lohnt sich, wie ein Blick in den Rückspiegel zeigt. Schließlich haben Dax, Nasdaq, S&P 500 und natürlich auch der MSCI World Anlegern auf lange Sicht hervorragende Renditen von bis zu 14 Prozent pro Jahr (Nasdaq) beschert.

Nach Ansicht vieler Beobachter und Privatanleger genügt sogar bereits ein einziger ETF im Depot, um erfolgreich Vermögen aufzubauen. Der Klassiker, der dann immer wieder genannt wird, ist der MSCI World. Der MSCI World ist ein Aktienindex, der 1.500 Aktien aus den USA, Europa und vielen weiteren Ländern enthält. Mit dabei sind unter anderem weltbekannte Firmen wie Apple, Alphabet (Google), Amazon und Tesla, aber auch Konzerne wie SAP und Daimler. Der Index ist einer der bekanntesten – in Deutschland nach dem

Dax der zweitbekannteste. Zum anderen sind einige ETFs auf diesen Index wahre Flaggschiffe und prall gefüllt mit Milliarden von Investorengeldern.

Wie sollten Anleger investieren?

Auf diese banale und dennoch durchaus komplizierte Frage geben Puristen eine ganz simple Antwort: einfach auf einen ETF auf den MSCI World setzen. Auch wenn der Zusatz „World“ im eigentlichen Wortsinn nicht ganz korrekt ist, so decken Anleger damit dennoch einen Großteil des weltweiten Börsengeschehens ab, da sich der MSCI-World-Index auf die 23 führenden Industrienationen bezieht.

Kritiker hingegen werfen dem MSCI World „Etikettenschwindel“ vor. Denn beim Blick auf die Weltkarte merkt man schnell, dass die allermeisten Staaten im MSCI World gar keine Rolle spielen. Obendrein machen die USA mehr als zwei Drittel am gesamten Index aus. Das stößt dem einen oder anderen sauer auf. In diesem „Pro-Contra“ geht es also um die Frage: Reicht nur ein ETF auf den MSCI World oder macht man es sich damit nicht doch zu einfach? Katja Brauchle vertritt die Auffassung, dass ein MSCI-World- ETF im Depot nicht ausreicht, um bei der Geldanlage zu reüssieren. Als Vertreter der „Pro-MSCI-World-Fraktion“ legt Thomas Brummer dar, warum man mit dem Index alles richtig macht. Viel Vergnügen mit unserem Schlagabtausch! Schreibe uns unter redaktion@extraETF.com deine Meinung zu der Frage. Wir freuen uns auf deine Argumente.

Pro: Ein ETF auf den MSCI World reicht vollkommen aus

Mit nur einem ETF in die ganze Welt investieren, das ist mit einem ETF auf den MSCI World fast möglich. Warum nur fast? Auf den ersten Blick mag die Bezeichnung MSCI World etwas irritierend wirken, da hier nur 23 Länder enthalten sind. Dabei gibt es doch weltweit rund 200 Staaten. Nun ja, aber muss man wirklich in jede noch so kleine Bananenrepublik investieren? Zudem ist das gar nicht möglich, da nicht jedes Land eine Börse aufzubieten hat. In manchen Staaten gibt es auch Zugangsbeschränkungen für ausländische Investoren. Zum anderen würden die meisten Staaten aufgrund ihrer ökonomischen Bedeutungslosigkeit ohnehin nur einen symbolischen Platz einnehmen, ohne aber ernsthaft kursbestimmend zu sein. Denn die enthaltenen Unternehmen in dem Index werden nach ihrem Börsenwert gewichtet.

Ergo: Dass der MSCI World möglicherweise etwas mehr verspricht als er hält, ist halb so wild. Es handelt sich halt um einen reinen Industrieländer-ETF. Bei Index-Konkurrent FTSE kommt das im Namen besser durch. Denn dort heißt das Pendant zum MSCI World einfach FTSE Developed World – also die Börsen der „entwickelten Welt“. In diesem Plädoyer für MSCI-World-ETFs sind auch solche auf den FTSE Developed World gemeint. Die Überschneidung liegt bei mehr als 99 Prozent. Da jedoch der MSCI World wesentlich bekannter ist, gehen wir in erster Linie auf diesen ein. Für Anleger sind aber die beiden Indizes definitiv als gleichwertig anzusehen.

In den Industrieländern spielt die globale Börsenmusik

Investiere ich also mit dem MSCI World oder dem FTSE Developed World nur in einen kleinen Ausschnitt der „Welt AG“? Nein, und das ist genau der Punkt. Sie decken 75 Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung ab. Welt-Indizes, die Schwellenländer hinzunehmen, liegen auch nicht wesentlich darüber. Und im MSCI World sind mehr als 1.500 Großkonzerne enthalten, die ihre Geschäfte größtenteils weit über ihre Landesgrenzen hinaus betreiben. Kritiker, die etwa den großen US-Anteil ankreiden, vergessen vielleicht gelegentlich, dass gerade die Tech-Riesen, die zu diesem hohen Ge- wicht beitragen, nicht einzig von der wirtschaftlichen Lage in den USA abhängig sind, sondern ihre Dienste weltweit anbieten und einfach nur ihren Hauptsitz in den USA haben.

Oder lieber doch den MSCI ACWI?

Etwas weiter gefasst sind ETFs auf den MSCI ACWI. Das ist eine Kombination aus „World“ (Industrieländer) und „Emerging Markets“ (Schwellenländer). Das klingt doch schon viel ausgewogener, denken Sie nun vielleicht. Auf den ersten Blick ist das so, schließlich kommen 27 Schwellenländer hinzu. Die Krux: Diese machen im ACWI aber gerade einmal gute zehn Prozent aus. Das macht das Kraut auch nicht fett. Die Wertentwicklung ist im Endeffekt fast identisch zum MSCI World. Die Schwankung dürfte auf lange Sicht sogar noch darüber liegen. Der Grund: Schwel- lenländer sind häufig ökonomisch und politisch noch nicht so stabil wie hoch entwickelte, demokratische Industrie- staaten wie Deutschland.

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Der MSCI World ist für jeden Anfänger absolut geeignet

Ich kann jeden routinierten Anleger verstehen, dem nur ein ETF auf den MSCI World zu plump erscheint. Es ist aus meiner Sicht aber auch kein Problem, sein Welt-Portfolio noch etwas feiner ausrichten zu wollen. Doch gerade Einsteigern und Anlegern mit noch wenig Erfahrung möchte ich raten: Lassen Sie sich den MSCI World nicht schlecht reden, er ermöglicht gerade für die ersten Börsenjahre einen super Einstieg in die Welt der effizienten Geldanlage.

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Contra: Die Welt ist nicht genug – nicht nur bei James Bond

Wenn man sich mit Menschen über ETFs unterhält, die noch kein tieferes Börsenwissen haben, fällt fast immer der Begriff MSCI World. Ich wurde auch schon einige Male gefragt, ob ich denn in einen ETF auf diesen Index investiere. Meine Antwort dazu lautet Jein, denn ich habe einen etwas spezifischeren MSCI-World- ETF, darum soll es hier aber nicht gehen. Einen klassischen MSCI-World-ETF gibt es nicht in meinem Portfolio. Als ich meine ersten Schritte in der ETF-Welt gemacht habe, gab es ihn aber. Es war der zweite ETF, den ich jemals gekauft habe. Ohne viel Vorwissen, in der Annahme, damit eine breite Streuung zu erreichen und weltweit in Unternehmen zu investieren. Und genau hier lag ich falsch – wie viele andere junge Anlegerinnen und Anleger auch. Denn der MSCI-World-Index ist vieles, aber ein Welt-Index ist er trotz des vielversprechenden Namens eben nicht.

Doch ein bisschen Etikettenschwindel im Spiel?

Tatsächlich bildet der Index nur Industrienationen ab. Das mögen zwar immerhin 23 an der Zahl sein und somit enthält der Index auch mehr als 1.500 Aktien und ermöglicht auf jeden Fall eine breite Streuung – aber er deckt eben nicht die ganze Welt ab. Und da sehe ich ein großes Problem, insbesondere für jene Anlegerinnen und Anleger, die gerade erst anfangen und noch keinen guten Überblick über den Markt haben.

Wenn auf einem ETF „Welt“ steht, er- warte ich naturgemäß auch, dass „Welt“ drinsteckt – nicht nur ein Teil davon. Schließlich kaufe ich auch keine Packung Miracoli in der Annahme, dass die Sauce dann nochmal extra zu erwerben ist. Insofern ist der Vorwurf des Etikettenschwindels nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Denn Amerika, Japan und Europa sind nicht die Welt.

Was mein Kollege Thomas bezüglich der Marktkapitalisierung sagt, ist richtig. Daran gibt nichts zu kritteln und 75 Prozent der globalen Marktkapitalisierung abzudecken, ist sicher kein Fehler, wenn man ein stabiles Investment tätigen möchte. Aber das „World“ zu nennen, ist schon fast frech, und wenn man ins Politische abdriften möchte, könnte man sich schon fragen, ob denn die Emerging Markets kein ebenso wichtiger Teil der Welt sind. Aus meiner Sicht ist der Name MSCI World daher reines Marketing. Ich würde mir hier ein bisschen mehr Differenzierung wünschen – auch wenn es am Ende natürlich immer noch Aufgabe jeder Anlegerin und jedes Anlegers selbst ist, zu prüfen, in welches Produkt man da eigentlich investiert.

Ein MSCI-World-ETF ist auf keinen Fall genug

„The World is not enough“ – 1999 war das der Titel des 19. James-Bond-Films und das trifft auch bei der Geldanlage auf Basis eines MSCI-World-ETFs zu. Deshalb rate ich eher dazu, etwa auf den Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (WKN: A1JX52) zu setzen, der den FTSE All-World Index abbildet. Hier können Anlegerinnen und Anleger sicher sein, tatsächlich einmal rund um den gesamten Globus investiert zu sein – derzeit sind über 3.700 Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern in dem Vanguard-ETF enthalten.

Wer aber bereits einen MSCI-World-ETF gekauft oder einen Sparplan darauf abgeschlossen hat, muss das nicht direkt wieder rückgängig machen. Eine andere Möglichkeit ist die Ergänzung um einen Schwellenländer-ETF, etwa den iShares Core MSCI EM IMI UCITS ETF (Acc) (WKN: A111X9). In ihm sind knapp 3000 Unternehmen aus 27 Schwellenländern enthalten – eine gute und sinnvolle Ergänzung also.