9. Januar 2021
Sollten Sie einen Berater einschalten für Ihre Geldanlage?

Pro & Contra: Selbst das Vermögen verwalten oder einen Berater beauftragen?

Verwalte ich mein Vermögen selbst oder beauftrage ich einen Berater damit? Beide Herangehensweisen haben ihre Berechtigung. Unsere Kommentatoren diskutieren die beiden Standpunkte aus ihrer Perspektive.

Bei der Verwaltung des eigenen Vermögens gibt es zwei Wege: Selbst ein Portfolio anlegen und dieses pflegen oder einen Berater damit beauftragen. Das ist eine Grundsatzfrage, die sich jeder Privatanleger stellen sollte. Denn beides hat Konsequenzen.

Wer sich beispielsweise mit Hilfe unseres Magazins oder des Anlegerportals extraETF.com ein Portfolio zusammenstellt, sollte sich vorher trotz aller Hilfestellungen Gedanken über seine Risikotragfähigkeit machen. Danach steht die konkrete Produktauswahl. Leider ist es damit noch nicht getan. Sie sollten Ihr Portfolio von Zeit zu Zeit anpassen. Das ist mit einem gewissen, wenn auch überschaubaren regelmäßigen Aufwand verbunden. Vorteil: Ein selbstverwaltetes, breites ETF-Portfolio ist günstig im Unterhalt.

Die andere Möglichkeit: Wer sich nicht selbst mit seinen Finanzen übermäßig befassen möchte, kann sich an einen Berater wenden. Vorab: Sollten Sie diese Variante bevorzugen, so empfehlen wir den Gang zu einem Honorarberater und nicht zum Bankberater der Hausbank. Denn die vermeintlich kostenlose Beratung dort zahlen Sie meist doppelt dreifach in Form von kostspieligen Abschlüssen.

Das Heimtückische ist, dass für die meisten Privatanleger diese Mehrkosten nicht so ohne weiteres zutage treten. Doch zurück zur Variante „Honorarberater“. Dort werden Privatanleger im Idealfall ergebnisoffen beraten. Der Berater kümmert sich dann um die Produktauswahl. Wer dies in Anspruch nimmt, zahlt meist nach Arbeitsstunden. Es ist also teurer als die Selbstverwaltung, doch gerade für Haushalte, die sich weniger für Finanzen interessieren, eine bequeme Alternative, dennoch in sinnvolle Finanzprodukte zu investieren.

Auch zu diesem Streitthema haben wir zwei Kontrahenten aufzubieten. Da wir selbst über das Thema ETF informieren und unter extraETF.com etliche Hilfsinstrumente für Selbstentscheider anbieten, kommt der Kommentar, Pro Selbstentscheider diesmal direkt von uns. In einem Kommentar legt Franz Rieber, verantwortlich für die Bereiche Business Development und Research bei extraETF. Ihm gegenüber steht Dieter Rauch, Geschäftsführer und Gründer des Verbundes Deutscher Honorarberater (VDH). Rauch übernimmt damit wenig überraschend die Perspektive der Beratung.

Franz Rieber von extraETF: Fast jeder kann selbst anlegen

In meinen Augen können in der heutigen Zeit nahezu alle Privatanleger ihre Geldanlage in die eigenen Hände nehmen. Das Zauberkürzel lautet dabei: ETF. Allerdings gibt es eine Ausnahme.

Geldanlage sollte drei Eigenschaften vereinen: einfach, sicher und rentabel. Diese Voraussetzungen zu erfüllen muss nicht kompliziert sein. Dank Digitalisierung und Direktbanken ist die Geldanlage heute deutlich zugänglicher als früher. Ein Tagesgeldkonto oder Depot ist bereits in wenigen Minuten online eröffnet. Und schon kann die Geldanlage in Eigenregie starten. Ein Vorteil: Man kann deutlich an Gebühren sparen. Das hat allerdings einen etwas anderen Preis.

Man muss Zeit investieren, um sich in die Materie einzulesen und sie zu verstehen. Aber auch das ist dank der Informationen im Internet und der vielen guten Bücher heute einfacher geworden. Anleger brauchen beim eigenständigen Investieren nur zwei Ebenen zu beachten: den risikoarmen Anteil der Anlage in Tages- und Festgeld sowie den risikobehafteten Anteil in ETFs. Diese Anlageformen sind einfach verständlich und vermeiden unnötig hohe Kosten. Dank der ETFs steht für alle ein einfaches, unkompliziertes und kostengünstiges Instrument für Investition in die weltweiten Aktienmärkte bereit – und das ohne Einstiegsbarrieren.

Geht es um die Rentabilität einer Anlage, so hat sich gezeigt, dass die Aktie als Anlageklasse unschlagbar ist. In den vergangenen 120 Jahren hat es eine durchschnittliche jährliche und inflationsbereinigte Rendite von fünf Prozent bei Investition in die weltweiten Aktienmärkte gegeben. Zum Vergleich: Bei Tages- und Festgeld hat Anleger 6,25-mal schlechter abgeschnitten (0,80 % p.a.).

Ich persönlich bin der Meinung: Ohne Aktien geht es nicht! Aber: keine Rendite ohne Risiko. Das Risiko wird bei Aktienanlagen am besten durch Diversifikation und Zeit ausgeglichen. Für die Diversifikation eignen sich ETFs optimal. Bereits ein ETF reicht aus, um in die größten 3.300 Unternehmen auf der ganzen Welt zu investieren. Selbst der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, hat den größten Teils seines Wertpapiervermögens in genau so einen ETF investiert.

Tipp: Hier finden Sie die günstigsten Anbieter für ETF-Sparpläne.

Warum ETFs und keine aktiv gemanagten Fonds?

Erstens sind ETFs unschlagbar günstig, weil sie einen Index abbilden und somit kein teures Management benötigen. Zweitens ist es wissenschaftlich belegt, dass aktive Fonds langfristig nicht besser als der Markt abschneiden. Warum also nicht gleich in den Markt via ETFs investieren? Ein Anleger muss also nur noch einen entsprechenden Anlagehorizont mitbringen. Falls das nicht möglich ist, wird das Risiko eben durch Reduzierung des risikobehafteten Teils der Anlage erreicht. Und das ist ein weiterer Pluspunkt für die Eigenregie.

Das Risiko der Anlage lässt sich jederzeit selbst steuern. Wer vorsichtig investieren möchte, legt mehr in Tages- und Festgeld an und wenig in ETFs. Bei Anlegern mit langem Horizont oder risikofreudigeren Investoren kann entsprechend mehr in ETFs angelegt werden. Diese Aufteilung können Anleger schnell selbst anpassen. ETF-Anteile können an jedem Börsentag gehandelt werden.

Fazit von Franz Rieber

Geldanlage kann also einfach sein und von den meisten selbst problemlos umgesetzt werden. Dennoch gibt es eine Ausnahme: Wer absolut keine Zeit, Lust oder Nerven hat, sich in die Materie einzuarbeiten, oder wessen Vermögensverhältnisse äußerst komplex sind, für den kann Beratung Sinn machen.

Tipp: Asset Allocation – hier erfahren Sie, wie Sie Risiko und Ertrag miteinander in Einklang bringen.

Dieter Rauch (Verbund Deutscher Honorarberater): Darum sollten Anleger einen Berater haben

Die Frage, ob Anleger die Hilfe von einem Berater nutzen sollten oder nicht, ist pauschal nicht zu beantworten. Die Antwort lautet: Kommt drauf an – und zwar auf die persönlichen Lebensumstände des Anlegers.

Handelt es sich um einen Berufseinsteiger, eine junge Familie, Best-Ager oder Ruheständler? Ist bereits Vermögen vorhanden oder steht man noch ganz am Anfang des Vermögensaufbaus? Für einen 20-Jährigen reicht es, sich mit den Grundlagen des Vermögensaufbaus zu beschäftigen. In erster Linie wird es hier um einen Sparplan gehen. Beratung benötigt dieser nur bei der Absicherung seines Humankapitals, z. B. für Krankheit oder Berufsunfähigkeit.

Für den Vermögensaufbau kommt man mit einem weltweit investierenden Aktien-ETF wie dem Vanguard FTSE All World oder mit dem MSCI World ACWI mit geringen Kosten aus. Das ist die günstigste und einfachste Weise, ein Weltportfolio zu besparen. Während der Sparphase ist Disziplin erforderlich. Gerade in volatilen Zeiten ist der Rat eines Beraters, der einem hilft, „auf Linie“ zu bleiben, oft wertvoll. Er bewahrt Sparer und Anleger häufig vor übereilten und kostspieligen Entscheidungen. Meist reicht dafür schon, eine Stunde im Jahr in eine/n Honorar-Finanzanlageberater/ in zu investieren.

Finanz- und Ruhestandsplanung beim Honorarberater

Mit fortschreitendem Alter verändern sich die persönlichen Anforderungen. Mit Ende 20, Anfang 30 gründet man vielleicht eine Familie, der berufliche Status hat sich verändert und/oder es steht der Wunsch nach Immobilieneigentum im Raum. Damit steigt die Komplexität für das Erreichen der Ziele und nicht weniger wichtig auch die

Verantwortung für die Familie. Nicht zu vergessen ist das Schließen von Lücken bei der Altersvorsorge. Um diese Kundengruppe buhlt ein ganzes Heer von Finanzberatern, Banken und Versicherungsmaklern. Oft werden nur Teilbereiche beraten und das große Ganze aus den Augen verloren. Die Gefahr: ein Flickenteppich von Produktlösungen.

Der Versicherungsmakler bietet Versicherungen für Risiko und Altersvorsorge, die Bank möchte Anlageprodukte platzieren und Finanzberater meist Investmentfonds. Was Anleger jedoch vor einer möglichen Produktlösung benötigen, ist ein fundierter und individuell in sich abgestimmter Finanzplan. Sozusagen ein gutes Uhrwerk, bei dem alle Rädchen ineinandergreifen.

Im Rentenalter wird die Herausforderung sein, das erreichte Vermögen zu sichern. Wie lange reicht das Kapital und welche Vermögensverteilung eignet sich dafür? Hinzu kommen Themen wie z. B. Pfl ege oder Schenken und Vererben.

Fazit von Dieter Rauch

Unabhängige Beratung lohnt sich für jeden, der sich über sein Geld Gedanken machen kann oder muss. Bei der Wahl des Beratertyps sollte sich der Anleger darüber bewusst sein, welches (Eigen-)Ziel der jeweilige „Berater“ verfolgt. Wird eine vermeintlich kostenlose Beratung angeboten, steht am Ende fast immer ein Produktverkauf mit oft üppigen Provisionen. Kostet dagegen die Beratung Honorar, handelt es sich in der Regel um eine ergebnisoffene Beratung mit dem Ziel einer unabhängigen Empfehlung auf der Grundlage einer fundierten Planung. Gute Beratung ist kein Produktverkauf. Sie funktioniert wie ein hochwertiges Uhrwerk und sorgt dafür, dass jedes Zahnrad in das andere greifen kann. Am Ende steht die Frage: Reicht eine Batterieuhr aus oder soll es die Automatik sein?

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