20. Februar 2017
Sektorrotation mit ETFs

Sektorrotation: Eine Strategie für das Depot-Feintuning

Seit jeher nimmt der Konjunkturzyklus Einfluss darauf, ob die Aktien einer Branche gerade angesagt sind oder nicht. Über die Sektorrotation können Anleger versuchen, stets am Puls der Zeit zu sein. ETFs eignen sich für die Umsetzung perfekt.

„Jede Zeit hat ihre Lieder“ – schon vor der Jahrtausendwende brachten Maria und Margot Hellwig ihre Fans mit diesem Lied ins Schwärmen. Im übertragenen Sinne hat der Titel des berühmten Volksmusikduos auch an der Börse seine Gültigkeit. Allerdings müsste er hier „Jede Zeit hat ihre Branchen“ lauten. Seit jeher zeigt sich bei Aktienperformance einzelner Wirtschaftszweige ein signifikanter Zusammenhang mit dem jeweiligen Konjunkturzyklus respektive der Marktphase. Aus dieser Erkenntnis entstand eine spezielle Investmentstrategie, die Sektorrotation. Sie zielt darauf ab, rechtzeitig zu erkennen, welche Branchen gerade angesagt sind und dort die entsprechende Positionierung aufzubauen. Das Ziel ist klar: Mit Hilfe der Sektorrotation soll eine Outperformance gegenüber dem breiten Markt erzielt werden.

Ein gängiger Ansatzpunkt ist die Unterscheidung zwischen zyklischen und nicht-zyklischen Branchen. Das erst genannte Adjektiv steht für Sektoren, bei denen das Auf und Ab der Wirtschaft einen vergleichsweise starken Einfluss auf die Geschäfte nimmt. Dagegen gelten nicht-zyklische Sektoren als relativ immun gegenüber der makroökonomischen Großwetterlage – sie erhalten daher häufig auch das Etikett als „defensive“ Aktien. Um die Sensitivität einzelner Branchen genauer bestimmen zu können, müssen die verschiedenen Konjunkturzyklen in Betracht gezogen werden. Volkswirte unterscheiden in der Regel zwischen Aufschwung, Boom, Rezession und Depression.

Sektorrotation: Gleichbleibende Muster

Fidelity Investments hat sich 2014 in einer Studie ausführlich mit den verschiedenen Wachstumsphasen und ihrer Auswirkung auf die Aktienmärkte beschäftigt. Die vier an dem Werk beteiligten Autoren stellen zunächst fest, dass sich jeder Wirtschaftszyklus auf seine Weise von anderen unterscheidet. Allerdings gibt es bestimmte Muster, die sich im Laufe der Zeit wiederholen. An Hand drei zentraler Parameter lässt sich den Experten zufolgen beurteilen, welche Phase gerade vorliegt. Neben den Unternehmensgewinnen zählen sie dazu die Kreditvergabe sowie die Lagerbestände. Hinzu kämen die Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie die Geldpolitik.

Fidelity hat die historische Kursentwicklung beginnend mit dem Jahr 1962 analysiert. Dabei zeigt sich, dass Finanz-, Technologie und Industrieaktien sowie die Hersteller von Nicht-Basiskonsumgütern zu Recht als Zykliker gehandelt werden. Diese Sektoren setzten sich gerade in der frühen Phase eines Aufschwungs vom Markt ab. Die Outperformance kommt nicht von Ungefähr. Beispielsweise spielt der Finanzbrache die in Zeiten niedriger Zinsen erhöhte Kreditvergabe in die Hände. Im Industriebereich setzen Investoren dagegen auf steigende Investitionen respektive einen neuen Schwung im Welthandel. Zu guter Letzt profitieren Konsum- und Technologiefirmen von der Rückkehr der privaten Kauflaune, sei es in Form eines neuen Autos oder des modernen Smartphones.

Schleichender Favoritenwechsel

Je weiter der Konjunkturzyklus fortschreitet, desto stärker schwindet das Momentum der genannten Wirtschaftszweige. Nach und nach übernehmen defensive Sektoren die Favoritenrolle. Als vergleichsweise wenig konjunktursensibel gelten die Bereiche Basiskonsumgüter, Versorger, Telekom und Gesundheit. Diese Wirtschaftszweige liefern Nahrungsmittel, Elektrizität, Kommunikation und Medikamente – selbst in einer Konjunkturkrise kann der moderne Mensch hier nur bedingt den Rotstift ansetzen. „Der Basiskonsumgütersektor zeigt in punkto Outperformance gegenüber dem breiten Markt während der gesamten Rezessionsphase eine perfekte Bilanz“, betonen die Fidelity-Experten.

Wie generell an der Börse besteht auch bei der Sektorrotation die Krux im richtigen Timing. Das heißt, Anleger müssen zunächst festlegen, in welcher Phase sie den Zyklus gerade sehen. Darüber hinaus können strukturelle Veränderungen dafür sorgen, dass eine Branche nicht dem gewohnten Muster folgt. Beispielsweise treiben die fortschreitende Digitalisierung sowie bahnbrechende Innovationen wie Smartphones und Tablets seit Jahren die Kurse im Technologiesektor. Dagegen schickte der von der Bundesregierung 2011 beschlossene Atomausstieg die heimischen Versorger ungeachtet sämtlicher Zyklen tief ins Börsenabseits. Trotz solcher Risiken ist die Sektorstrategie vor allem als Depotbemischung interessant. Anleger, deren Portfolio diversifiziert aufgestellt ist, können auf diese Weise eine Art Feintuning vornehmen: Im Aufschwung sorgen zyklische Positionen für den gewissen Pep. Dagegen könnte sich in Krisenzeiten der Versuch lohnen, einer Baisse durch die Übergewichtung defensiver Werte abzufedern.

Sektorrotation bei Branchen-ETFs
Sektorrotation auf einem Blick: Die in Sektor-ETFs investierten Gelder in Mio. €.

Rotation läuft

Umsetzen lässt sich die Sektorstrategie am einfachsten mit Hilfe von Exchange Traded Funds (ETFs). Anleger steht hier ein breites Spektrum an globalen und regionalen Branchenindizes zur Verfügung. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass diese Produkte auf reges Interesse stoßen. Laut aktuellen Zahlen von Deutsche Bank Markets Research (siehe Grafik) verwalten Sektoren-ETFs in Europa knapp 23 Milliarden Euro. Überdies macht der Report die Vorlieben der Investoren deutlich. Im Januar verzeichneten passive Indexfonds auf Finanzwerte die höchsten Mittelzuflüsse. Derweil zogen Investoren aus dem Healthcaresektor Kapital ab. 2016 hatte die Gesundheitsbranche noch die stärksten Zuflüsse verbucht. Fazit: Nach einem von China-Turbulenzen und Brexit geprägten Jahr der Zweifel hat der nicht zuletzt mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump einhergehende Konjunkturoptimismus eine Sektorrotation in Bewegung gesetzt.

Weiterführende Informationen über Branchen-ETFs finden Sie in unserem ETF-Anlageleitfaden zum Thema „Investieren in Branchen-ETFs„.