6. Juli 2011
Unternehmensanleihen wieder attraktiv

Sind Anleihen-ETFs eigentlich riskanter als direkt gehaltene Anleihen?

Beim ersten Nachdenken sind Anleihe-Indizes genauso einfach zu verstehen wie entsprechende Indizes im Aktienbereich. Weil Anleihen – im Gegensatz zu Aktien – aber immer eine Fälligkeit haben, müssen die einem Anleiheindex zu Grunde liegenden Anleihen regelmäßig ausgetauscht werden. Wir zeigen, welche Auswirkungen dies auf ein Investment hat.

Wenn es um die Frage geht, ob es vorteilhafter sei, direkt in Staatsanleihen zu investieren oder aber lieber einen entsprechenden ETF zu kaufen, existiert ein Argument, das immer wieder auftaucht: Der Direktkauf sei weniger riskant, weil man sicher sein kann, am Laufzeitende den Nennwert der Anleihe ausbezahlt zu bekommen. Normalerweise jedenfalls.

Warum in Anleihen-ETFs investieren trotz einiger Nachteile gegenüber Direktinvestments

Bei Anleihen-ETFs dagegen gibt es nur die Sicherheit, dass ihr Kurs schwankt. Der Grund liegt auf der Hand: Die von Anleihen- ETFs replizierten Indizes bilden die Entwicklung von Anleihen mit einer bestimmten Restlaufzeit ab, zum Beispiel die Entwicklung europäischer Staatsanleihen mit fünf bis sieben Jahren Restlaufzeit. Unterschreitet nun eine Anleihe die Mindest-Restlaufzeit (im Beispiel also sieben Jahre), scheidet sie aus dem Index und damit aus dem ETF aus – unabhängig davon, wo der Kurs der Anleihe gerade steht. Daher können sich ETF-Anleger nicht auf einen festen Kurs zu einem bestimmten Zeitpunkt verlassen.

Dies ist der Grund, warum einzelne Anleihen, die man bis zur Fälligkeit hält, tatsächlich weniger riskant erscheinen. Warum also sollte man überhaupt Staatsanleihen-ETFs kaufen? Schließlich kommen bei ETFs weitere Nachteile hinzu: Zum einen die fällige Verwaltungsgebühr, auch wenn sie in der Regel sehr niedrig ist. Hinzu kommt, dies sei der guten Ordnung halber an dieser Stelle nicht verschwiegen, dass viele Anleihen-ETFs (wie auch alle Lyxor ETFs) Swap-basiert sind, sodass zumindest ein theoretisches Ausfallrisiko in Bezug auf den Swap-Anteil besteht. Also: Wieso sollte man überhaupt Staatsanleihen-ETFs kaufen? Oder anders formuliert: Haben Anleihen-ETFs eigentlich auch Vorteile?

ETF-Vorteil 1: Rendite- und Risikooptimierung durch Diversifikation

Es gibt deren sogar drei. Erstens: Ihre Diversifikationsleistung. Deutsche Staatsanleihen ermöglichen nur sehr niedrige Renditen. Dies ist der Preis, den Investoren für höchste Sicherheit und Liquidität bezahlen müssen. Aus diesem Grund erscheint es in der Tat fragwürdig, einen Anleihen-ETF mit ausschließlich deutschen Staatsanleihen zu kaufen, da man Gebühren für eine in der Praxis unnötige Diversifikation über verschiedene Emissionen des gleichen Emittenten bezahlen würde, dessen Ausfallrisiko verschwindend gering ist. ETFs, die dagegen Staatsanleihen aus verschiedenen Euro- Länder abbilden, enthalten auch riskantere Papiere – aus Frankreich, Spanien oder Italien -, was eine höhere Rendite ermöglicht. Gleichzeitig wird das Zusatzrisiko durch die Streuung über verschiedene Länder gemildert. Durch Diversifikation wird ein besseres Verhältnis von Risiko und Rendite erreicht.

ETF-Vorteil 2: Konstante Restlaufzeiten (Duration)

Der zweite Vorteil von Staatsanleihen-ETFs ist ihre konstante Duration. Anleihe-Indizes sind so konstruiert, dass die enthaltenen Anleihen immer ungefähr die gleiche Restlaufzeit aufweisen. Anders gesagt: Die Duration der Anleihen, also die zeitliche Streckung ihrer Zahlungsströme, bleibt konstant. Wer zum Beispiel heute einen ETF kauft, der Anleihen mit Restlaufzeiten von fünf bis zehn Jahren abbildet, wird auch in fünf Jahren noch einen ETF besitzen. Wer dagegen heute eine Einzelanleihe mit einer Restlaufzeit von 7,5 Jahren kauft, wird in fünf Jahren eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von 2,5 Jahren besitzen. Diese Anleihe wird dann deutlich niedrigere Kursschwankungen aufweisen, sich aber auch niedriger rentieren.

Was sich auf den ersten Blick nach einem Vorteil anhört, kann sich als Nachteil herausstellen. Denn: Anleihen als Teil eines diversifizierten Portfolios sollen sensibel auf Zinssenkungen reagieren, was bei (sehr) kurzen Laufzeiten nicht vollständig gegeben ist. Daher ist es für eine konsequente Asset Allokation vorteilhaft, wenn man sich mit einem ETF bequem auf eine bestimmte Duration festlegen kann.

ETF-Vorteil 3: Höhere Renditen durch längere Laufzeiten

Der dritte Vorteil von Staatsanleihen-ETFs ist schließlich ihre höhere Rendite durch längere Laufzeiten. Häufig ermöglichen Anleihen mit längeren Laufzeiten höhere Zinsen. Dies lässt sich leicht erkennen, wenn man zwei Kennzahlen einander gegenüber stellt: die laufende Rendite und die effektive Rendite. Erstere wird ermittelt, indem man den jährlichen Kupon durch den aktuellen Börsenkurs teilt. Letztere gibt die Rendite an, die man beim Halten einer Anleihe bis zur Fälligkeit hält.

In einem normalen Zinsumfeld ist die laufende Rendite höher; und sie ist die für einen ETF relevante Kennzahl – weil man Anleihen nicht bis zur Fälligkeit hält, sondern sich auf ein Laufzeitenprofil festlegt. Man bleibt dadurch, wenn man einen längerfristig ausgerichteten ETF kauft, am langen Ende der Zinsstrukturkurve – und erzielt eine höhere Rendite, die letztlich eine Prämie für das Kurs- und Laufzeitenrisiko darstellt.

Abwägung von Vor- und Nachteilen

Ob die genannten Vorteile die Nachteile durch das höhere Risiko, die ETF-Gebühren und einen möglichen Tracking Error aufwiegen, muss dennoch jeder Anleger für sich selbst entscheiden.

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Der Artikel wurde dem Anlegermagazin „Die Welt der ETFs“ von Lyxor übernommen.

Weitere interessante Investment Möglichkeiten finden Sie in unserem ETF-Anlageleitfaden. Dieser erleichtert Ihnen den Einstieg in die Welt der Exchange Traded Funds (ETFs). Wir stellen Ihnen darin die Anlegemöglichkeiten einzelner Länder, Regionen, Sektoren oder Investmentthemen vor.

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