21. Januar 2020
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Heute kracht es, morgen knallt es? Über Sinn und Unsinn der Crash-Propheten

Wie im Galopp überschlagen sich die Meldungen: Bald kommt der Crash. 2020 recht sicher. Spätestens 2023 ist es aber soweit: Dann knallt es richtig. So lautet zumindest die Prognose der beiden Bestseller-Autoren Marc Friedrich und Matthias Weik, die seit der Veröffentlichung ihres neuen Buches „Der größte Crash aller Zeiten“ in aller Munde sind. Zu Recht?

Wohl kaum. Die beiden Autoren haben schon in ihrem ersten Buch „Der größte Raubzug der Geschichte“ von 2012 die These aufgestellt, dass der nächste Börsencrash bevorstünde und ließen sich in der Stuttgarter Zeitung vom 10.09.2012 entsprechend zitieren: „Der Crash kommt auf jeden Fall – nur wann, das können wir nicht sagen. Es kann noch zwei Wochen dauern, zwei Monate oder zwei Jahre.“

Mehr Aufmerksamkeit als Expertise

Bloß: acht Jahre später bleibt der Crash immer noch aus. Und dass die Expertise dieser (und wohl auch anderer) Crash-Propheten eher dürftig ist, zeigt allein ihre damals getroffene Einschätzung über ETFs in besagtem Buch von 2012: „Das neueste Produkt der Banken, um Ihnen Ihr sauer verdientes Geld aus der Tasche zu ziehen, sind sogenannte ETFs (Exchange Traded Funds). Hierbei handelt es sich nicht wie oftmals behauptet um eine Aktienanlage! Diese Anlage enthält keine Aktien. Es werden lediglich mit Terminkontrakten Kursentwicklungen nachgebildet.“

Es wäre zumindest fair gewesen, zu betonen, dass die Autoren hier von synthetisch nachgebildeten ETFs sprechen, sogenannte Swap-ETFs. Denn der Großteil aller ETF-Produkte wird physisch repliziert. Ohne Fachjargon heißt das: die Aktien werden – gemäß dem Index (z.B. DAX) – eins zu eins eingekauft und im ETF gebündelt. Es handelt sich also sehr wohl um eine Aktienanlage!
(Lesen Sie hierzu auch: Was ist ein ETF?)

Laut Recherchen des Anlagestrategiemagazins Fairvalue ist das bei weitem nicht die einzige fehlerhafte Einschätzung der beiden Autoren.

Crash-Propheten haben immer recht?!

Doch Expertise hin oder her, das große Problem bei Crash-Propheten ist: Sie werden zwangsläufig irgendwann Recht bekommen, so auch eine alte Börsenweisheit: „An der Börse bekommt jeder irgendwann Recht.“ Kein Wunder also, dass die beiden Bestsellerautoren seit der Veröffentlichung ihres neuen Buches „Der größte Crash aller Zeiten“ in Talkshows, Zeitungen und sonstigen Medien omnipräsent sind.

Würden die beiden Autoren Recht behalten, dann würde der Euro bis spätestens 2023 Geschichte sein und der Aktienmarkt um ganze 80 Prozent einbrechen. Millionen verkaufte Exemplare bezeugen, dass solche Thesen bei einem breiten Publikum Gehör finden. Vielleicht, weil die Leute schon ahnen, dass sie damit irgendwann Recht haben könnten? 

Für Börsianer ist es dagegen eine Binse, dass Börsenzyklen einfach dazu gehören und dass es natürlich irgendwann einen „Aktien-Crash” geben wird. Doch Bären- und Bullenmärkte entstehen aus verschiedenen Gründen, sind mal von kurzer mal von langer Dauer und treten auch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf. Demnach bestreitet niemand, dass die derzeitigen Rekordkurse wieder fallen werden.

Schon gewusst? Experten sprechen erst dann von einem Crash, wenn die Kurse plötzlich, also ohne dass Aktionäre ihre Papiere noch rechtzeitig verkaufen können, circa 25 Prozent ihres Wertes verlieren.

Wer profitiert von einem Crash?

Nur: ob sie um 20 oder 30 oder mehr Prozent fallen und wann das sein wird – das ist keinen (historischen) Daten zu entnehmen und deshalb sind Crash-Propheten, besonders die mit ganz genauen Vorhersagen, mit höchster Vorsicht zu genießen. Wenn man sich all die „düsteren Prognosen” genauer ansieht, bekommt man fast den Eindruck, dass die Crash-Prophezeiungen Ausdruck einer tiefen Sehnsucht sind.

Doch nach was eigentlich? Bis auf ein paar abgebrühte Zocker wünscht sich wohl niemand, der bei klarem Verstand ist, einen Börsencrash herbei, oder doch? Nun ja: ein paar Profiteure gäbe es da schon.

  1. Crash-Propheten und / oder Bestseller-Autoren verdienen zwar mit dem Crash selbst kein Geld, aber damit, weil sie ständig an das Damoklesschwert der fallenden Kurse erinnern, umso mehr. Sagen sie den genauen Zeitpunkt – durch Zufall – richtig voraus, könnte das ihren Ruhm begründen.
  2. Abgebrühte Zocker, die die richtigen Wetten platziert haben, können natürlich bei einem Crash ordentlich abkassieren, aber auch gehörig verlieren, wenn der Crash eben ausbleibt und die Wette im Sande verläuft.
  3. Für Anleger, die gerade erst einsteigen, oder einsteigen wollen, kommt ein Crash fast als Geschenk daher, weil sie dann viel billiger einsteigen und auf mehr Rendite, insbesondere bei einem langen Anlagehorizont, hoffen können.

Der amerikanische Ökonom William Bernstein formulierte es so: „Wenn Sie ein Mittzwanziger zu Beginn Ihrer Sparphase sind, dann fallen Sie auf die Knie und beten Sie für den nächsten Crash.”

Wann kommt der Crash?

Besonders junge Anleger sollten sich also für den genauen Zeitpunkt interessieren – doch der gilt allgemeinhin als nicht prognostizierbar. Ein altes Sprichwort sagt: „An der Börse wird nicht geklingelt“, was verdeutlichen soll, dass es für einen Crash nun mal keine Vorwarnung gibt. Klingt logisch, sonst wäre ja jeder Aktionär auch sehr bald Millionär.

Auch der viel zitierte Autor von „Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs” und Gewinner des deutschen Buchpreises, Gerd Kommer, hat sich in seinem Blog mit dem Thema auseinandergesetzt und gelangt zu der Schlussfolgerung: „Natürlich wird es irgendwann einen Aktien-Crash geben. Das ist ebenso banal wie sicher. Kann man den Zeitpunkt eines solchen Crashs zuverlässig vorhersagen? Nein. (…) Wird irgendein Crash-Prophet den nächsten Crash korrekt vorhersagen: Ja. Gibt es eine Möglichkeit, zu beweisen, dass das Können war, statt nur Glück und Zufall? Nein.”

Warnungen ignorieren und diversifizieren

So wird es wohl das Beste sein, wenn Anlegern den Crash-Propheten keine sonderliche Beachtung schenken. Klar geht es irgendwann runter, zumal der aktuelle Boom nun schon mehr als zehn Jahre anhält. Doch schaut man sich die Entwicklungen der letzten 100 Jahre an, steht noch etwas anderes fest: Nach jeder Krise erholten sich die Märkte und zeichneten neue Rekorde. 

Für Anleger die in ETFs investieren, ist beim Thema „Krise” eher entscheidend, dass manche ETF-Portfolios widerstandsfähiger sind als andere. Eine breite Diversifikation, ein langer Zeithorizont und ein Investment in verschiedene Assets (Stichwort: Asset Allocation) minimiert das Verlustrisiko deutlich. Nur, und das dürfte vielen Anlegern schwer fallen, man muss die Krise dann, im Sinne von Buy-and-Hold, auch aussitzen. Nur mit Geduld lassen sich leider keine Bestseller verkaufen.

Haben wir ihr Interesse geweckt? Wenn Sie sich fundiert und wissenschaftlich mit dem Thema „Crash-Prognosen”, sicheren Portfolios und taktischen ETF-Strategien auseinandersetzen möchten, können Sie dies beim diesjährigen Kapital-Gipfel am 11. September 2020 tun. Unter den Referenten ist auch Gerd Kommer, der darüber sprechen wird „wie  Untergangspropheten investieren”. Hier finden Sie eine Übersicht über die einzelnen Programmpunkte und Speaker.

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