18. Juli 2018
Markus Jordan zur Kritik an den Robo-Advisors

Verbraucherschützer-Kritik an Robo-Advisors geht am Problem vorbei

Auf welcher Seite Verbraucherschützer stehen, macht bereits der Name deutlich und das ist auch sehr gut. Eine solche Institution ist dringend nötig und verdient meinen höchsten Respekt. Wir brauchen mehr davon und nicht weniger. Denn wir alle wünschen uns mündige Verbraucher. Bürger, die sich mit Finanzen auskennen und nicht auf das nächst beste Angebot ihrer Hausbank hereinfallen. Mit der aktuellen Kritik an Robo-Advisors verfehlt der Bundesverband der Verbraucherzentrale das Ziel jedoch deutlich.

Besser den Wahnsinn in den Bankfilialen kritisieren

Aus meiner Sicht sollten sie lieber den Wahnsinn kritisieren, der sich täglich in Bankfilialen in Beratungsgesprächen zuträgt, die den Namen Beratung oft überhaupt nicht verdienen. Hier werden Verbraucher zur Melkkuh der Banken und Fondsgesellschaften. Für die Altersvorsorge kommt dabei entsprechend weniger rum. Niemand sollte sich einen Fonds mit fünf Prozent Ausgabeaufschlag und zwei Prozent laufenden Gebühren aufschwatzen lassen. Zumal wir wissen, dass es sich bei deutschen Fonds mit Standardwerten in aller Regel um getarnte Dax-Kopien handelt. Also um (teure) Wölfe im Schafspelz. Es ist schon ein starkes Stück, für solche Produkte derartige Gebühren zu berechnen. Vielleicht sollten sich die Verbraucherschützer öfters diesem Problem annehmen, zumal davon zig-mal so viele Haushalte betroffen sind als von den vermeintlich bedenklichen Praktiken der bösen Robo-Advisors.

Gerade als Sprachrohr für den „kleinen Mann“ steht die Kritik der Verbraucherzentrale nicht gut zu Gesicht. Wäre doch ohne Robo-Advisors die Vermögensverwaltung immer noch eine Domäne für Reiche und Super-Reiche, Durchschnitts- und Geringverdiener müssten sich weiter mit teuren Produkten oder schlechter Streuung herumschlagen mit dem Ergebnis, dass sie in vielen Fällen die Altersvorsorge auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben. Wäre das besser?

Robo-Advisors demokratisieren den Finanzmarkt

Nein, heute reichen bei einigen Robo-Anbietern schon wenige Euro aus, um etwas für den Kapitalaufbau zu tun. Für mich ein wunderbares Beispiel für die Demokratisierung der Finanzmärkte dank Digitalisierung. Aber alles was neu ist, hat es wohl in unserem Land erstmal schwer – typisch Deutsch eben. Hier würde ich mir etwas mehr vom amerikanischen „Yes, we can“ wünschen anstelle von Miesmacherei und „German Angst“. Mein Appell lautet daher, um es mit Theodor Fontane zu sagen:„Alles Alte, soweit es den Anspruch darauf verdient hat, sollen wir lieben; aber für das Neue sollen wir eigentlich leben.“ Ja, auch ich komme aus der alten Bankenwelt, doch die neue Welt mit all ihren Vorzügen hat es mir angetan. Lasst uns also entspannt das Neue angehen.

Kritikpunkte ohne wirkliche Substanz

Doch zurück zu den harten Fakten: Die Kritik Robo-Advisors seien nicht transparent kann ich so nicht stehen lassen. Robo-Advisors sind transparent. Kunden durchlaufen einen Test und sehen dann, was zu ihnen passt und nicht zu den Bonusvorstellungen des Bankers. Selbst die einzelnen ETFs lassen sich in aller Regel nach wenigen Mausklicks einsehen. Was will ein Verbraucher mehr? Er entscheidet sich doch gezielt dafür, mit geringem Aufwand zu akzeptablen Kosten möglichst breit anzulegen. Auch bei einem Publikumsfonds einer herkömmlichen Bank gibt er Verantwortung ab und überlässt dem Fondsmanager die Entscheidungen. Regulatorisch sind Kunden eines Robo-Advisors keinesfalls Kunden zweiter Klasse. Es gelten die gleichen Spielregeln wie bei klassischen Vermögensverwaltern. Und mehr noch: Viele Anbieter haben sogar eine Vollbanklizenz von der Bafin, also der Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht, wie es ausgeschrieben heißt. Nach unseriösen Zockerbuden klingt das nicht.

Nächster Kritikpunkt: Die Kosten sind sehr unterschiedlich. Hier kann ich nur sagen: So geht Marktwirtschaft. Jedes Unternehmen kann die Preise verlangen, die es für richtig hält. Keiner ist gezwungen bei einem überteuerten Anbieter zuzugreifen. Man muss aber hier ganz klar sagen: Anders als im sonstigen Wirtschaftsleben heißt hierbei teurer nicht gleich besser, im Gegenteil die meisten Robo-Advisors nehmen meist deutlich weniger als ein Prozent im Jahr. Hilfestellung bietet hier etwa unser Robo-Advisors-Vergleich – übrigens ein Versuch, zusätzliche Transparenz in den Markt zu bringen.

Verbraucher sollten sich bei Robo-Advisor-Anlagen grundsätzlich keine Sorgen machen. Es handelt sich dabei stets um Sondervermögen. Also selbst, wenn es einige kleine Anbieter in ein paar Jahren nicht mehr geben sollten – und davon ist auszugehen – sind Kundengelder nicht in Gefahr. Dann gehen Sie einfach zu einem anderen Anbieter. Oder aber Anleger entscheiden sich gleich für einen der größeren Anbieter oder ein Angebot von einer Bank. Hier sehe ich keinerlei Bedenken, der Markt steht immer noch am Anfang einer rasanten Entwicklung, ob das die alte Welt will oder nicht.

Markus Jordan ist Herausgeber der ETF-Fachpublikation EXtra-Magazin und einer der führenden Experten auf dem Gebiet Exchange Traded Funds und digitale Finanzangebote wie zum Beispiel denen von digitalen Vermögensverwaltern (Robo-Advisors).