22. Juni 2011
bric

Vier Buchstaben sorgen für Investment-Fantasie

Die BRIC-Staaten stehen stark im Anleger-Interesse. Doch kommt auch Kritik auf: Russland gilt als Sorgenkind, andere Länder bitten um Einlass in den Club. BRIC ist nicht in Stein gemeißelt. Die Abkürzung steht für die wachstumsstarken Länder Brasili- en, Russland, Indien und China. Sie wurde von Goldman Sachs-Chef- volkswirt Jim O.Neill vor fast zehn Jahren geprägt. Heute wird sie jedoch gerne in abgewandelter Form benutzt. Denn an den Zukunftsaussichten Russlands scheiden sich die Geister und andere Staaten sähen ihren Anfangsbuchstaben gerne in der Formel. Unterdessen ebbt die Flut an BRIC-Produkten nicht ab.

Erst vor wenigen Tagen hat die UniCredit neue Zertifikate lanciert, die neun verschiedene BRIC-Benchmarks des Indexanbieters Structured Solutions abbilden. Die acht Brachen- Indizes bündeln Unternehmen aus den BRIC-Staaten zu den Sektoren Versorgungswirtschaft, Technologie, Industrie, Finanzdienstleistung, Energie, Konsumgüter, Kommunikation und Rohstoffe. Bis zu 25 Titel können in jedem Index enthalten sein. Die Produkte setzen eine sehr gezielte Marktmeinung des Anlegers voraus. Er muss nicht nur für die BRIC-Länder, sondern auch für die einzelnen Wirtschaftszweige eine positive Entwicklung erwarten. Anders sieht dies beim übergeordneten Solactive BRIC Performance- Index aus, der alle Sektoren-Indizes zusammenfasst und dem entsprechend aus maximal 200 Aktien besteht. Bei allen Indizes werden Dividenden reinvestiert. Dies ist ein wichtiger Punkt bei Zertifikate-Investments: Bilden diese Kursindizes ab, gehen Dividenden für den Anleger verloren. Bei ETFs dagegen, hat die Frage weniger Gewicht: Dividenden werden hier stets entweder reinvestiert oder an den Anleger ausgeschüttet.

Zwei BRIC ETFs in Deutschland handelbar

Natürlich sind auch unter den Exchange Traded Funds bereits BRIC-Produkte zu finden. Die Auswahl ist mit zwei Fonds aber noch übersichtlich: iShares und RBS haben entsprechende Fonds lanciert. Der BRIC-ETF von iShares bezieht sich auf den FTSE BRIC 50 (ISIN: DE000A0MSAE7, Scope Rating: drei Sterne) und schlägt das Produkt der RBS im Kriterium Diversifikation knapp. Der Indexfonds der RBS bildet den DAXglobal BRIC Index (ISIN: LU0269999792) nach, der 40 Werte enthält, bei iShares sind es 50. Eine breite Streuung sollte gerade bei BRIC-Investments gegeben sein. Einzelne Titel sind andernfalls stark gewichtet und die Nachrichtenlage für diese Aktien ist für Anleger hierzulande oft nur schwer zu überblicken, die weitere Entwicklung schwer einzuschätzen.

Das .R. wackelt bereits

Neben dem Blick auf Produktdetails sollten sich Anleger vor einem BRIC-Investment jedoch eine ganz andere Frage stellen: Stimmt die von Jim O.Neill getroffene Länder-Auswahl mit den eigenen Erwartungen überein? Die BRIC-Formel ist nicht unumstritten. Insbesondere das .R. gilt als Wackelkandidat. In dem jüngst auf dem Weltwirt-

schaftsforum veröffentlichten Russia Competitiveness Report 2011 nennen die Autoren vor allem hausgemachte Probleme: Ein Mangel an freiem Wettbewerb, Transparenz, Rechtssicherheit und Finanzmarktreformen sei in Russland festzustellen. Hinzu komme die starke Kon- zentration auf wenige Wirtschaftssektoren. Russland und so auch russische Indizes gelten als energielastig. Als der Ölpreis während der Wirtschaftskrise kollabierte, schlug dies voll auf den russischen Markt durch. Die Belastung des Bankensektors tat ihr Übriges, um die Wirtschaft stark zu schwächen. Die Prognose der Russland-Skeptiker: Packt das Land nicht umfassende Reformen an, wird es von China, Indien und Brasilien weiter abgehängt. Wer Russland daher nicht im Depot haben möchte, sollte auf BRIC-Produkte verzichten und sich die übrigen Länder als Einzelinvestments näher betrachten und auch einen Blick auf Nachfolgekandidaten werfen.

Südafrika als fünfter BRIC Staat?

Hier ist an erster Stelle Südafrika zu nennen. Das Land am Kap nahm im April erstmals als Mitglied am jährlichem Treffen der BRIC-Staaten teil. Es war von China als neues BRIC- Mitglied vorgeschlagen worden. Der Zusammenschluss nennt sich von nun an sogar selbst BRICS. Ob das .S. auch bei Investoren gut ankommt, ist eine andere Frage. Kritiker mutmaßen, dass Südafrika vor allem in seiner Eigenschaft als Tor zum schwarzen Kontinent im Kreis der BRIC-Staaten willkommen sei. Insbesondere China lechzt nach den Rohstoffen Afrikas und baut seine Handelsbeziehungen zu den afrikanischen Ländern stark aus. O.Neill selbst schreibt hierzu in einem Statement, dass die BRIC- Staaten aufgrund ihrer ökonomischen Größe zusammengefasst worden seien.

Dagegen mache die Wirtschaft Südafrikas lediglich einen Bruchteil der Wirtschaftsleistung Italiens aus. Andererseits bedeutet diese Einschätzung nicht, dass Südafrika keine attraktive Investmentstory zu bieten hätte. Erst bei der Fußball-WM 2010 hat sich das Land von seiner besten Seite präsentiert. Das Ereignis gab auch der Wirtschaft einen Schub. Und als sich die Märkte nach dem Knick der Finanzkrise weltweit erholten, zogen auch Südafrika- Indizes stark mit. Der MSCI South Africa kletterte von März 2009 bis heute um 110 Prozent. iShares hat den Index mit einem ETF verbrieft (ISIN: DE000A1C2Y94). Ein weiteres Land, das immer wieder im Zusammenhang mit der BRIC- Formel genannt wird, ist Indonesien. Gemessen an der Bevölkerungszahl handelt es sich um das viertgrößte Land der Welt. Der starke Inlandskonsum und die noch geringen Handelsbeziehungen mit dem Ausland haben dem Staat während der Wirtschaftskrise geholfen. Auch 2009 konnte ein BIP-Wachstum von 4,5 Prozent erzielt werden, 2010 waren es 6,0 Prozent. Die Deutsche Bank hat bereits einen Indonesien-ETF im Angebot (ISIN: LU0476289623; TER: 0,65 Prozent p.a.). Auf Ein-Jahres-Sicht steht hier ein Plus von 42 Prozent.

Dieser Artikel wurde der Analysis Kompakt Nr. 06/2011 von Scope entnommen.