Aus der Parlamentswahl in Italien am 4. März 2018 ist nach zähem Ringen eine Regierung hervorgegangen

Wie geht es weiter mit Italien?

Aus der Parlamentswahl in Italien am 4. März 2018 ist nach zähem Ringen eine Regierung hervorgegangen. In Deutschland dauerte es sogar noch länger. Doch mit anderen Auswirkungen. Denn mit den Koalitionspartnern bestehend aus der Fünf-Sterne-Bewegung und Lega fürchten Beobachter Ungemach. „Die jüngsten Entwicklungen in Italien könnten das Land in eine Existenzkrise stürzen“, sagt Kristina Hooper, Chefstrategin für globale Märkte bei Invesco. Fügt aber an, dass sich mit der Ernennung eines Technokraten zum Premierminister ­ – gemeint ist Giuseppe Conte – die Lage stabilisieren sollte. Besonders besorgniserregend sei die Koalition jedoch dadurch, dass die beiden Koalitionsparteien niedrigere, pauschale Einkommens- und Unternehmenssteuersätze sowie ein Grundeinkommen für einkommensschwache Bürger versprechen. Das würde die Staatsverschuldung erhöhen und möglicherweise dazu führen, dass Italien den Stabilitäts- und Wachstumspakt der EU verletzt.

Welche Folgen drohen an den Märkten?

„Was mich aber zuversichtlich stimmt, ist die Tatsache, dass die Reaktion der Märkte weitaus weniger dramatisch ausgefallen ist als die der Medien“, so Hooper. Denn in der Presse geistern bereits Schlagzeilen über eine Existenzkrise der EU umher. Tatsächlich sein die italienischen Probleme bislang aber kaum auf andere Peripheriestaaten übergesprungen. „Der deutlich höhere Renditeabstand zwischen lang- und kurzlaufenden italienischen Anleihen spiegelt die Sorgen der Märkte über künftige Unwägbarkeiten wider. In anderen Peripheriestaaten sind die Spreads aber nicht in gleicher Weise gestiegen, sondern haben bislang sehr zurückhaltend reagiert“, sortiert Hooper die Geschehnisse ein.

Laute Hooper könne sich die Situation schon bald wieder aufhellen. Sie hält sich an die optimistische Theorie, dass hinter der beabsichtigten Ernennung von Paolo Savona, dem Architekten des Plans zum Ausstieg aus dem Euro, zum Finanzminister nicht nur Wahn und Waghalsigkeit stecken, sondern ein Plan. Dieser Theorie zufolge habe die Lega im Bewusstsein, die wohl beliebtere der beiden populistischen Parteien zu sein, Savonas Ernennung unterstützt, weil sie gewusst habe, dass es dadurch Neuwahlen geben würde — in denen die Partei meine, mehr Stimmen holen zu können als die Fünf-Sterne-Bewegung. Damit hätte die Lega mehr Spielraum, um ein unternehmensfreundlicheres Programm auszuarbeiten, das auch haushaltspolitischer vertretbarer ist, so die Hoffnung Hoopers. Damit ging auch der Verbleibt in der EU einher. Um angemessene Reformen käme auch nicht die Lega herum. „Unter der Federführung von Bundeskanzlerin Angela Merkel halte ich das nicht für wahrscheinlich. Falls aber Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Ruder in der EU übernehmen sollte, wäre es meiner Ansicht nach durchaus denkbar“, erklärt Hooper.

Und wenn Italien aus der EU austritt?

Nach dem Grexit und dem Brexit ist also nun auch der Italexit ein Thema. Hopp ist sich sicher, dass ein Ausstieg aus der EU für Italien gefährdender ist als für die EU selbst. Mit einer Staatsverschuldung von 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) drückt der Schuh doch erheblich. Ein großer Teil der Schulden ist in italienscher Hand. Für diese Kreditgeber könne eine EU-Ausstieg ein Schlag ins Gesicht sein, da die Koalition darüber nachdenkt, alle staatlichen Schulden auf eine neue Währung umzustellen, die dann abgewertet würde.

Das Beispiel Großbritannien solle Italien ebenfalls zu denken geben — zumal das Land deutlich besser aufgestellt sei als Italien, um in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu bestehen. „Ich bin außerdem überzeugt, dass die Europäische Union auch ohne Italien fortbestehen kann und Schlagzeilen über ihren bevorstehenden Zerfall völlig übertrieben sind“, meint Hoppe. An den Märkten dürfte ein Italexit zu Turbulenzen führen, zum Beispiel weiteren Kursausschlägen nach unten an den globalen Aktienmärkten, einer Ausweitung der Credit-Spreads (vor allem in den Peripheriestaaten), einer Flucht in Qualitätsanlagen (vor allem US-amerikanische Staatsanleihen), einer Schwächung des Euro und eine Erstarkung des US-Dollars. „Sehr lange anhalten würden diese Turbulenzen meiner Ansicht nach aber nicht. Aus einem einfachen Grund: Sollte es zur Trennung kommen, behielte die EU die Europäische Zentralbank (EZB). Ich erinnere mich noch gut daran, wie EZB-Präsident Mario Draghi zur Beruhigung der systemischen Krise in der Eurozone während der griechischen Staatsschuldenkrise beitrug, indem er einfach nur klarstellte, dass die Zentralbank die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen würde, um die Märkte zu stützen. Das gleiche könnte sich meiner Ansicht nach heute wiederholen, falls sich die Lage weiter verschärfen sollte“, resümiert Hoppe.

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