Steht die europäische Bankenbranche vor einem Comeback? Auf den ersten Blick sieht das nicht so aus, Unsicherheiten trüben den Ausblick. Doch spielt die EZB mit, könnte eine starke Kurserholung einsetzen. Ein ETF bildet die Branche ab.
Europas Banken hinken seit Längerem ihren US-Pendants in Sachen Größe und Ertrag nach. Doch die aktuelle Berichtssaison zum ersten Quartal dieses Jahres läuft außerordentlich passabel. Wäre nur der Blick voraus kriegsbedingt nicht so trübe. Denn die Branche rechnet mit steigenden Belastungen aus der russischen Invasion in der Ukraine und bereitet sich auf eine Welle von Kreditausfällen vor. Angeführt von der italienischen Unicredit hat die Branche die Rückstellungen für gefährdete Kredite so stark aufgestockt wie seit über einem Jahr nicht mehr.
Die Rede ist von einer Summe von über sechs Milliarden Euro. Die Unsicherheit rund um den Ukraine-Krieg dürfte auch ein Grund dafür sein, dass die bisher erfolgreiche Berichtssaison keine Erholung bei den Bankwerten mit sich brachte. Nach der ersten Woche im Mai hat rund die Hälfte der europäischen Kreditinstitute Quartalszahlen vorgelegt. Knapp zwei Drittel übertrafen dabei die Gewinnschätzungen des Marktes, und zwar mit durchschnittlich 15 Prozent recht deutlich.
Robustes Zinsgeschäft
Nach Einschätzung von Analysten der Postbank * ist für die positive Überraschung das robuste Zinsgeschäft, dessen Profite um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen seien, verantwortlich. Insbesondere erhöhten sich die Einnahmen demnach in jenen Ländern, die bereits erste Zinsschritte vollzogen haben. Beispielsweise Großbritannien. Doch wie sieht es mit der Eurozone aus? Noch ist von der Zinswende nichts zu sehen. In manchen Euroländern wie den baltischen Staaten, den Niederlanden und neuerdings auch der Slowakei ist die Inflationsrate schon im zweistelligen Bereich. Die Sorge vor einer anhaltend starken Inflation könnte die EZB-Spitze dann doch zum Umdenken zwingen.
Immer mehr Mitglieder der Notenbank jedenfalls sprechen sich für eine baldige Kursänderung aus. „Jetzt reicht es nicht mehr zu reden, wir müssen handeln“, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel jüngst dem Handelsblatt. „Aus heutiger Sicht halte ich eine Zinserhöhung im Juli für möglich.“ Zuvor sollten die Nettozukäufe von Anleihen eingestellt werden, voraussichtlich Ende Juni. Aktuell rechnet der Markt im Euroraum mit einem ersten Zinsschritt im dritten Quartal und einer Zinsanhebung von insgesamt 0,75 Prozentpunkten bis Jahresende. Es ist aber gut möglich, dass sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde noch bis zum Herbst Zeit lässt – vor allem wenn der Ukraine-Krieg eskaliert.
Europas Bankenwelt in Lauerstellung
Die Hoffnung auf höhere Zinsen ist verbunden mit der Erwartung, dass die Geldhäuser wieder höhere Erträge erzielen. Laut den Analysten der Ratingagentur S&P kann die Anhebung der Leitzinsen der EZB um einen Prozentpunkt den jährlichen Zins *überschuss der Banken um 7 bis 10 Prozent erhöhen. Absolut betrachtet entspricht dies einem zusätzlichen Ertrag von mindestens 18 Mrd. Euro. Das ist kein Pappenstiel. Wenig verwunderlich erwarten Analysten auch steigende Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe von Europas Banken in den kommenden Jahren.
Und sollte die aktuell hohe makroökonomische Unsicherheit an den Märkten wieder nachlassen, rechnet die Postbank auch mit einer umso stärkeren Kurserholung. Auch die günstige Bewertung spreche für die Branche, so Stratege Ulrich Stephan. „Gemessen an den erwarteten Gewinnen der nächsten zwölf Monate notieren Europas Banken bei einem KGV von 7,7 und damit knapp 15 Prozent tiefer als noch zum Jahresstart beziehungsweise 25 Prozent unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre“.
Branchen-ETF im Blick
Der Lyxor Euro Stoxx Banks (Dr) Ucits ETF (WKN: LYX0Z5) bildet die größten Bankunternehmen aus den EU-Staaten der Eurozone ab. Unter den Top-Positionen finden sich die BNP Paribas, Banco Santander, ING * Group und die Deutsche Bank. Der Lyxor ETF ist ein nach Marktkapitalisierung der enthaltenen Unternehmen gewichtender Index. Im laufenden Jahr setzte der Index um 14 Prozent zurück, zuletzt kam es aber zu einer stabilen Entwicklung. Die Gebühren belaufen sich auf 0,30 Prozent im Jahr.
Autor Bernd Lammert
Bernd Lammert schreibt als freier Mitarbeiter auf extraETF.com Beiträge zu aktuell interessanten ETFs. Er beschäftigt sich journalistisch seit 2005 mit Themen rund um Wirtschaft, Börse, Steuern & Recht. Nach Stationen bei einer Unternehmensberatung, beim Radio und Börsen-TV betätigt er sich seit gut 10 Jahren als Freier Autor u. a. bei dem Unternehmermagazin Impulse und verschiedenen Börsenportalen.
Experten gehen davon aus, dass die Börse die Rezessionstendenzen bereits überwiegend eingepreist hat. Bietet sich ein Euro Stoxx 600-ETF jetzt zum Wiedereinstieg an?
Banken sind heute oft nur noch ein Schatten ihrer selbst. Doch es gibt Hoffnung. Die Zinswende könnte Europas Geldhäuser auch an der Börse anschieben. Anleger können mit einem Banken-ETF profitieren.
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