23. April 2020

Öl zu Schnäppchenpreisen - Wie kann ich als Anleger davon profitieren?

Die Abwärtsspirale beim Ölpreis setzt sich fort. Zu Wochenmitte erwischte es europäisches Nordseerohöl der Sorte Brent. Ein Barrel (159 Liter) kostete erstmals seit 1999 weniger als 16 Dollar. Bereits Anfang der Woche verzeichnete US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) ein Rekordtief. Der  auslaufende Terminkontrakt auf die US-Ölsorte WTI für Mai – Nymex West Texas Intermediate – wurde kurzzeitig nahe minus 40 US Dollar/pro Barrel gehandelt. Rohöl der Sorte Brent erlitt allein in den. vergangenen drei Monaten einen Preisverfall von 73 Prozent  Rohöl der Sorte WTI sogar von über 85 Prozent. Mancher Anleger fragt sich angesichts dieser äußerst günstigen Rohölpreise, ob jetzt nicht der richtige Einstiegszeitpunkt gekommen ist für ein Ölinvestment. Allerdings ist die Beantwortung dieser Frage schwerer als auf dem ersten Blick gedacht, denn Rohstoff-ETCs basieren mit einigen Ausnahmen bei Edelmetallen in der Regel auf Futures, denn in der Regel möchten Investoren sich keine Fässer mit physisches Rohöl in die Garage stellen. Und solche Futures haben für den Investor ihre Tücken.

Super-Contango sorgt auch für Super-Rollverluste bei kurzfristigen Futures 

In der Regel wird bei einem Rohstoff-ETC vom aktuellen in den Future des kommenden Monats hinübergerollt. Ist der nächstfolgende Future billiger als der aktuelle, erzielt der Anleger zusätzliche Rollgewinne (Backwardation). In der Regel gehen die Investoren jedoch von steigenden Preisen aus. Für das Hinüberrollen in den nächstfolgenden teureren Future entstehen so Rollverluste. Man spricht hier von einer Contango-Situation. Aktuell ist jedoch von Super-Contango die Rede. Was steckt dahinter? Der Ölpreis von -40 US-Dollar ergab sich nur aufgrund der Fälligkeit des Mai-Futures. „Wenn ein Futures-Kontrakt ausläuft, muss der Käufer kurz danach die physische Lieferung des Vermögenswertes vom Verkäufer entgegennehmen. Entscheidend ist, dass die Lieferung an einem im Vertrag festgelegten Lieferort erfolgen muss. Im Falle von West Texas Intermediate (WTI), dem US-Benchmark-Kontrakt für den Ölpreis, ist dieser Standort die Kleinstadt Cushing in Oklahoma, auch bekannt als die „Pipeline Kreuzung der Welt, so erklärt die Fondsgesellschaft DWS den Hintergrund der aktuellen Marktsituation. 

Da die meisten Marktteilnehmer aber über keine oder nicht ausreichende Lagerkapazitäten in Oklahoma verfügen und den Abnahmeverpflichtungen nicht nachkommen konnten, mussten sie die Future-Kontrakte also mit hohen Verlusten verkaufen. Abnehmer dieser Futures konnten so nur Marktteilnehmer sein mit bereits seit Jahren zugesicherten Lagerkapazitäten vor Ort. Sie dürften jetzt hohe Gewinne erzielen. Denn allein der nachfolgende Juni-Kontrakt notiert bei rund 20 US.Dollar. Doch was bedeutet dies für den Otto-Normal-Anleger? Angesichts dieser riesigen Handelspanne (Spread) zwischen den kurzfristigen Futures entstehen für den Anleger in der Zeit von Super-Contango erhebliche Rollverluste, welche sogar mögliche Preissteigerungen zunichte machen dürften. Und mit größeren Preissteigerungen rechnet angesichts einer weltweit am Boden verharrenden Luftfahrtflotte, eines stark gesunkenen Personenverkehrs und einer stark zurückgefahrenen Industrieproduktion in Corona-Zeiten kaum ein Marktteilnehmer. 

Öl-ETCs für mutige Investoren mit langfristiger Perspektive

Zeigt sich ein Ende der Corona-Pandemie und mündet diese nicht in einer langandauernden globalen Rezession, ergeben sich jedoch für mutige, langfristig denkende Investoren nach Beruhigung der Märkte durchaus Chancen. Angesichts der Steile der Forward-Kurve sollten Anleger aber auf jeden Fall ETCs mit Rolloptimierung oderProdukte auf langfristige Futures, bei denen die Forward-Kurve deutlich flacher ist,  bevorzugen.  Rolloptimiert sind unter anderem die von BNP Paribas emittierten ETCs auf die RICI-Indexserie wie der RICI EnhancedSM WTI Crude Öl TR ETC (WKN: PB6R1W) oder der RICI Enhanced Brent Öl TR EUR ETC (WKN:  PB6R1B).  Bei dieser von Jim Rogers konzipierten Indexserie wird nicht nur in die Futures mit nächster oder übernächster Fälligkeit investiert, sondern auch in jene Kontrakte mit der am höchsten zu erwartenden Rollrendite. In der langjährigen Rückrechnung erzielte diese Strategie im Vergleich zur direkten Preisentwicklung der klassischen Produkte eine deutliche Outperformance. Und das zeigte sich in diesem Jahr. Zwar verloren auch diese ETCs deutlich, aber die Verluste wurden deutlich minimiert. 

Eine Alternative dazu könnte der WisdomTree Brent Crude Oil Longer Dated (WKN: A1N49Q) sein. Er bildet den Bloomberg Brent Crude Subindex 3 Month Forward Total Return Index nach. Das Hinüberrollen in den nächstfolgenden Future erfolgt hier nicht in den nächsten 1-Monats- sondern 3-Monatsfuture. Hier ist die Forward-Kurve schon deutlich flacher.  

Weitere Informationen dazu finden Sie in unseren Artikeln „Brent-Rohölo auf 18 Jahrestief – Jetzt als Anleger einsteigen“, „Welche Chancen bietet der Öl-Crash für Anleger?“ sowie unserem Anlageleitfaden zum Thema Öl