28. September 2022
Themen-ETF: Digitales Lernen als neuer Milliardenmarkt

Themen-ETF: Digitales Lernen als neuer Milliardenmarkt

Bis 2050 streben weltweit fast zwei Milliarden mehr Menschen als heute in die Bildungssysteme. Digitales Lernen ist im Kommen.

Noch ist der Bildungsbereich finanziell stark abhängig von der öffentlichen Hand, beginnt aber jetzt, den öffentlich-privaten Markt zu erschließen. Vor allem „EdTech“ – dem Markt für Bildungstechnologie und digitales Lernen – kommt dabei eine führende Rolle zu. Rahul Bhushan vom thematischen ETF-Anbieter Rize ETF zeigt auf, warum.

Treiber für digitales Lernen

Bildung bedeutet Fortschritt für die Menschheit, und sie breitet sich weiter aus: Im Jahr 2050 werden rund 9,4 Milliarden Menschen eine Primär-, Sekundär- oder Tertiärbildung absolvieren oder absolviert haben – im Jahr 2020 waren es noch 7,8 Milliarden Menschen. Es ist ein Trend, der auch im globalen Süden prägend wird: In den aufstrebenden Volkswirtschaften der ganzen Welt werden laut Untersuchungen immer weniger Schüler mit nur einem Primärabschluss ins Leben entlassen, und immer mehr setzen ihre Bildungskarriere in der Sekundarstufe und darüber hinaus fort. Doch ähnlich wie der Gesundheitssektor leidet auch der Bildungssektor unter einem Mangel an privat zur Verfügung gestelltem Kapital.  

300 Unternehmen sorgen für globale Bildung

„Die weltweiten Gesundheitsausgaben sind vier Billionen US-Dollar höher als die Marktkapitalisierung der zugehörigen Branche. Bei der globalen Bildung ist diese Lücke deutlich höher“, verdeutlicht Rahul Bhushan, Co-Gründer von Rize ETF. „Die globalen Bildungsausgaben repräsentieren ungefähr sieben Prozent des globalen BIP bzw. sechs Billionen US-Dollar an Ausgaben von Regierungen, Unternehmen und Einzelpersonen in aller Welt. Im Vergleich mit dem Gesundheitswesen ist der zugehörige Markt ein Zwerg und setzt sich aus nur rund 300 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von nur 200 Milliarden Dollar zusammen.“ Viele dieser Player seien klein bis mittelgroß, würden jedoch jetzt beginnen, gemeinsam zu wachsen. Unterstützung dürfte dieses Wachstum auch vonseiten der Vereinten Nationen erfahren, denn diese haben sich gerechte Bildung und lebenslanges Lernen im Rahmen einer global nachhaltigen Entwicklung zum Ziel gesetzt.

Welche Teilsektoren den Markt prägen

Das auf EdTech spezialisierte Analyseunternehmen HolonIQ Research hat vier relevante Teilsektoren identifiziert, die gleichzeitig die Wachstumschancen dieses Marktes widerspiegeln. Der Sektor „Pre K“ umfasst die Vorschulbildung bis zum Beginn der formalen Grundschulausbildung. In der Bevölkerung stark durchdrungen und sehr gut entwickelt macht er einen erheblichen Teil des globalen BIP aus, dementsprechend niedrig ist die durchschnittlich jährliche Wachstumsrate. Ganz anders sieht es im zweiten Teilsektor „K12“ aus, der mit der Altersgruppe 11 bis 18 die klassische Schullaufbahn – Primar- und Sekundarschule – umfasst und HolonIQ zufolge mit 3,2 Billionen Dollar den größten Teil der weltweiten Ausgaben darstellt. In den vergangenen 30 Jahren betrug das Wachstum von K12 1,5 Milliarden Schüler, in den kommenden drei Jahrzehnten wird das Plus den Erwartungen zufolge nochmal 1,2 Milliarde Schüler betragen. „Der Grund des dynamischen Wachstums ist auf die Bevölkerungszahl, aber auch auf die Bildungsbeteiligung zurückzuführen. Wir stellen fest, dass in immer mehr Teilen der Welt mehr Kinder Zugang zur Schule erhalten – insbesondere Mädchen haben den stärksten Anteil daran“, erklärt Bhushan. 

Der dritte Teilsektor ist den Forschern zufolge die „postsekundäre Bildung an den Hochschulen“ und verkörpert den zweitgrößten Teilsektor des EdTech-Marktes. Im Vergleich zu jetzt 640 Millionen Studenten werden in den nächsten 30 Jahren über 50 Prozent mehr Menschen – fast eine Milliarde – einen Hochschulabschluss anstreben. Den vierten Sektor der „beruflichen Aus- und Weiterbildung“ beziffern die Researcher mit einem Volumen von rund 400 Milliarden US-Dollar. Darunter fallen Lernangebote im Umfeld von Arbeitsplätzen, beispielsweise Führungskräftetraining und Managemententwicklung. Die Unternehmen investieren hier im Wesentlichen in das Humankapital – die Ausbildung und Produktivität ihrer Mitarbeiter. 

Risikokapital umschifft China – und fließt unbeirrt nach Indien

Bhushan zufolge habe sich der Markt nach dem in China verhängten Verbots des Nachhilfeunterrichts und der somit faktischen Abschaffung eines ganzen Teilsektors verändert. „Seit dem abrupten Ende der Risikokapitalströme 2022 sehen wir einen Aufschwung der Aktivitäten beispielsweise in bevölkerungsreichen Regionen wie Indien oder Afrika“.

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Rahul Bhushan bleibt von dieser Wachstumsstory überzeugt: „Die globalen Bildungssysteme sind derzeit nicht in der Lage, den aktuellen Kapazitätsbedarf zu decken, geschweige davon, weitere zwei Milliarden lernwillige Individuen im Laufe der nächsten 30 Jahren zu bedienen. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und deren höheren Anteil am globalen Bildungsmarkt in den nächsten Jahrzehnten sind wir der Meinung, dass globale EdTech-Player – dazu gehören zum Beispiel das Verlagshaus Informa oder die Online-Plattform Stride – gut positioniert sind, um von den dringend benötigten, erhöhten Kapitalströmen zu profitieren.“