2. März 2022
Value-ETF: Das Comeback der Substanzwerte

Value-ETF: Das Comeback der Substanzwerte

In Zeiten von Inflation und absehbar höheren Zinsen sollten Anleger wieder stärker auf die Bewertung achten, raten Experten. Ein gutes Umfeld für Substanz-Titel. Jetzt einen Value-ETF kaufen?

Fondsaltmeister Jens Ehrhardt hat da eine eindeutige Meinung: Dem Fondsmanager zufolge hat die Umorientierung der Anleger weg von Growth-, sprich Wachstumsaktien, und hin zu Value- resp. Suubstanz-Werten gerade erst begonnen. „Noch nie dürften preiswerte Aktien mit vernünftiger analytischer Bewertung und guten Dividenden so stark gesucht gewesen und so schnell gestiegen sein wie in den ersten zwei Wochen dieses Jahres“.

„Diese Umorientierung der Anleger sollte erst der Anfang sein.“ Ehrhardt spricht die Rally bei Substanzwerten im zu Jahresbeginn an. Diese Werte, die überwiegend in reifen Branchen zu finden sind und sich durch eine niedrige Bewertung auszeichnen, sind derzeit wieder ‚Anlegers Liebling’. Sie hielten in den vergangenen Monaten die Growth-Konkurrenz, also die Titel mit hohen Wachstumsraten, auf Abstand. 

Mancher Experte beschwört gar ein Ende der jahrelangen Underperformance der Substanzwerte. Die großen Technologiewerte, also genau die Titel, die den Markt in den letzten Jahren angetrieben haben, leiden jetzt unter der Aussicht auf höhere Zinsen. Im Gegensatz dazu hat sich der Value-Faktor in diesem Jahr gut entwickelt. „Die weltweiten Aktienmärkte sind insgesamt mit deutlichen Verlusten ins Jahr 2022 gestartet. Die Anleger waren verunsichert über die geplanten Zinsanhebungen der US-Notenbank Fed. Europäische Value-Aktien gehörten zu den wenigen Marktsegmenten, die sich diesem Trend widersetzen konnten“, erklärt Richard Halle, Fondsmanager bei M&G Investments die neue Beliebtheit der Substanzwerte.

Das Jahrzehnt der „billigen Werte“?

Er sei seit langem davon überzeugt, dass Wachstumswerte übertrieben hoch bewertet seien und der Value-Gedanke wieder in den Vordergrund rücken werde, so Fondsexperte Halle. „Bereits Mitte 2020 haben wir darauf hingewiesen, dass die 2020er Jahre durchaus das Jahrzehnt der „billigen Werte“ werden könnten. Es hat bis jetzt gedauert und die Aussicht auf steigende Zinsen erfordert, um einen Stimmungswandel herbeizuführen. Nun scheint die Ära des billigen Geldes zu Ende zu gehen; daher fühlen wir uns in unserer Einschätzung noch mehr bestätigt.“ 

Auch die Experten des Vermögensverwalters Amundi Asset Management sehen „eine Fortsetzung der europäischen Value-Rotation im Jahr 2022, da die wirtschaftliche Dynamik weiterhin unterstützend wirkt und wir in eine Phase mit länger dauernden Inflation eintreten“. Die Entwicklung werde jedoch nicht linear verlaufen, aber obwohl es zu Unterbrechungen in diesem Trend kommen könnte, rechne man nicht mit einer Trendumkehr, so Amundi. „Da der Value- vs. Growth-Abschlag trotz der jüngsten Performance historisch hoch bleibt, sehen wir Raum für eine mehrjährige Rotation, die günstig für langfristig orientierte Anleger sein könnte“.

Value-ETF: Fokus auf Substanzwerte

Postbank *-Stratege Ulrich Stephan rät aber zugleich davon ab, sämtliche Flinten ins Korn zu werfen und sich nun von allen Wachstumswerten im Depot zu verabschieden. Denn diese wiesen vielfach höhere Margen und Gewinne aus, die sie dank struktureller Trends wie der Digitalisierung selbst in schwächeren Konjunkturlagen stetig steigern könnten. In der aktuellen Marktphase sollten Investoren jedoch ein besonderes Augenmerk auf angemessene Bewertungen legen, sagt auch Stephan. Mit dem iShares Edge MSCI Europe Value Factor UCITS ETF (WKN: A12DPP) können Anleger den Fokus auf Substanzwerte legen.

Der thesaurierende Value-ETF bündelt 147 Unternehmen aus dem Universum des MSCI Europe-Index, die im Verhältnis zu ihren Fundamentaldaten eine Unterbewertung aufweisen. Hierbei werden folgende Kriterien berücksichtigt: Vergleich des Aktienkurses mit den künftigen Gewinnerwartungen, der Preis eines Papiers im Vergleich zum Buchwert und der Unternehmenswert im Vergleich zum operativen Cashflow des Unternehmens. Der ETF gab im stürmischen Jahr 2022 deutlich weniger nach als der Markt und konnte 2021 eine Rendite von satten 27,5 Prozent erzielen. Die Gebühren belaufen sich auf überschaubare 0,25 Prozent im Jahr.