26. Oktober 2015
wachstum etf

Berg- und Talfahrten wird es jetzt öfter geben

Man sagt Bill Gross eine gute Nase für den Anleihemarkt nach. Jetzt weist er auf die nächste Gefahr hin: eine zu geringe Liquidität am Rentenmarkt.

Für Anleiheinvestoren könnten die Zeiten ungemütlicher werden.

Von liquiden Märkten spricht man, wenn man Vermögenswerte wie Aktien oder Anleihen mit niedrigen Kosten nahe dem aktuellen Marktpreis kaufen oder verkaufen kann. Im Gegensatz zum Aktienmarkt gibt es jedoch bei Anleihen pro Emittent meist mehrere Emissionen, die sich hauptsächlich in der Laufzeit unterscheiden. Somit verteilt sich das Interesse an einem Emittenten bereits auf verschiedene Wertpapiere. Hinzu kommt, dass institutionelle Investoren Anleihen häufig bis zur Endfälligkeit halten. Beides verringert die Chance, eine Gegenpartei für einen Handel zu finden – sprich die Liquidität.

Sogenannte Market-Maker spielen daher eine dominante Rolle am Rentenmarkt. Sie sorgen dafür, dass Käufer und Verkäufer miteinander handeln können. Wenn dies nicht möglich ist, treten sie selbst als Gegenpartei auf und nehmen die Anleihen in ihren Eigenbestand. Allerdings machen sich nun die strengeren

tobiasspies  

Dr. Tobias Spies

Huber,Reuss &

Kollegen Vermö-

gensverwaltung GmbH

 

regulatorischen Vorgaben, die nach der Bankenkrise 2008/2009 eingeführt wurden, negativ bemerkbar. So müssen Finanzinstitute für eigene Bestände mehr Eigenkapital vorhalten als früher. Je riskanter ein Wertpapier ist, desto mehr Kapital wird benötigt, was derartige Transaktionen teuer und somit unattraktiv macht.

Die großen Investmentbanken haben aus diesem Grund ihre Handelsbestände bereits um rund 75 Prozent reduziert; das wöchentliche Handelsvolumen bei Schwellenländer- und Hochzinsanleihen hat sich in den vergangenen Jahren nahezu halbiert. Andererseits sind genau diese Märkte aufgrund der negativen Realzinsen in den vergangenen Jahren am stärksten gewachsen. So hat sich etwa der Markt für Hochzinsanleihen seit 2008 mehr als vervierfacht, das Volumen aller ausstehenden Unternehmensanleihen hat sich in den vergangenen fünf Jahren auf über zwei Billionen US-Dollar mehr als verdoppelt.

In ruhigen Börsenzeiten stellt all dies kein Problem dar; die Geld-Brief-Spannen sind relativ eng und Liquidität ist in der Regel ausreichend vorhanden. Steigt jedoch der Stress an den Kapitalmärkten an, und die Volatilität nimmt zu, können die Market-Maker aufgrund ihrer begrenzten Risikobudgets keine Positionen mehr regulieren bzw. sie müssen sogar Risiken abbauen, was den Trend noch verstärkt. Unter diesen Umständen weiten sich die Geld- Brief-Spannen massiv aus, die Kurse brechen weg, und an einen normalen Handel ist nicht mehr zu denken.

Noch schlimmer wird es, wenn große Fonds deutliche Mittelabflüsse verzeichnen und Positionen aufgrund regulatorischer Vorgaben verkaufen müssen. Die Kursturbulenzen, die etwa während der Tapering-Debatte 2013, im Zuge des europäischen Banken-Stresstests 2014 oder angesichts der Ängste um die wirtschaftliche Entwicklung in China in diesem Jahr entstanden, zeigen, wie die neue Normalität am Rentenmarkt aussehen dürfte. Nach langen Jahren, in denen die Märkte dank der Unterstützung der Zentralbanken fast nur im „Risk-off-Modus“ tendierten, sollten sich Investoren nun auf höhere Rückschläge bei Anleihen einstellen und dies in ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen.