1. August 2017
William Gross - Börsenguru

Bill Gross - Der Anleihekönig

William „Bill“ Gross, Gründer von Pimco, ist maßgeblich durch den von ihm verwalteten Pimco Total Return Fonds bekannt geworden. Durch seine jahrelangen überdurchschnittlichen Renditen mit Anlagen in Anleihen hat er vom Wirtschaftsmagazin „Fortune“ den Titel „König der Anleihen“ verliehen bekommen. In den vergangenen Jahren hat er – auch aufgrund der aktuellen Niedrigzinssituation – jedoch einige Rückschläge hinnehmen müssen. Noch interessanter als seine Anlagestrategie sind jedoch sein eher unüblicher Werdegang und einige Charaktereigenschaften, die er in sich vereint. Neben seinen Abstecher an den Black-Jack-Spieltisch nach Las Vegas, seinerzeit als Marineoffizier in Vietnam, werden Sie in diesem Artikel noch weitere interessante Details über den Starinvestor lesen, so auch zu seinem Ruf als gefürchteter Tyrann bei seinen Mitarbeitern.

Ein unüblicher Werdegang

William „Bill“ Hunt Gross ist am 13.04.1944 in Middletown, einer 50.000-Einwohner-Stadt in Ohio (Amerika) geboren. Ab seinem zehnten Lebensjahr wuchs er jedoch mit seiner Familie in Kalifornien auf und gilt heute als der beste Rentenfondsmanager des vergangenen Jahrzehnts und „König der Anleihen“. Sowohl seine Lebensentwicklung vor dem Einstieg in die Finanzbranche als auch sein umstrittener Führungsstil und seine teils provokanten Aussagen bezüglich anderer in der Finanzbranche handelnden Personen sind sehr untypisch und spannend, weshalb wir bei Bill Gross anders als bei den bisherigen „Börsengurus“ unserer Serie neben seiner Anlagestrategie auch mehr auf den Menschen an sich eingehen wollen.

Bill Gross schloss mit 22 Jahren ein Studium der Psychologie an der Duke University in North Carolina mit dem Bachelor ab – ein unüblicher Weg für einen Finanzinvestor. Nach dieser Ausbildung hat er in den 1960er Jahren etwas unorthodox seine ersten Erfahrungen mit Geld gemacht. Es heißt, dass Bill Gross sein erstes Geld im Casino verdient hat. Mit dem Buch „Beat the Dealer“ des Mathematikers und späteren Hedge-Fonds-Managers Edward Thorp im Gepäck sei er nach Las Vegas gereist und hätte dort aus anfänglich 200 Dollar beim „Black Jack“ nach wenigen Monaten 10.000 Dollar gemacht. Die wichtigste Lektion, die er in der Glücksspielstadt gelernt habe, sei es gewesen, ein Gespür für Risiken zu entwickeln, und darauf zu achten, dass man nicht alle Eier in einen Korb legt, behauptete Gross später. Erfahrungen, die ihm in seinem späteren Berufsleben als Finanzinvestor weiterhelfen konnten.

Im Alter von 23 Jahren wurde er als Marineoffizier nach Vietnam beordert, wo er auf einem Zerstörer eingesetzt wurde. Nach diesem Militäreinsatz legte er mit seinem zweiten abgeschlossenen Studium im Jahr 1971 zum Master of Business Administration (MBA) an der UCLA (University of California, Los Angeles) den eigentlichen Grundstein für sein späteres Berufsleben. Nach dem abgeschlossenen Studium arbeitete er in seinem ersten Job als Analyst für festverzinsliche Wertpapiere bei der Versicherung Pacific Mutual Life.

Pacific Investment Management Company (Pimco)

Seine Erfolgsgeschichte beruht im Wesentlichen auf der Gründung und dem Erfolg der Pacific Investment Management Company, besser bekannt als Pimco, welche er zusammen mit zwei Partnern gegründet hat. Wie erfolgreich sich dieses Unternehmen unter seiner Leitung entwickelt hat, zeigt der Anstieg des verwalteten Vermögens von anfangs 12 Millionen auf knapp zwei Billionen Dollar. Maßgeblich für diese Entwicklung ist vor allem der Pimco Total Return Fonds, der von Bill Gross persönlich verwaltet wurde.

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  • Der Pimco Total Return Fonds
  • Tyrann vs. Wohltäter
  • Das Ende bei Pimco

Der Pimco Total Return Fonds

In den besten Zeiten verwaltete Pimco in diesem (Anleihe-) Fond fast 300 Milliarden Dollar. Die überdurchschnittlichen Renditen bescherten Bill Gross den bereits erwähnten Titel „König der Anleihen“ und sorgten dafür, dass sich Portfolio- und Fondsmanager weltweit an seinen Entscheidungen orientierten. Diese Erfolge blieben auch in Deutschland nicht unbemerkt. So kaufte der Versicherungsriese Allianz für 3,3 Milliarden Dollar 70 Prozent von Pimco.

Ab 2012 folgten für Bill Gross jedoch einige Rückschläge, speziell mit Investitionen in US-Staatsanleihen, die für eine negative Entwicklung der Fondsperformance sorgten. Einhergehend mit dem schwindenden Erfolg des Fonds begannen die Anleger Milliarden Dollar aus dem Fonds abzuziehen. Als Reaktion auf diese Entwicklung und seiner drohenden Entlassung zuvorzukommend, entschloss sich Gross, Pimco im September 2014 zu verlassen.

Seitdem befindet er sich mit Pimco in einem Rechtsstreit und fordert von dem Vermögensverwalter 200 Millionen Dollar Schadensersatz (den er nach eigenen Aussagen für wohltätige Zwecke spenden will), aufgrund der Umstände, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führten. Pimco will jedoch mithilfe eines im Gericht eingereichten Schriftsatzes beweisen, dass man „gute Gründe“ gehabt habe, sich 2014 von Gross zu trennen. Der Firmenmitgründer habe Kollegen beleidigt und den damaligen Vorstandschef von Pimco sabotiert. Dieser Sachverhalt greift zwei verschiedene Seiten der Persönlichkeit von Bill Gross auf, welche oft im Zusammenhang mit ihm genannt werden.

Auf der einen Seite ist Bill Gross ein „Wohltäter“ und auf der anderen Seite wird er oft als „Tyrann“ bezeichnet. Obwohl der „Bondkönig“ inzwischen 70 Jahre alt ist, verschwendet er noch keinen Gedanken daran, sich aus der Finanzindustrie zurückzuziehen. Aus diesem Grund trat er nach seinem Abschied bei Pimco bei der Janus Capital Group seinen neuen Job als Fondsmanager an.

Bill Gross: Tyrann oder Wohltäter?

Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, gibt es durchaus unterschiedliche Charakterzüge, die Bill Gross prägen. So wird beispielsweise berichtet, dass seine Mitarbeiter und Untergebenen bei Pimco eher mit Erleichterung auf die Nachricht reagiert haben, dass der einstige Firmengründer das Unternehmen verlässt. Er war als Tyrann gefürchtet wurde und sorgte mit Schreianfällen und Anschuldigungs-Mails für Angst und Schrecken unter den Mitarbeitern, so sagt man. Dazu passen ebenfalls die Aussagen aus dem Schriftstück, das Pimco dem Gericht vorgelegt hat.

Andererseits hat sich Bill Gross dazu verpflichtet, sein gesamtes Vermögen zu stiften. Bislang haben die Eheleute Gross 700 Millionen Dollar für wohltätige Zwecke ausgegeben. Auch von großen Teilen seiner Briefmarkensammlung – eine der umfangreichsten und wertvollsten der Welt – will sich Gross trennen. Letztes Jahr versteigerte er seine Sammlung britischer Marken und schenkte den Erlös von neun Millionen Dollar der Organisation Ärzte ohne Grenzen.

Ein Beispiel für die eigenwillige Art des Investors sind auch seine Aussagen über die „Starinvestoren der Neuzeit“ in einer Ausgabe seines Investmentausblicks „The Man in the Mirror“.

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  • Hatten die „Börsengurus“ der Neuzeit nur großes Glück?
  • Starker Arbeitseifer
  • Kritik an den Zentralbanken

Hatten die „Börsengurus“ der Neuzeit nur großes Glück?

„Perhaps, however, it was the epoch that made the man as oppossed to the man that made the epoch“

Mit dieser Aussage – welche bedeutet, dass nicht die Männer ein Zeitalter, sondern umgekehrt das Zeitalter die Männer geprägt hat – stellt Bill Gross die Großen der Branche (also auch sich) in Frage. Es ist durchaus möglich, dass die Börsengrößen wie Buffet, Soros etc. vielleicht einfach nur großes Glück gehabt haben, dass sie ihre Karriere im vielleicht besten Zeitraum begonnen haben und eigentlich nicht besser sind als der „normale“ Anleger. Vielmehr müssen diese jetzt in Zeiten, in denen die Geldanlage deutlich schwieriger wird und speziell im festverzinslichen Bereich keine wirklichen Renditen mehr zu generieren sind, zeigen, was sie wirklich können. Hier besteht laut Gross die Möglichkeit, dass einige der „lebenden Legenden“ entzaubert werden könnten, falls sie nicht in der Lage sind, ihre Investmentstrategien den Marktbedingungen anzupassen.

Jedoch meinen nicht wenige, dass Bill Gross von dieser Thematik mehr betroffen ist als die meisten anderen „Starinvestoren“. Dies liegt daran, dass Anleihen – worauf sich Bill Gross und auch seine damalige Gesellschaft Pimco spezialisiert hatte – im aktuellen Niedrig- bzw. generellen Finanzmarktumfeld kaum noch attraktive Renditen abwerfen. Ob er diese Transformation in seiner Anlagephilosophie in den nächsten Jahren schafft, bleibt abzuwarten.

Am Arbeitseifer bzw. am Einsatz wird es jedoch sicher nicht scheitern. So sagt man Bill Gross nach, dass es durchaus vorkommt, dass er um drei Uhr nachts aufsteht, um sich auf den Weg ins Büro zu machen. Zudem hält er sich trotz seines schon fortgeschrittenen Alters mit Yoga und Laufen fit. Einmal soll er sogar in sechs Tagen sechs Marathon-Läufe absolviert haben.

Kritik an den Zentralbanken

Aktuell kritisiert Gross die Zentralbanken für ihr Handeln in den letzten Jahren. Er ist der Meinung, dass das permanente Gelddrucken und das Überfluten der Finanzmärkte mit Liquidität langfristig kein gutes Ende nehmen kann. Zudem sieht er die von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführten Negativzinsen als große Gefahr. Generell vergleicht er die Zentralbanken mit Casinos und die Anleger mit Spielern, die aber niemals ihre Casinochips (Ihr Geld) einlösen werden und können. Zu guter Letzt prophezeit er in seinem aktuellen Monatskommentar, dass die Notenbanken – nach seiner Meinung fälschlicherweise – zu dem Mittel des sogenannten „Helikoptergeldes“ greifen werden. Auch wenn dies vielleicht nicht sofort passieren wird, hält er es aber möglicherweise in einem Jahr für durchaus realistisch.

Die 22-teilige Serie „Börsengurus“ wird präsentiert von HSBC Trinkaus & Burkhardt AG. Hier finden Sie außerdem ein Portrait von Fondsvater Sir John Templeton und in den kommenden Wochen dürfen Sie sich über weitere Por­t­raits der größten Börsengurus der Welt freuen.

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