7. April 2015

Die Börse kommt so schnell nicht auf den Hund

Über 12.000 Punkte im Deutschen Aktienindex (DAX), sechs Jahre Börsenhausse und Liquidität zum Nulltarif – ist der Höhepunkt der Kursentwicklung damit jetzt erreicht?

Schließlich nimmt doch die Börse die Entwicklung der realen Wirtschaft immer einige Monate vorweg, sagt man.

Investmentlegende André Kostolany sah das anders: Er verglich die Börse mit einem Hund und die Wirtschaft mit seinem Herrchen. Beizeiten läuft der Hund weit voraus, um dann wieder zurückzufallen und hinter seinem Herrchen herzutrotten. Derzeit liegt der Vierbeiner auf Augenhöhe mit dem Herrchen.

gottfriedurban  

Gottfried Urban

Bayerische

Vermögen AG

 

Es gibt Zeiten, in denen die Börsenkurse der Gewinnentwicklung der Unternehmen tatsächlich weit vorauseilen. Dies ist dann der Fall, wenn sehr viele Anleger in Aktien investieren. In derartigen Phasen sind die Wertpapiere im Verhältnis zur wirtschaftlichen Stärke der Unternehmen und im Vergleich zu Zinspapieren sehr teuer.

Doch davon sind wir in Deutschland weit entfernt. Wir Deutschen mögen Geldanlagen bei Banken und Versicherungen. In Bargeld, Tagesgeld und bei Versicherern sind aktuell 4.000 Mrd. Euro angelegt. Wer sein Geld in solche „sicheren“ Investments steckt, kann nur einer Sache sicher sein – nämlich in den kommenden Jahren zu den großen Verlierern zu gehören. Denn am Nullzins wird sich bis 2020 nicht viel ändern. Nur wer in Aktien und Immobilien anlegt, wird sein Vermögen wohl weiter vermehren, wenn auch unter Schwankungen.

Nach wie vor hängt die Entwicklung der Aktienmärkte vom Handeln der Notenbanken ab. Seit die Europäische Zentralbank begonnen hat, Anleihen aufzukaufen, hat sich die Aufwärtsbewegung bei Eurolandaktien weiter beschleunigt und sind die Zinsen noch einmal gefallen. Nach Auskunft der EZB wird nur gekauft, was mehr als 0,25 Prozent Negativzins pro Jahr bringt. Mittlerweile sind bereits zwei Drittel der im Markt befindlichen europäischen Staatspapiere im negativen Zinsbereich.

Das wiederum schwächt ganz bewusst die Gemeinschaftswährung, um so die Konjunktur zu stimulieren. Die USA merken jetzt schon den rasanten Aufwärtstrend ihrer Währung in Form schwächerer Wirtschaftsdaten. Schwer vorstellbar, dass die US-Regierung auf lange Sicht toleriert, dass sich Euroland auf Kosten des US-Dollars saniert. Erreicht der Wechselkurs die Parität, wäre wohl der Punkt erreicht, an dem die US-Notenbank intervenieren würde. Die Dollaroptimisten sollten vorsichtiger werden.

Noch aber nutzen sie den günstigen Eurokurs zum Einstieg in europäische Aktien. Vor allem US-amerikanische Investoren schichten von relativ weit gelaufenen US-Aktien in günstiger bewertete europäische Dividendentitel um. Fundamentale Wendepunkte sind noch nicht zu erwarten. Der starke US-Dollar, die niedrigen Ölpreise und das billige Geld sind weiter der Treibstoff für die Gewinne vieler deutscher und auch europäischer Unternehmen. Der Hund namens „Börse“ ist noch nicht weit vorausgelaufen.