18. Dezember 2017

Dr. Patrick Cettier: Gut gedacht, schlecht gemacht

Wenn Politik und Behörden über Regulierung nachdenken, dann geht es zumeist um den Schutz von Kunden, die Finanzmarktstabilität oder die Verhinderung von illegalen Aktivitäten. Selbstverständlich sind alle Aspekte wichtig. Doch ab und an gilt es auch die ungewollten Konsequenzen zunehmender Regulierung zu beachten, die schlussendlich zum genauen Gegenteil der angedachten Ziele führen.

Dr. Patrick Cettier über Folgen der Regulierungen

In der Vermögensverwaltung ist das Beratungsprotokoll für Anlagekunden ein gutes Beispiel. Die Idee hinter einer schriftlichen Protokollierung war, dubiosen Angeboten und kundenschädlicher Beratung ein Riegel vorzuschieben. Die Praxis sieht anders aus. Manche Anbieter haben sich ganz aus der Beratung von Kunden verabschiedet und bieten nur noch Vermögensverwaltungsmandate an. Der Aufwand für die Protokollierung und die notwendigen IT-Systeme ist einfach zu groß. Die Kunden schauen in die Röhre.

Andererseits unterschreiben die meisten Kunden das Beratungsprotokoll, auch wenn sie die Inhalte nicht verstanden haben. Der gut gemeinte Schutz des Konsumenten führt hier in eine Sackgasse und am Schluss ist niemand mehr verantwortlich. Dabei sollte eine Gesellschaft vor allem ein Interesse an mündigen Bürgern haben, die beispielsweise einer ganz einfachen Grundregel des Investierens folgen könnten: Investiere nur in das, was du auch verstehst. Von allem anderen sollte man sich möglichst fernhalten.

Ein weiteres Beispiel von gut gemeinter Regulierung ist MIFID 2. Als konkretes Beispiel dient das ab 2018 meist kostenpflichtige Research von Banken und anderen Finanzanbietern. Es ist nicht mehr erlaubt, das Research einfach abzugeben, sondern Kosten müssen transparent zugeordnet werden und dann an die Nutzer verrechnet werden. Zwar hören sich Transparenz und Zuordnung von Kosten gut an – doch die Realität sieht wieder differenzierter aus.

Wo führt es hin, wenn Investmentbanken beispielsweise 50.000 Euro für einen Analystenreport verlangen? Es führt dazu, dass insbesondere kleine Marktanbieter sich solch ein Research schlicht nicht leisten können. Entsprechend profitieren die großen Anbieter, die ohne Probleme auch hohe Summen aufwenden können und Zugang zu zusätzlichen Informationen erhalten.

So verringert Regulierung auch hier wieder den so wichtigen Wettbewerb, in dem die Markteintrittsbarrieren durch zusätzliche Kosten hochgeschraubt werden. Alles natürlich wohlmeinend und zum Schutz von Kunden.

Eine gute Balance zwischen dem Schutzinstinkt von Behörden und der Eigenverantwortung von Kunden zu finden, bedarf viel Fingerspitzengefühl. Regulierung ist selbstverständlich gewünscht, wo sonst Schaden für Marktteilnehmer oder die Gesellschaft entsteht. Jedoch gilt es, die ungewollten Konsequenzen und Reaktionsmechanismen der Marktteilnehmer zu berücksichtigen. Ein guter Mittelweg mit Augenmaß ist oftmals einer zu einseitigen Vorgehensweise vorzuziehen.

Über den Autor

Dr. Patrick Cettier, geschäftsführender Partner, Prio Partners  GmbH, Zürich