12. Mai 2015
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EZB-Anleihekäufe: Warum soll das funktionieren?

Die EZB will mit ihren Anleihekäufen die Konjunktur stimulieren. Als Hebel dazu dienen Kredite,

welche die Banken nach dem Tausch ihrer Anleihen gegen Notenbankgeld an die Privatwirtschaft vergeben sollen. Ob die Rechnung aufgeht, ist unklar. Sicher ist: Die Zeche zahlen Anleger und Sparer.

Versetzen wir uns einmal in die Lage einer Bank in der Eurozone. In unserer Bilanz stehen eine ganze Reihe von Staatsanleihen mit Kupons, die in der heutigen Zeit als ausgenommen attraktiv gelten müssen. Zudem ist für Staatsanleihen kein Eigenkapital zu hinterlegen, was uns in Zeiten verstärkter Regulierung sehr entgegenkommt.

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Dr. Tobias Spies

Huber,Reuss & Kollegen

Vermögensverwaltung

 

Welchen Anreiz gibt es dann eigentlich, diese Anleihen gegen frisch gedrucktes Geld der Europäischen Zentralbank einzutauschen? Banken, die das tun, zahlen entweder einen Strafzins von jährlich 0,2 Prozent, wenn sie das Geld bei der EZB lagern, statt die Kupons von drei oder vier Prozent zu vereinnahmen. Oder sie reichen das Geld als Kredit aus und bekommen dafür kaum höhere Zinsen als für ihre Anleihen, müssen das Darlehen aber mit Eigenkapital hinterlegen.

Nichtsdestotrotz hat die EZB vor Kurzem gemeldet, dass sie im ersten Monat Anleihen für etwas mehr als die geplanten 60 Milliarden Euro aufgekauft hat. Vielleicht hat dieser Erfolg damit zu tun, dass vorrangig Anleihen mit hohen Kursgewinnen versilbert wurden, was manche Bankbilanz schnell besser aussehen lässt. Angesichts des Mindestvolumens von 1.100 Milliarden Euro stellt sich jedoch die Frage, ob sich dieser Erfolg mehrfach wiederholen lässt – schließlich ist dieser Betrag in etwa so hoch wie das Volumen der ausstehenden Bundesanleihen.

Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, dass manche Experten die Auswirkungen weniger euphorisch einschätzen als EZB-Präsident Mario Draghi. So geht Bundesbank- Präsident Jens Weidmann davon aus, dass die Geldschwemme die Wirtschaft weniger stimulieren wird als gedacht. In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ sagte er: „Die Wirkungen sind zwar schwer abschätzbar, werden in Europa aber wohl geringer sein als in den USA“.

Besser absehbar sind die Auswirkungen für sicherheitsliebende Anleger. Denn die Anleihekäufe werden die Renditen für Bundesanleihen weiter drücken, wodurch Bondbesitzer und die Halter von Rentenfonds-Anteilen zunächst profitieren. Auf mittlere und längere Sicht jedoch stehen diese Investoren vor der schwierigen Frage, wie sie frei werdendes Geld neu investieren sollen. Das gilt in großem Maßstab auch für Lebensversicherungen und Pensionskassen, die, man mag es perfide nennen, vom Staat gezwungen werden, einen Großteil ihrer Anlagen in besonders sicheren Anleihen – sprich Staatsanleihen – zu halten. Selbst wenn solche Anleihen eine negative Nominalverzinsung aufweisen, müssen diese Investoren darin anlegen.

Auf psychologischer Ebene hingegen scheint das EZB-Kaufprogramm bereits Früchte zu tragen. So nimmt das Verbrauchervertrauen in der Eurozone sukzessive wieder zu, besonders ausgeprägt ist die Lust, sich etwas zu gönnen, derzeit in Deutschland. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass die EZB auch die Nachfrage nach deutschen Schuldpapieren erhöht: Finanzminister Wolfgang Schäuble kann sich so noch günstiger Geld am Kapitalmarkt besorgen als bisher schon. Wenn dadurch irgendwann die Steuern sinken, könnten die Niedrigzinsen sogar etwas Gutes haben.