2. Juli 2014
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Inflation ist gut für Aktien. Nur im Märchen!

Die EZB ist entschlossen: Die Notenbank will alles tun, um die Inflationsrate in der Euro- Zone auf ihren Zielwert von zwei Prozent zu hieven.

Und der IWF fordert gar eine Inflationsrate von vier bis sechs Prozent, um die Schuldenlast in den Griff zu bekommen. Sollte es so kommen, stehen Aktionären gute Zeiten bevor, frohlocken die meisten Experten. Doch damit irren sie!

In der Regel geht die ökonomische Märchenstunde so: Aktien sind Anteile von Unternehmen, die aus Immobilien, Maschinen, Fuhrpark und anderen Sachwerten bestehen. Diese Sachwerte werden im Zuge einer Inflation ebenfalls teurer – deshalb müssen die Aktienkurse steigen. Damit stellen Aktien generell einen guten Schutz gegen Geldentwertung dar.

Stephan Albrech 2  
Stephan Albrech  

In der Realität haben viele Dividendentitel bei steigenden Inflationsraten jedoch deutlich mehr Probleme, als behauptet wird. Grund Nummer eins: Aktien konkurrieren mit Anleihen um die Gunst des Publikums. Sinkt die Kaufkraft der Währung, fordern die Anleger für neue Anleihen höhere Zinsen, um diesen Schwund auszugleichen. Dieser höhere Zins * führt dazu, dass das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Aktien sinken muss, damit es mit den höher verzinsten Anleihen mithalten kann. Verdoppelt sich etwa der Zins, können zum Ausgleich die Gewinne um 100 Prozent steigen – oder der reale Aktienkurs muss um 50 Prozent nachgeben.

Doch selbst wenn der Aktienkurs gleich bleibt, können Anleger real Geld verlieren. Das Paradebeispiel dafür sind die USA von 1968 bis 1981, als gleich zwei Inflationswellen durchs Land rollten. Über diese lange Zeitspanne verlor der Dow Jones nominal zwar nur acht Prozent, doch die kumulierte Inflation in dieser Zeit betrug 170 Prozent. Anders ausgedrückt: Der Dollar verlor in diesen 14 Jahren rund zwei Drittel seiner Kaufkraft! Wer 10.000 Dollar in Aktien investiert hatte, besaß damit am Ende einen realen Gegenwert von knapp 3.400 Dollar – kaum genug, um den breiten Aktienmarkt ernsthaft als Inflationsschutz zu bezeichnen.

Den zweiten logischen Grund, warum viele Aktien in einem zunehmend inflationären Umfeld eher schlecht abschneiden, lieferte kein Geringerer als Starinvestor Warren Buffett. 1977 schrieb Buffett im Magazin „Fortune“ einen Beitrag unter dem Tiel „Wie Inflation den Aktieninvestor betrügt“. Sein Kernargument: Die Rendite auf das Eigenkapital von US- Aktiengesellschaften bewegt sich über die Jahrzehnte hinweg erstaunlich stabil zwischen 10 und 12 Prozent – gleich, ob Inflation herrscht oder nicht. Eine höhere Inflation nagt damit an der Eigenkapitalrendite.

Nehmen wir an, dass von 100 investierten Euro sechs Euro ausgeschüttet und sechs Euro reinvestiert werden. Steigt die Inflationsrate von einem auf drei Prozent, müssen nun drei Euro aufgewandt werden, um Vorräte, Löhne etc. zu bezahlen. Steigt sie gar auf die vom IWF geforderten sechs Prozent, würden die Unternehmen nur noch illusionär (nominal), in Wirklichkeit (real) aber nicht mehr wachsen. Aus Anlegersicht gäbe es keinen Anreiz mehr, das Risiko von Aktien auf sich zu nehmen, wenn sich mit risikolosen Staatsanleihen ebenfalls sechs Prozent Zinsen kassieren ließen.

Fazit:

Es ist ein ökonomisches Märchen, dass Aktien generell der Inflation trotzen können, dass durch Wiederholung nicht wahrer wird. Einzelne Unternehmen, vor allem aus dem Rohstoffsektor und mit ausreichender Preissetzungsmacht, mögen sich in einem solchen Umfeld gut schlagen. Jene Aktien sind es denn auch, die meines Erachtens einen gewissen Inflationsschutz bieten können. Der breite Markt (in realen Preisen) wird wegen der sinkenden Eigenkapitalrenditen aber unter der anziehenden Geldentwertung leiden – gleich, ob die Notenbank die Zinsen erhöht oder nicht.