24. März 2014
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Investieren in Übernahme-Kandidaten

Wenn ein Anleger gezielt in Übernahmekandidaten investieren will, muss er sich fragen, wer könnte übernommen werden und warum?

Manche Branchen haben nur ein geringes Wachstum und Unternehmen können ihre Marktanteile am einfachsten vergrößern, indem sie Wettbewerber kaufen.

Ein typisches Beispiel ist die Küchenindustrie in Europa, die stark von Schweden und Deutschland dominiert wird. Neben den Riesen Nobia und Ikea aus Schweden sind in Deutschland vor allem Nobilia und die börsennotierte ALNO AG relevant. Hier erwarten wir 2014 Übernahmen im nichtbörsennotierten Mittelstand und eine weitere Konsolidierungswelle. ALNO wird nach unserer Überzeugung als Übernehmer auftreten und könnte in einigen Jahren selbst von einer Übernahme betroffen sein.

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 Michael Kollenda  

Weitere Kandidaten gibt es in der Hightech-Industrie. Ein spezielles Beispiel ist die NanoFocus AG aus Oberhausen/Nordrhein-Westfalen. Das Unternehmen ist seit 2007 börsennotiert, entwickelt Systeme zur optischen 3-D-Oberflächenmesstechnik und steht am Sprung vom Labor zur Produktionsüberwachung.

In der Automobilindustrie werden in den kommenden zwei Jahren neue Motorgenerationen auf den Markt kommen. Oberstes Ziel ist dabei die Verbrauchsreduzierung und die Verringerung der Reibung innerhalb des Motors. NanoFocus hat dazu Überwachungs- systeme entwickelt, die Motorblöcke aus der laufenden Produktion zerstörungsfrei vermessen und damit die Qualität besser gewährleisten können. Ein Unternehmen wie VW oder BMW könnte versucht sein, sich diese Technologie exklusiv zu sichern und das Unternehmen zu kaufen, um die Belieferung von Mitbewerbern zu verhindern.

Ein weiterer Übernahmekandidat kommt aus der Pharmaindustrie. Die börsennotierte NanoRepro AG aus Marburg entwickelt medizinische Schnelltests für den Hausgebrauch. Nach dem Motto „selbst testen anstatt zum Arzt rennen“, ersparen sich viele potenziell Kranke den ersten Weg zum Arzt. Mittlerweile existieren zwölf Schnelltests – von Schwangerschaft bis zur Gluten-Unverträglichkeit. Der schnelle Erfolg des Unternehmens könnte etablierte Pharmavertriebe als Käufer auf den Plan rufen.

Manchmal erkennt man die Übernahmemöglichkeit durch das aufmerksame Studium von Unternehmensmeldungen. Derzeit findet ein Übernahmewettkampf um den Klinikbetreiber Rhön-Klinikum statt. Gegnerische Aktionärsgruppen kaufen Aktien und überziehen sich gegenseitig mit Klagen. Ein solcher Bieterwettbewerb treibt den Aktienkurs.

Die wahrscheinlichste Übernahme 2014 wird vom Markt noch nicht geglaubt, da zwischen der ersten Meldung über Gespräche und heute schon mehr als ein halbes Jahr vergangen ist. Der Übernahmekandidat ist die MIFA Fahrradwerke AG, der größte deutsche Fahrrad- produzent mit Sitz in Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. Die MIFA ist seit 2004 börsen- notiert. Das Unternehmen ist der führende E-Bike-Produzent der Welt und baut für Daimler das Smart-Bike und hat so illustre Töchter wie Steppenwolf und Grace. Die Grace-Bikes sind schon mit dem red-dot-Award ausgezeichnet worden und stehen für innovatives Zweiraddesign.

Möglicher Käufer ist der indische HERO-Konzern, einer der größten Zweiradproduzenten mit mehr als fünf Millionen Fahrrädern und noch einmal fünf Millionen Motorrädern pro Jahr. Dass die Inder Interesse haben, wurde durch eine Unternehmensmeldung im Juni 2013 bekannt. HERO profitiert vom E-Bike-Know-how der MIFA. Die MIFA wiederum profitiert vom günstigen Lohnniveau in Indien, was angesichts der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns in Deutschland auch die MIFA treffen wird. Also eine Win-win-Situation, besonders für die MIFA-Aktionäre. Aktuell kauft keiner Fahrräder, denn wir haben Winter. Aber Aktien muss man kaufen, wenn sie billig sind, das ist bei der MIFA aktuell der Fall.