5. September 2017
Nur der Fiskus macht einen guten Schnitt bei Fonds

Nur der Fiskus macht einen guten Schnitt bei Fonds

Vielleicht sollte ich mich über die Investmentsteuerreform, die Anfang 2018 in Kraft tritt, nicht so aufregen. Aber es regt sich ja sonst niemand auf. Dabei lassen die neuen Besteuerungsgrundlagen für Fonds an der Zurechnungsfähigkeit der handelnden Personen im Bundesfinanzministerium zweifeln.

Konservative Anleger werden benachteiligt:

Für Fonds mit einem Aktienanteil von über 50 Prozent wird es ab 2018 eine steuerliche Teilfreistellung in Höhe von 30 Prozent geben. Diese bewirkt, dass bei Aktienfonds zukünftig 30 Prozent der Kursgewinne steuerfrei vereinnahmt werden. Zugegeben, Dividendeneinnahmen aus Aktien werden auf Fondsebene gegenüber Zinseinnahmen zukünftig schlechter behandelt und mit 15 Prozent versteuert. Hier haben Zinserträge die Nase also etwas vorn. Aber bei Aktienfonds sind es letztlich vorrangig die Kursgewinne, die die Rendite ausmachen. So waren von den gut 14 Prozent Rendite, die der DAX in den letzten fünf Jahren im Schnitt pro Jahr erzielt hat, lediglich rund drei Prozent auf die Dividenden zurückzuführen. Von den 11 Prozent Kursgewinnen blieben bei Aktienfonds zukünftig also 3,3 Prozent (30 Prozent von 11 Prozent) steuerfrei.

Demgegenüber sind Rentenfonds steuerlich klar im Nachteil. Denn diese unterliegen sowohl mit ihren Zinsen als auch mit ihren Kursgewinnen vollständig der Abgeltungssteuer. Welchen Sinn hat das? Rentenfonds versorgen den Staat, Banken und Unternehmen mit den so dringend benötigten Krediten. Konservative Anleger sind ein wichtiger Teil, damit der Staat mit seinen Finanzen nicht im Trockenen schwimmt. Belohnt werden sie dafür nicht.

Gut, Sie könnten nun argumentieren, dass es derzeit ja keine Zinsen gibt und Anleger in Rentenfonds daher ohnehin nichts zu versteuern haben. Aber da kennen Sie die fiskalische Ideenschmiede des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) nicht.

Die Kunst der Versteuerung von Null- und Negativzinsen

Die hat sich folgenden Coup einfallen lassen: Da man die Komplexität bei der Besteuerung thesaurierender Fonds beseitigen wollte, hat man im BMF den Basiszins, eine Art virtuellen Mindestzins, und die Vorabpauschale, die vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen, aus dem Ärmel geschüttelt.

Versuchen wir das zu verstehen: Der Basiszins wird von der Deutschen Bundesbank aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen jedes Jahr aufs Neue errechnet und vom BMF veröffentlicht. So wurde für 2016 beispielsweise ein Basiszins von 1,1 Prozent und für 2017 von 0,59 Prozent bekannt gegeben. Das BMF nimmt nun an, dass jeder Fonds im Jahr mindestens in Höhe des Basiszinses Erträge erzielt. Dabei legt das BMF genau genommen nur 70 Prozent des Basiszinses zugrunde.

Wenn das neue Investmentsteuerrecht heute schon gelten würde, ginge das BMF also davon aus, dass jeder Fonds in 2017 einen Ertrag von mindestens 0,413 Prozent (70 Prozent von 0,59 Prozent) erzielt. Hierauf käme dann die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent zum Ansatz (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer lassen wir der Einfachheit halber außen vor).

Zur Erläuterung ein einfaches Beispiel:

Bei einer Fondsanlage in Höhe von 50.000 Euro geht das BMF davon aus, dass Sie einen Ertrag von mindestens 206,50 Euro erzielen (50.000 Euro x 0,413 Prozent). Das wiederum ergibt eine Steuerbelastung von 51,62 Euro (206,50 Euro x 25 Prozent).

Dieser Betrag wird Ihrem Girokonto ab 2018 als Vorabpauschale belastet, sofern Ihr Fonds im Vorjahr keine Ausschüttung geleistet hat oder leisten konnte.

Nehmen wir nun weiter an, Sie hätten 50.000 Euro in einen Euro-Geldmarktfonds oder einen Euro-Rentenfonds mit kurz laufenden Anleihen investiert. In den letzten zwei Jahren hätten Sie keine Ausschüttung erhalten und mit beiden Fonds leichte Verluste erzielt, da die Zinsen in beiden Anlagesegmenten negativ waren und sind. Nichtsdestotrotz belastet Ihre Bank Ihrem Girokonto im Auftrag des BMF in diesem Fall zukünftig jährlich zum Jahresbeginn 51,62 Euro an Steuern.

Bevor Sie jetzt aber gänzlich den Glauben verlieren: Wenn Sie Ihren Fonds irgendwann verkaufen, prüft die Bank, ob Sie über die Jahre zu viel an Steuern gezahlt haben. Ist dies der Fall, wird Ihnen die zu viel gezahlte Vorabpauschale immerhin angerechnet.

Fonds-Industrie tanzt den Steuer-Samba

Da es bei der eingangs erwähnten Teilfreistellung zwei wichtige steuerliche Schwellen gibt, will die Fondsindustrie für Anleger steuerlich das Beste herausholen. Legt ein Fonds in seinen Anlagebedingungen fest, dass er über 50 Prozent in Aktien investiert, so beträgt die steuerliche Teilfreistellung 30 Prozent. Bei einem Aktienanteil von mehr als 25 Prozent beträgt die Teilfreistellung immerhin noch 15 Prozent. Das führt nun dazu, dass eine Fondsgesellschaft nach der anderen ankündigt, in den Anlagebedingungen ihrer Fonds dafür zu sorgen, dass die Aktienquoten zukünftig steuerlich optimiert werden und die Schwellen von 25 und 50 Prozent überschritten werden.

Dies geht im Zweifel zulasten der zuvor noch gewünschten Flexibilität oder aber es werden Absicherungen über Derivate notwendig, die in den seltensten Fällen eins zu eins umsetzbar sind. Trotzdem lässt sich die Branche mal wieder vom Fiskus treiben, damit ja kein Anleger aus steuerlichen Gründen zum Mitbewerber wechselt. Dabei hat die Historie gezeigt, dass man gut beraten ist, die eigene Anlagestrategie nicht von steuerlichen Aspekten beeinflussen zu lassen.

Backpfeife für Kleinanleger

Zu guter Letzt verteilt die Investmentsteuerreform Backpfeifen an Kleinanleger. Die Besteuerung von Dividenden auf Fondsebene führt für zahlreiche Anleger, die den Freibetrag nicht ausnutzen, zu einer deutlich höheren Steuerbelastung. Wer ab 2018 beispielsweise über ein Aktienfondsvermögen von 25.000 Euro verfügt, zahlt zukünftig – Aktiendividenden von drei Prozent zugrunde gelegt – bereits auf Fondsebene 112,50 Euro Steuern (15 Prozent von 750 Euro). Nach altem Recht blieb die Dividende in Höhe von 750 Euro aufgrund des Freibetrags von 801 EUR hingegen vollständig steuerfrei.

André Kunze ist geschäftsführender Gesellschafter der Prometheus
Vermögensmanagment GmbH in Langenfeld.