1. August 2016
Jörg Horneber ist Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg.

Olympia und die Krise in Brasilien: Zeit, dass sich was dreht

Eine ausgewachsene Krise in Brasilien: Die Kassen sind fast leer. Dabei sah alles so gut aus, damals, als das Land den Zuschlag für die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 bekommen hatte.

Als Brasilien vor knapp sieben Jahren zum Austragungsort der Olympischen Spiele gewählt wurde, herrschte im Land gute Stimmung aufgrund der sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Es wurde viel investiert, es ging voran!

Verschärfung der Krise in Brasilien

Doch die positiven Effekte verpufften. Ein politischer Skandal folgte dem nächsten. Trauriger Höhepunkt der politischen Entwicklung war die Amtsenthebung der bisherigen Staatspräsidentin Dilma Rousseff. Wegen eines Korruptionsskandals kämpfte Roussef die letzten zwei Jahre vor allem darum, im Amt zu bleiben und konnte daher keine neuen Impulse für die Wirtschaft mehr setzen. Zu allem Übel wird Brasilien nun auch noch vom Zika-Virus geplagt. Von Vorfreude auf das Großereignis Olympia keine Spur.

Externe Einflüsse wie stark fallende Rohstoffpreise verschärften die Krise in Brasilien. Zwei Drittel der Exporte Brasiliens sind Bodenschätze oder landwirtschaftliche Güter. Das Land kämpfte 2014 und 2015 mit einer ausgewachsenen Rezession. Das BIP schrumpfte um jeweils knapp vier Prozent.

Der brasilianische Aktienindex Bovespa verlor seit seinem Hoch im März 2012 zwischenzeitlich mehr als die Hälfte, der brasilianische Real gegenüber dem Euro im gleichen Zeitraum sogar bis zu 80 Prozent.

Erholung in Sicht?

Doch es gibt Hoffnung, dass die Talsohle bereits erreicht oder durchschritten sein könnte. Die industrielle Produktion ist im ersten Quartal 2016 nur noch um 0,3 Prozent zum Vorquartal gesunken, im April sogar um 0,1 Prozent gestiegen. Auch der Aktienmarkt konnte 2016 bereits wieder um etwa 20 Prozent zulegen. Mutige Anleger kaufen die Chance auf eine Trendwende. Die Argumente hierfür sind vorhanden.

Für die Olympischen Spiele wurden in Rio de Janeiro gut sieben Milliarden US-Dollar von Privatinvestoren und dem Staat aufgewendet – so viel wie für alle WM-Austragungsorte 2014 zusammen. Dazu gehören der Ratingagentur Moody’s zufolge auch Investitionen in die Infrastruktur wie eine neue U-Bahn und Straßenbahnlinie. Erwartet werden zu den Spielen etwa 500.000 Besucher und 10.000 Athleten. Das könnte laut Moody’s zumindest kurzfristig die Wirtschaft beleben und zu höheren Steuereinnahmen führen.

Auch die Übergangsregierung gibt Anlass für Hoffnung. Interimspräsident Michel Temer holte sich mit Finanzminister Henrique Meirelles einen renommierten Experten aus der Privatwirtschaft. Die Erwartung ist groß, war er doch bereits sehr erfolgreich unter Ex-Präsident Lula als Zentralbankchef. Weiterhin sollen Staatsbereiche privatisiert, eine Rentenform mit Anhebung des Mindestalters initiiert und Infrastrukturmaßnahmen mit öffentlich-privaten Investoren gestemmt werden. Auch der Export steht im Mittelpunkt der Pläne, der in etwa ein Viertel der Wirtschaftsleistung ausmacht.

All das bietet keine Garantie für Wirtschaftswachstum und steigende Aktienkurse. Aber es bewegt sich etwas in dem angeschlagenen Land. Temer wird sich nach eigenen Aussagen am Ende seiner Übergangspräsidentschaft 2018 nicht zur Wahl stellen. Er kann also auch unbequeme Entscheidungen treffen.

Jörg Horneber ist Portfoliomanager bei der KSW Vermögensverwaltung AG in Nürnberg.