8. August 2017
Stephan Albrech

Sommerloch wird für US-Aktienmarkt gefährlich

Mit dem Sommerloch haben die zehn gefährlichsten Wochen für den US-Aktienmarkt haben begonnen: Von Mitte Juli bis Ende September ist die Gefahr für Schwächeanfälle an der Weltleitbörse hoch. Daher raten wir beim Zukauf von Aktien zu Geduld.

Beobachter des Aktienmarkts wundern sich, mit welcher Nonchalance Kommentatoren immer wieder den Spruch „Sell in May and go away“ zitieren. Zwar stimmt es, dass seit 1950 die Zeit von Mai bis Oktober spürbar weniger Erträge bringt, wirklich kritisch wird es jedoch erst von Mitte Juli bis Ende September.

Sommerloch – Märkte verlieren im Schnitt

In diesen rund 70 Handelstagen hat der Markt seit 1950 im Schnitt 0,4 Prozent verloren, was einer Jahresrendite von minus 2,2 Prozent entspricht. Zudem bewegte sich der Aktienmarkt in dieser Zeitspanne nur drei Mal um mehr als zehn Prozent nach oben – aber acht Mal nach unten, wobei die Verluste bis zu happige 22 Prozent betrugen. Diese schlechte Performance unterstreicht eindrucksvoll, dass der US-Aktienmarkt im Hoch und Spätsommer öfter schwach als stark tendiert.

Und in diesem Jahr? Oberflächlich sehen die US-Märkte stark aus. Der S&P 500 hat ein neues Allzeithoch erreicht und kommt damit unserer Erwartung aus dem Januar von 2.500 Punkten für 2017 sehr nahe.

Unter der Oberfläche zeigt sich dreierlei

  • Erstens lässt trotz neuer Hochkurse der Schwung nach, mit dem der S&P 500 aufwärts strebt. Diese Divergenz ist ein Warnzeichen, dass es bald ungemütlich werden könnte.
  • Zweitens ist der Index aus technischer Perspektive überkauft, was Rückschläge wahrscheinlich macht.
  • Drittens lässt die Marktbreite nach. Während derzeit 74 Prozent der Aktien im S&P 500 im Kurs steigen, sind es bei der mit 2.800 Aktien weit umfassenderen New York Stock Exchange (NYSE) nur noch 66 Prozent. Werte unter 70 an der NYSE gelten als problematisch.

Wer sich nun fragt, wie sich das Sommerloch auf Europa auswirken könnte, muss sich nur die aktuellen Kurse anschauen. Der DAX wie der Stoxx 600, der auch Aktien aus Großbritannien, Dänemark und der Schweiz beinhaltet, notieren statt auf Allzeithochs rund vier Prozent unter ihren Tops aus dem Mai beziehungsweise Juni. Das hat vermutlich weniger mit dem gestiegenen Euro und den schlechteren Aussichten beim Export zu tun, als mit dem beginnenden Rückzug der Amerikaner aus Europas Aktienmarkt.

Zum einen neigen diese Investoren dazu, zuerst ihre ausländischen Positionen abzubauen, wenn sie Ungemach wittern. Zum anderen sitzen sie dank des starken Euro- Anstiegs seit April auf fetten Buchgewinnen, die immer mehr Anleger mitnehmen.

Auch wenn wir mittelfristig positiv für Aktien gestimmt sind – auf Sicht von drei Monaten
rechnen wir damit, dass die Aktienkurse dies- und jenseits des Atlantiks nachgeben oder
maximal auf der Stelle treten werden. Daher raten wir beim Zukauf von Aktien zu Geduld.

Über den Autor

Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG in Köln.